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Koma: Kriminalroman (Ein Harry-Hole-Krimi) (German Edition)

Koma: Kriminalroman (Ein Harry-Hole-Krimi) (German Edition)

Titel: Koma: Kriminalroman (Ein Harry-Hole-Krimi) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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hatte sie die Nummer durch eine der Frauen, die sie im Kriminalamt kannte, checken lassen. Es handelte sich um eine nicht registrierte Nummer eines Prepaidhandys. Wer betrieb einen solchen Aufwand und dirigierte sie persönlich ins Grand, damit sie es mit eigenen Augen sah? Ein Journalist der Klatschpresse? Eine mehr oder minder wohlmeinende Freundin? Jemand von Isabelles Bekannten, ein rachsüchtiger Rivale von Mikael? Oder jemand, der ihn nicht von Isabelle, sondern von Ulla trennen wollte? Jemand, der Mikael oder sie hasste. Oder sie liebte und darauf hoffte, eine Chance zu bekommen, wenn er sie erst von Mikael trennte. Sie kannte nur einen, der sie mehr liebte, als für sie alle gut war.
    Sie hatte ihren Verdacht Mikael gegenüber nicht geäußert, als sie später am Tag darüber geredet hatten. Er schien ihre Anwesenheit in der Hotellobby tatsächlich für einen Zufall zu halten, eines dieser unwahrscheinlichen Zusammentreffen, die man Schicksal nennt.
    Mikael hatte gar nicht erst zu lügen versucht oder seine Verabredung mit Isabelle geleugnet. Das musste sie ihm lassen. Er war nicht so dumm zu glauben, dass sie es nicht wusste. Dann hatte er ihr erklärt, dass sie ihn gar nicht zu bitten bräuchte, die Affäre zu beenden, weil er das schon aus eigener Initiative getan hatte, noch bevor Isabelle das Hotel verlassen hatte. Er hatte tatsächlich das Wort »Affäre« benutzt. Nicht ungeschickt, es hörte sich damit klein, unwichtig und schmutzig an, wie etwas, das man schnell mit einem Besen unter den Teppich kehren konnte. Ein »Verhältnis« hingegen war etwas ganz anderes. Sie glaubte allerdings nicht, dass er ihre Beziehung schon im Hotel beendet hatte, dafür hatte Isabelle zu gutgelaunt gewirkt. Das Nächste, was er gesagt hatte, hatte dann wieder der Wahrheit entsprochen. Sollte das publik werden, würde der daraus resultierende Skandal nicht nur ihm, sondern auch den Kindern und damit indirekt ihr schaden. Und das zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt. Der Senatsleiter hatte mit ihm nämlich über Politik sprechen wollen. Sie hätten ihn gern in ihrer Partei, weil sie ihn auf lange Sicht für einen interessanten Kandidaten für ein politisches Amt erachteten. Er sei genau der Mensch, den sie suchten: jung, ambitioniert, populär, erfolgreich. Wenigstens war das bis zu den Polizistenmorden so gewesen. Doch sobald dieser Fall aufgeklärt sei, sollten sie sich zusammensetzen und gemeinsam über seine Zukunft diskutieren. Möglicherweise lag die ja nicht bei der Polizei, sondern in der Politik. Mikael gefiel der Gedanke, er glaubte, dort am meisten ausrichten zu können, hatte sich allerdings noch nicht definitiv entschieden. Es war aber natürlich klar, dass ihm ein Sexskandal alle Türen verschließen würde.
    Außerdem waren da natürlich sie und die Kinder. Was aus seiner Karriere wurde, war verglichen mit einem solchen Verlust vollkommen unbedeutend. Sie hatte ihn unterbrochen, bevor sein Selbstmitleid zu große Höhen erreicht hatte, und ihm gesagt, dass sie sich selbst Gedanken gemacht und zu den gleichen Schlüssen gekommen sei. Seine Karriere. Ihre Kinder. Ihr gemeinsames Leben. Sie sagte, dass sie bereit wäre, ihm zu verzeihen, dass er ihr aber versprechen müsse, nie wieder Kontakt mit Isabelle Skøyen zu haben. Außer natürlich als Polizeipräsident bei offiziellen Veranstaltungen, wenn auch andere anwesend waren. Mikael hatte beinahe enttäuscht ausgesehen, als hätte er sich auf eine richtige Auseinandersetzung vorbereitet und nicht bloß auf ein zahmes Scharmützel, das in einem Ultimatum endete, das ihn teuer zu stehen kommen würde. Und abends, nachdem die Kinder im Bett waren, hatte er zum ersten Mal seit Monaten wieder die Initiative zum Sex ergriffen.
    Ulla sah, wie Truls den Wagen anließ und davonfuhr. Sie hatte Mikael nichts von ihrem Verdacht gesagt und hatte auch nicht vor, das jemals zu tun. Wozu sollte das gut sein? Hatte sie recht, wäre Truls weiterhin der Spion, der Alarm schlug, falls die Vereinbarung, Isabelle Skøyen nicht mehr zu treffen, nicht eingehalten wurde.
    Der Wagen verschwand, und mit dem Staub legte sich auch wieder die Stille über das Viertel. Ein Gedanke ging ihr durch den Kopf. Ein wilder und vollkommen inakzeptabler Gedanke, aber das Hirn lässt sich nicht gern zensieren. Sie und Truls. Hier im Schlafzimmer. Als Racheakt. Sie schob den Gedanken ebenso schnell beiseite, wie er gekommen war.
    Senkrechter, dichter Regen lief über die Windschutzscheibe, und die

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