Koma
Dieser Raum diente auch dem OP 10.
Susan verbrachte fast eine Stunde damit, beide benachbarten OPs auf das gründlichste abzusuchen und miteinander zu vergleichen. In Nummer 8 fand sie nichts Auffälliges. Es war ein OP wie Tausende andere und unterschied sich augenscheinlich in nichts von Nummer 10.
So kehrte Susan schließlich unverrichteterdinge wieder in den Umkleideraum zurück. Sie tauschte den OP-Kittel gegen ihre Schwesterntracht und ging zur Tür. Doch als ihr Blick zufällig nach oben schweifte, blieb sie stehen. Den Raumabschluß bildete eine Hängedecke aus großen schalldämmenden Platten.
Der Abfalleimer diente ihr als Trittleiter. Susan stieg von da auf das Waschbecken und weiter auf die aneinandergestellten Umkleideschränke. Zwischen der Oberseite der Schränke und der Decke war ein Raum von ungefähr einem Meter. Susan kroch dazwischen und drückte gegen die erste Deckenplatte. Sie bewegte sich nicht, offenbar weil direkt darüber Rohre verliefen. Auch die zweite rührte sich nicht von der Stelle. Die dritte Platte dagegen ließ sich leicht anheben, und Susan schob sie zur Seite. Dann richtete sie sich auf. Ihr Oberkörper ragte durch das Loch in der Decke. Zu ihrer Überraschung sah sie in eine Art kleines Zwischengeschoß. Zwischen der Hängedecke und dem Betonboden des nächsten Stocks waren gut anderthalb Meter Raum. Unzählige Röhren und Leitungen beförderten dort die Lebensströme und Abfälle des Krankenhauses. Es war so gut wie dunkel, nur ein paar schmale Lichtkegel drangen von unten durch vereinzelte Löcher zwischen den Deckenplatten.
Auf der Oberseite bestand die Hängedecke aus Preßpappe; die einzelnen Platten wurden von dünnen Metallbändern zusammengehalten, die von der Betondecke herabhingen. Weder Platten noch Bänder waren fest genug, um ein größeres Gewicht zu tragen. Um den Deckenraum betreten zu können, mußte Susan auf die Röhren klettern, die sich entweder als eiskalt oder glühend heiß erwiesen. Als sie mühsam nach oben gelangt war, befestigte sie unter sich wieder die Platte und bedeckte auf diese Weise ihr Einschlupfloch. Damit war zugleich die Hauptlichtquelle versiegt.
Susan wartete, bis ihre Augen sich an das Halbdunkel im Deckenraum gewöhnt hatten. Als die Umrisse deutlicher wurden, konnte sie auf den Röhren vorankriechen. Sie bemerkte eine Reihe senkrechter Träger, die oben im Beton verschwanden, und nahm an, daß sie die Wand zum Korridor markierten.
Sie kam nur langsam voran, versuchte schließlich, eine Röhre als eine Art Laufsteg zu benutzen und eine höhergelegene als Geländer. Zwischendurch dienten ihr die Trägersäulen zum Flur als Stützen. Sie bemühte sich, kein Geräusch zu machen, vor allem, als sie sich oberhalb des Hauptpultes glaubte. Als sie endlich über dem Operationsflügel war, gab es ein wesentlich leichteres Vorankommen. Die Decken über den OPs und dem Aufwachsaal waren aus vorgefertigten Betonplatten, und Susan konnte sich nach Belieben bewegen, vorausgesetzt, sie stolperte nicht über die Röhren. Allerdings mußte sie stark gebückt gehen, denn der Deckenraum war hier nur etwa einen Meter hoch.
Nach einiger Zeit stieß sie auf eine Betonwand, die offensichtlich die Außenhülle der Fahrstuhlschächte darstellte. Dann entdeckte sie, daß die Hängedecke des Flurs im OP-Teil wiederum aus Preßpappe bestand. Jenseits sah sie einen Wust von Röhren und Leitungen, die alle in einem wirren Knäuel zusammenliefen. Susan vermutete, daß dort der Zentralschacht für alle Ver- und Entsorgungsleitungen lag, der vom Dach bis in den Keller führte.
Vor allem war ihr darum zu tun, über den OP Nummer 8 zu kommen. Doch das erwies sich als äußerst schwierig. Die Röhren und Leitungen schienen völlig willkürlich zu verlaufen, um dann einfach durch die Decke in den darunterliegenden Räumlichkeiten zu verschwinden; eine Orientierung war auf diese Weise unmöglich. Schließlich bot die Hängedecke über dem Flur die Lösung. In regelmäßigen Abständen lüftete Susan vorsichtig die Ecken der leichten Platten aus Preßpappe und Schallisolierung und orientierte sich nach dem Verlauf des Korridors unter ihr. Als sie den Deckenraum über den OPs 8 und 10 lokalisiert hatte, überzeugte sie sich, daß Anzahl und Art der Leitungen und Röhren, die in beide OPs führten oder aus ihnen herauskamen, völlig gleich waren.
Die Gasleitungen paßten auch hier farblich zu den Zapfstutzen, die sie unten in den Sälen gesehen hatte, und waren ebenso
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