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Koma

Koma

Titel: Koma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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Und wenn ich mich recht erinnere, hab’ ich in der Tat unseren Dr. Cartwright hier gebeten, die Hals-Nasen-Ohren-Jungs für eine Tracheotomie ranzuholen. Hab’ ich recht, Dr. Cartwright?«
    »Ja, Sie haben recht«, antwortete der kleinlaut. »Hab’ auch da angerufen, aber die haben sich nie wieder gemeldet.«
    »Und Sie haben sich nicht mehr drum gekümmert«, ergänzte Bellows.
    »Nein, ich …«
    »Genug jetzt, Dr. Cartwright«, fiel Bellows ihm ins Wort. »Sehen Sie zu, daß die HNO-Leute so schnell wie möglich anrücken. Sieht nicht so aus, als ob die hier wieder aufwachen würde, und für langfristige künstliche Beatmung brauchen wir die Tracheotomie. Völlig richtig, Mr. Fairweather, die Manschette des Sauerstoffschlauchs würde auf die Dauer das Luftröhrengewebe zerstören. Gut überlegt.«
    Harvey Goldberg war unruhig und litt sichtlich darunter, diese Frage nicht selbst gestellt zu haben.
    Das Frage-und-Antwort-Spiel hatte Susan aus ihrem Tagtraum geweckt. Sie fragte: »Hat denn niemand auch nur eine Ahnung, warum diese schreckliche Sache passiert ist?«
    »Was für eine schreckliche Sache?« fragte Bellows mit nervösem Klang in der Stimme, während er Infusion, Beatmung und Monitor kontrollierte. »Ach so, Sie meinen den Umstand, daß sie nicht wieder aufgewacht ist. Ja, sehen Sie …« Bellows hielt inne. »Übrigens, das bringt mich auf etwas, Cartwright. Versuchen Sie’s doch noch mal bei den Neurologen. Wenn die ihre Ärsche mal hier rauf bemühen und ein neues EEG bei der Patientin machen könnten. Sollte das immer noch gleich Null sein, können wir vielleicht die Nieren gebrauchen.«
    »Die Nieren?« fragte Susan Wheeler schaudernd. Sie versuchte, den Gedanken zu verdrängen, was das für Nancy Greenly bedeuten würde.
    »Nun denken Sie mal vernünftig«, meinte Bellows. »Wenn der Grips weg ist, ich meine, das Gehirn nicht mehr arbeitet, dann können wir doch die Nieren genausogut für jemand anderen nutzen, vorausgesetzt natürlich, wir bringen die Familie zur Einwilligung.«
    »Aber sie könnte doch noch aufwachen!« protestierte Susan. Das Blut war ihr in die Wangen gestiegen, ihre Augen funkelten.
    »Na ja, manche wachen wieder auf«, meinte Bellows schulterzuckend. »Aber kaum jemand mit einem Null-EEG. Wir wollen mal den Tatsachen ins Auge sehen. Das heißt doch: Das Gehirn ist tot, und Gehirne kann man nicht wieder lebendig machen oder ersetzen. Gehirntransplantationen gibt es noch nicht, obwohl ich Fälle zu kennen glaube, wo das ganz nützlich wäre.« Bellows sah Cartwright an, und der lachte pflichtschuldigst.
    »Weiß denn niemand, warum das Gehirn dieser Patientin während der Operation nicht den nötigen Sauerstoff bekam?« bohrte Susan nach. Die Frage war mehr ein verzweifelter Versuch, den Gedanken an Nancy Greenlys Nieren und deren Bestimmung zu verdrängen.
    »Nein«, erwiderte Bellows bestimmt. »Die Sache war fehlerlos. Die haben die Anästhesie-Prozedur Millimeter für Millimeter abgeklopft. Zufällig war einer der besten Narkotiseure des Memorial derjenige, welcher, und der hat sich nichts geschenkt. Ich meine, er hat gnadenlos sein eigenes Vorgehen analysiert, aber keine Erklärung gefunden. Vielleicht war es eine Art Schlaganfall. Möglich, daß ihr körperlicher Zustand sie irgendwie für Schlaganfälle prädestinierte, ich habe keine Ahnung. Jedenfalls blieb ihrem Gehirn offenbar so lange Sauerstoff vorenthalten, daß zu viele Hirnzellen abstarben. Es ist nun mal so, daß die Zellen des Hirns gegenüber Sauerstoffmangel äußerst anfällig sind. Wenn also der Oxygenpegel unter eine bestimmte Marke absinkt, sterben die Zellen ab, und das Ergebnis sehen wir hier.« Bellows machte eine Handbewegung zu Nancy Greenly hin. »Ein dahinvegetierendes Etwas. Das Herz schlägt, weil es vom Gehirn unabhängig ist. Aber alles andere muß für die Patientin verrichtet werden. Wir beatmen sie mit dem Atemgerät dort.« Bellows deutete auf den zischenden Apparat. »Wir müssen den Flüssigkeitshaushalt regulieren, sie füttern, die Temperatur stabilisieren …« Bei den letzten Worten unterbrach sich Bellows. Ihm war etwas eingefallen. »Cartwright, lassen Sie heute noch ein transportables Röntgengerät ranschaffen. Hätte die erhöhte Temperatur fast vergessen, die Sie vorhin erwähnten.« Er sah Susan an. »Auf diese Art nehmen die meisten Patienten mit abgestorbenen Hirnfunktionen endgültig Abschied vom Leben: Lungenentzündung, ihre Erlösung. Manchmal frage ich mich selbst,

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