Komisch - die Liebe
dich nicht zum geliebten Menschen machst, so ist deine
Liebe ohnmächtig, ein Unglück.«
Wer würde ihm da nicht zustimmen?
Heute steht das A allein für
Amore
. Das C steht für Clelia. CleliA, scheiß Akronyme …
Ich dachte, ich sei mir selbst genug. Jahrelang war es so. Ich hatte mich daran gewöhnt. Ich hatte daran geglaubt.
Und nun?
Ü ble Tage.
Ich quäle mich. Ich winde mich. Ich betäube mich. Ich gräme mich. Ich geißele mich. Ich zerstreue mich.
Ich versuche mich davon zu überzeugen, dass ich mich richtig verhalten habe. Dass ich das Richtige getan habe.
Numbered Days
von den Eels.
Ich versuche, mein Gleichgewicht als überzeugter und lebensfroher Single wiederzuerlangen.
Ich denke daran, wie glücklich mein Leben vor Clelia war.
Ich versuche, den Nino jener Tage wiederzufinden. Ein bisschen spinnert, relaxed, der gutgelaunte Filou. Geistreich. Sorglos.
Offen fürs Leben.
Im Spiegelbild sehe ich einen ossianischen Nino. Düster. Dunkel. Erloschen. Unglücklich.
Keine schöne Zeit.
Ich bewege mich langsam. Ich lebe langsam. Grau. Ich stehe auf. Mache mich fertig. Steige aufs Mofa. Fahre langsam. Mein Aufmerksamkeitslevel
passt nicht zu dem Verkehr um mich herum. Ich fahre wie ein Opa.
Ich arbeite und verkaufe Bücher, die grau sind wie ich. Das Wort »Enthusiasmus« ist meinem Wortschatz abhandengekommen.
Ich habe keine Lust, irgendwen zu treffen. Der einzige Mensch, den ich gerne sehen würde, außer Clelia, ist Luisa, aber die
ist gerade nicht in Rom. Als sie anruft, lasse ich mir nichts anmerken und behaupte, alles sei in Ordnung. Solche Dinge kann
man nicht am Telefon besprechen. Ich zumindest nicht. Manchmal glaube ich, dassClelia mir wirklich das Herz geraubt hat. Ich bin ohnmächtig, verstummt, ausgelaugt. Entseelt.
Wo kommt das alles nur her? Aus welchem verborgenen, geheimen und tiefen Winkel des Herzens kommt das? Liebe sollte doch guttun.
Nähren. Aufbauen. Aber das hier scheint nur eine große Energieverschwendung zu sein. Eine Verpulverung von Leben. Von sinnlos,
endlos verrinnenden Minuten. Was bleibt von alldem? Nichts. Nicht einmal eine Handvoll Staub. Voll Sand. Voll Luft. Die Luft
könnte ich wenigstens atmen.
Vier Tage sind vergangen seit unserem nicht verbalisierten, aber sofort umgesetzten Abschied. Abgesegnet durch Grabesstille,
während auf dem Grabstein lediglich ein lakonisches, rätselhaftes »?« zu lesen steht.
Ich bin ganz darauf konzentriert, die Rechnungen durchzusehen, als würde die, die das Schicksal mir beschert hat, nicht völlig
ausreichen.
»Ciao …«
Ich blicke auf und sehe sie. Ich blicke hinunter in der Hoffnung, einem Irrtum aufzusitzen. Dann sehe ich wieder zu ihr hoch.
»Adele, was machst du hier?«
Lieber Himmel. Und nun?
Adele betritt die Buchhandlung. Sie hat einen neuen Haarschnitt. Steht ihr gut. Sie sieht schöner aus, ist dünner geworden,
aber immer noch das blühende Leben. Und dazu noch hübsch braungebrannt.
»Wie geht es dir, Nino?« Was für eine Frage …
»Gut, gut. Und dir?«
Sie erzählt, dass sie einen Monat Urlaub genommen hat und in Thailand war. Deswegen ist sie auch so braun. Sie erzählt, dass
es ihr sehr gut ergangen ist. Tja, sie hat es wohl geschafft. Sie ist nicht mehr in mich verliebt. Aber gedacht hat sie schon
an mich …
Ich wechsele das Thema. »Und was machst du jetzt? Gehst du schon wieder arbeiten?«
»Morgen. Und ich habe überhaupt keine Lust.«
»Tja, klar …« Ich bin verlegen. Vor allem, weil ich mich freue, sie wiederzusehen. Sie ist schön. Sie gefällt mir.
Ich muss aufpassen. Sie auf Distanz halten. Ich will nicht noch mehr Chaos anrichten.
»Tja, immerhin hattest du einen netten Urlaub.«
»Klar.«
Sie sieht mich an. Mit betont unbekümmerter Miene. Ich fange an, mir Sorgen zu machen.
»Und du, Nino? Wie ist es dir so ergangen?«
Der wahre Nino hätte nun mit seinem Wahnsinnstalent eine tolle Show hingelegt.
»Ach, so la la …« Oh nein! Gleich tue ich es. Ruft mir schnell den Nino her, den wahren!
»Soll heißen? Was ist passiert?«
»Ach nein, nichts …« Liebergottderdubistimhimmel. Sie kommt näher und streicht mir mit der Hand über den Kopf.
»Muss ich mir Sorgen machen?« Sie streichelt mich sanft.
Ich senke den Kopf und genieße die Berührung. Das fühlt sich tröstlich an. Ich brauche Trost. Ich weiß, aber das macht mich
nur noch empfindlicher. Zu empfindlich.
»Nino …. was ist passiert?« Himmelherrgottdonnerwetternochmal
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