Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Komisch - die Liebe

Komisch - die Liebe

Titel: Komisch - die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Manni
Vom Netzwerk:
Restaurator. Er wurde geschätzt. Ich arbeitete viel damals, wir arbeiteten beide viel, und wenn
     wir uns sahen, war es immer ein Fest. Wir hatten eine schöne Wohnung. Wir wollten nicht heiraten, wollten keine Kinder. Wir
     wollten einfach nur zusammen sein. Als wir uns trafen, haben wir uns sofort erkannt und uns augenblicklich ineinander verliebt.
     Wenige Worte und viel Liebe.«
    Ich höre teilnahmsvoll zu, nehme ihre Hand. Ich sehe, wie schwer es ihr fällt. Wie tief der Schmerz an ihr nagt.
    Aber Luisa fährt mit fester Stimme fort. Sie ist fest entschlossen. Feierlich. Faszinierend.
    »Ich hatte mich davor jahrelang nicht verliebt. Es ist nicht leicht, sich zu verlieben, deswegen sage ich dir jadauernd, welches Glück du hast. Es gibt nichts Schöneres auf der Welt, als der Liebe zu begegnen.«
    Ich nicke bitter. Ich will ihr nicht widersprechen.
    »Wir machten Urlaub in Capraia. Roberto tauchte gern. Er war ein guter und erfahrener Taucher. Ich blieb im Boot und las und
     sonnte mich und wartete auf ihn. Das Leben war wunderschön. Um halb zwölf ist er ins Wasser gesprungen und nie wieder aufgetaucht.«
    Eine Träne, dick und herzerweichend, rollt über ihr Gesicht. Ein ernstes, regloses Gesicht, das vier Jahre zuvor versteinert
     ist. Vielleicht ist es die milliardste Träne, die über diese liebe Haut rollt. Geliebt wie nie zuvor.
    Ich bin ein großer Wortjongleur, finde bei Bedarf eigentlich immer die richtigen Worte, in jeder Situation. Jetzt nicht.
    Soll ich etwas sagen? Aber was? Und warum?
    Angesichts dieser vom Leben verwundeten Frau schwindet meine gesamte Schwäche. Nichts von meinem Schmerz ergibt noch Sinn.
     Nicht einmal der Unfall meiner Eltern, die in irgendeiner Nacht auf der Straße starben. In und mit ihrem Auto zu einem unkenntlichen
     Wrack zerquetscht.
    Für Luisa bin ich stark. Stark gegenüber dem Leben, das so hinterhältig sein kann. Das uns manchmal betrügt und anschmiert.
    Ich stehe auf. Schließe die Buchhandlung ab. Hänge das gewohnte Schild auf: Geschlossen wegen Inventur.
    Ich kehre zu Luisa zurück und umarme sie.
    »Warum erzählst du das erst jetzt?«
    Sie schmiegt sich an mich wie die Schwester, die ich mir immer gewünscht habe.
    »Weil die Liebe kostbar ist. Man darf sie nicht wegwerfen. Ich hatte Glück, weil ich sie gekannt habe. Du auch. Es war Zeit.
     Es gibt Leute, die ihr nie begegnen. Das muss schlimm sein, die Armen. Einzig die Liebe zählt.«
    Ich kann ihr nicht in die Augen sehen. Ich umarme diese Frau, die so voller Energie steckt. Voller Leben. Die so stark und
     schön ist.
    »Ich liebe dich, Luisa.«
    »Ich dich auch. Deshalb habe ich mir erlaubt, dir von Roberto zu erzählen. Ich rede sonst nie darüber.«
    »Danke …«
    »Ich hasse es, andere zu belehren. Gib deiner neunmalklugen Grille noch etwas zu trinken, Pinocchio.«
    Ich schenke ihr Wein nach.
    »Aber Adele gegenüber warst du ein echtes Riesenarschloch …«
    »Ich weiß. Das hat sie auch gesagt …«
    Sie trinkt und lächelt mir zu.
    »Du darfst nicht weglaufen.«
    Ich sehe sie an. Verstehe nicht.
    »Du darfst nicht vor Clelia davonlaufen. Geh bis ans Ende. In der Liebe muss man großzügig sein. Muss man geben können. Verbrenne
     deine Seele, wenn nötig, aber geh bis zum Ende, wenn du Clelia wirklich willst. Lauf nicht weg. Lass sie nicht untergehen
     …«
    »Aber weißt du, ich …«
    Sie fällt mir ins Wort: »Ja, ja … Denk immer dran, was ich dir sage: Lauf nicht weg.«
    Sie hebt das Glas. Lächelt mir zu. »Ich liebe dich.«
    Wir stoßen wortlos an. Stille.
    Meiner Luisa widerspreche ich lieber nicht.

L uisas Worte gehen mir nicht aus dem Kopf, während ich wie ein Schlafwandler durch die Säle des Etrusker-Museums in der Villa
     Giulia wandere. Ich pfeife lautlos
Trouble
von Cat Stevens. Eigentlich hatte ich mir zum x-ten Mal die Basilika Santa Cecilia in Trastevere ansehen wollen, doch dann
     fand ich das geschmacklos … Als ich sie zum ersten Mal besichtigte, war ich ganz hingerissen von der Schönheit, der Nüchternheit,
     Anmut und Macht der Maderno-Statue. Die kleine Heilige liegt auf der Seite, den Kopf weggedreht und mit einem Tuch bedeckt.
     Sie schleudert der Menschheit ihren persönlichen kleinen, aber unermesslichen Liebesbeweis für Gott hin, mit den drei abgespreizten
     Fingern der einen Hand und dem Zeigefinger der anderen: der dreieinige Gott. Meine Freundin Linda hat mir früher mal viel
     über die Statue und die kleine Cecilia erzählt. Seitdem hänge ich an ihr.

Weitere Kostenlose Bücher