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Komisch - die Liebe

Komisch - die Liebe

Titel: Komisch - die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Manni
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stellt es mir vor, als handelte es sich um ein Familienmitglied. Einen Bruder. Einen Liebhaber.
    Es ist wirklich ein wunderschönes Instrument. Antik. Mit einer langen Geschichte. Viel länger als meine. Ich habe Angst, es
     zu berühren. Es flößt Ehrfurcht ein. Ich lasse es lieber.
    »Ich habe es vor acht Jahren erstanden. Ein echtes Schnäppchen. Es ist ein Fracassi.«
    Ich tue so, als würde mir das etwas sagen.
    »Aha … Und woher hast du es?« Ich frage nur so, um etwas zu sagen.
    »Ich habe es bei einer Auktion erstanden. Es hat nur achtundfünfzigtausend Euro gekostet.«
    »Wie viel?!« Ich bin entgeistert.
    »Es war mindestens zwanzigtausend mehr wert. Und heute … das wüsste ich gar nicht.«
    »Ich hätte niemals gedacht, dass … Kosten die wirklich so viel?«
    »Na ja, es gibt welche, die kosten tatsächlich ein Vermögen. Und dabei rede ich gar nicht nur von Stradivaris. Montagnanas
     zum Beispiel oder Amatis kosten Millionen. Das meines Lehrers ist vierhundertfünfzigtausend wert.«
    Ich bin baff.
    »Und wie kommt es, dass du so … so wenig bezahlt hast?«
    »Es war Teil einer Instrumentensammlung, die fast kompletter Ramsch war. Mein Guter hier war das einzig wertvolle Stück darunter,
     aber zum Glück hat man ihn unterschätzt.«
    Mein Guter
, dachte ich. Sie nennt es »ihn« und »mein Guter« …
    »Der Sachverständige, der die Schätzung vorgenommen hat, kannte sich nicht wirklich mit Streichinstrumenten aus.«
    Ich proste dem Sachverständigen und der seligen Geistesarmut zu. Meiner und seiner.
    Während ich koche, frage ich sie weiter über ihr Studium aus und wie sie dazu kam, Cello zu spielen.
    »Als ich in der Grundschule war, besuchten uns einmal Kinder vom Konservatorium, gaben ein kurzes Konzert und erklärten uns
     die Instrumente. Ich war wie geblendet. Ich hatte nur Augen für das Cello. Liebe auf den ersten Blick. Ich kam nach Hause
     und sagte, ich will Cello spielen lernen. Da war ich sieben. Nachdem ich meinen Eltern monatelang in den Ohren gelegen hatte
     und sie sahen, dass ich nicht aufgab, kauften sie mir mein erstes Cello. Seitdem habe ich nicht mehr aufgehört zu spielen.«
    »Dann … spielst du also seit achtundzwanzig Jahren?« Ein Leben.
    »Ja.«
    Ich staune. »Und dann?«
    »Dann merkten meine Eltern, dass ich abgesehen von Begeisterung auch so etwas wie Talent hatte. Also durfte ich es ernsthaft
     betreiben. Privatunterricht in der Mittelstufe, später auf ein Gymnasium mit Musikschwerpunkt, dann das Konservatorium, und
     jetzt bin ich hier.«
    »Wie lange dauerte das Konservatorium?«
    »Zehn Jahre.«
    »Und jetzt? Wie oft in der Woche musst du üben?«
    »In der Woche? Wenn ich nicht arbeite, müsste ich täglich zwei bis fünf Stunden üben.«
    »Das wäre nichts für mich …« Ich bin voller Hochachtung angesichts von so viel Hingabe.
    Wir sitzen auf der Terrasse. Wir essen eine Kleinigkeit, Pasta und einen großen gemischten Salat.
    »Immerhin sind die Bögen alle gleich.« Das steht ja wohl außer Zweifel.
    »Nein. Jetzt halt dich fest.« Sie sieht mich belustigt an.
    Eine Handbewegung von mir lässt sie innehalten. »Es gibt Bögen, die kosten fünfzigtausend Euro!«, rate ich auf gut Glück.
    »Fast«, erwidert sie lächelnd.
    »Wie bitte? Seid ihr denn alle Millionäre?« Ich hatte eigentlich maßlos übertreiben wollen.
    »Der Bogen ist unsere Verlängerung. Er ist ungeheuer wichtig.« Sie sagt das mit todernster Miene. »Die guten kosten zwischen
     zwei- und achttausend Euro. Manche gehen aber bis dreißigtausend rauf.«
    »Und ihr schmiert sie mit Wachs ein, anstatt sie in den Safe zu legen?«
    »Doch kein Wachs! Das ist Pech. Es heißt Kolophonium. Schluss jetzt! Sei still und iss!«
    »Ihr müsst alle steinreich sein …«, sage ich verächtlich. »Das hätte ich nie gedacht. Und am Ende sind auch noch die Saiten
     …«
    Lachend fällt sie mir ins Wort.
    »Ich hab gesagt, du sollst still sein und essen!«
    Ich esse, trinke, lache und schweige für immer.
    Musik.
    Wir sind ein Bolero.
    Ich schlafe mit der einzigen Musikerin auf dem Antlitz der Erde.
    Wir sind die Erde der Musik.
    Das Universum ist nur ein großes, grenzenloses Pentagramm.
    Ich bin der Bogen, und sie ist mein Instrument.
    Ich bin ihr Instrument, und sie ist der Bogen.
    Was für eine Verwirrung … Ein wundervolles Chaos.
    Eine kosmische Synergie. Eine segensvolle und vollkommene Verunreinigung. Enzyme und Geschmäcker. Lymphe und Endorphine. Nieren
     und Leber. Arteriensystem. Wir

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