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Koma

Koma

Titel: Koma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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fegte in kurzen, heftigen Stößen die Bahnsteige entlang. Vornübergebeugt kämpfte sich Susan zur Treppe vor. Neben ihr setzte sich der Zug mit einem Ruck in Bewegung und verschwand mit kreischenden Rädern im Tunnel.
    Susan nahm die Fußgängerbrücke über die Kreuzung Charles Street/Cambridge Street. Der abendliche Berufsverkehr war abgeflaut, aber der Geruch der Auspuffgase hing immer noch in der Luft. Susan kletterte zur Charles Street hinunter. Vor einem Drugstore, der die ganze Nacht offenblieb, lungerte die übliche Ansammlung von Stadtstreichern herum, betrunken oder mit Rauschgift angefüllt. Ein paar streckten Susan die Hände entgegen, mit der üblichen Bitte um Kleingeld. Sie ging schneller, bis sie mit einem bärtigen Individuum zusammenstieß, das sich ihr absichtlich in den Weg gestellt hatte.
    »Das Neueste vom Neuen«, krächzte der Mann. »Was darf’s denn sein, Gnädigste, ’ne richtige Zeitung oder was Scharfes zum Angucken?« Er hielt ein dünnes Bündel Zeitungen in der Hand. Susan konnte nur mit Mühe ihren Weg fortsetzen; das Gelächter und die anzüglichen Sprüche der Nachteulen verfolgten sie. Binnen kurzem änderte sich die Szenerie der Charles Street. Antiquitätenläden lockten mit prächtigen Auslagen, aber die Kälte trieb Susan weiter. An der Mount Vernon Street bog sie links ein und begann den Aufstieg nach Beacon Hill. Die Hausnummern sagten ihr, daß sie noch ein gutes Stück Weg vor sich hatte. Sie überquerte den Louisburg Square. Das orange Licht aus den vorhangverhüllten Fenstern warf einen warmen Schein in die Nacht. Die Häuser mit ihren soliden Backsteinfassaden strömten Ruhe und Sicherheit aus.
    Bellows’ Wohnung lag in einem Haus linker Hand, dort, wo die Gebäude hinter kleine Rasenflächen mit hohen Ulmen zurückgesetzt waren. Susan schob ein quietschendes Eisengatter auf und stieg die Steinstufen zur schweren Eichentür hinauf. Unter dem Vordach rieb sie ihre erstarrten Finger und trat auf der Stelle, um die Blutzirkulation in den Füßen zu beschleunigen. Kalte Hände und Füße waren für sie nichts Ungewohntes, die hatte sie von November bis März. Während sie rieb und stampfte, las sie die Namen neben den Klingelknöpfen. Als sie auf den Knopf Nummer fünf drückte, war sofort das heisere Brummen zu hören.
    Wie in Panik griff Susan nach dem Türknauf, voller Angst, sie könnte den Zeitpunkt verpassen und in der Kälte ausgesperrt bleiben. Sie verletzte sich an dem scharfen Metalltürrahmen den Knöchel, als die Tür nachgab und sie in die Halle stolperte. Sie entdeckte einen Blutstropfen und führte die Hand an den Mund. Vor ihr lag die Treppe, die sich links herum nach oben schraubte. Unter der Decke hing wie ein schimmernder Adler ein ausladender Messingkronleuchter, und ein goldgerahmter Spiegel verlieh dem kleinen Vorraum mehr Weite. Automatisch prüfte Susan ihre Frisur, strich das Haar an den Schläfen glatt. Als sie die Treppe in Angriff nahm, sah sie an der Wand gerahmte Breughel-Drucke, und auf jedem Treppenabsatz grüßten weitere Bilder.
    In übertriebener Erschöpfung kam Susan schließlich im obersten Stockwerk an und hielt sich aufatmend am Geländer fest. Tief unten sah sie den Fliesenboden der Halle. Bellows öffnete, bevor sie klopfen konnte.
    »Ich hab’ hier drin eine Sauerstoffflasche, Großmütterchen«, begrüßte er sie lächelnd.
    »Verdammt dünn die Luft hier oben. Ich muß mich auf die Treppe setzen und Atemübungen machen.«
    »Ein Glas Bordeaux dürfte Sie schneller wieder auf die Beine bringen. Geben Sie mir Ihre Hand.«
    Susan gestattete Mark, sie in sein Apartment zu führen. Drinnen schälte sie sich aus dem Mantel und ließ die Augen durch den Raum wandern. Mark, der in der Küche verschwunden war, kehrte gleich darauf mit zwei Gläsern Rotwein zurück.
    Susan warf den Mantel über einen hochlehnigen Stuhl an der Tür und zog die hohen Stiefel aus. Gedankenlos nahm sie ein Glas entgegen und trank. Ihre Aufmerksamkeit galt einzig und allein der Wohnung.
    »Gar nicht so geschmacklos für einen Chirurgen«, stellte sie fest und trat in die Mitte des Raumes. Das Wohnzimmer war etwa zwölf Meter lang und sieben Meter breit. In den beiden Kaminen an den Schmalseiten brannten gemütliche Feuer. Auffallend war die Höhe der kathedralenartig gewölbten Balkendecke: wohl über sechs Meter am Scheitelpunkt und zu den Kaminen hin abfallend. Die gegenüberliegende Wand setzte sich aus einem komplizierten Muster geometrischer Figuren

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