Komisch - die Liebe
Proben
dabei. Gehe in ihre Konzerte. Sie kauft ein. Ich kaufe ein. Wir kaufen gemeinsam ein. Ich hole sie am Auditorium ab. Sie holt
mich in der Buchhandlung ab. Sie erzählt mir von sich. Ich erzähle ihr von mir. Wir reden über uns. Wir diskutieren über die
Fernsehnachrichten. Über Politik. Wir reden über Kunst und Musik. Wir verbringen gemeinsam die Tage. Wir treffen niemanden.
Wir sind ein Paar. Ein glückliches Paar, scheint mir …
Clelia bewegt sich auf Samtpfoten, wie ein Tier, das die Gefahr wittert. Ich weiß, dass auch sie sich Mühe gibt, sich ganz
auf die neue Situation einzulassen. Auch sie ist das nicht gewohnt. Möge die Macht mit uns sein.
Wir haben uns jede Menge voneinander erzählt. Je näher ich diese Frau kennenlerne, umso besser gefällt sie mir. Clelia ist
vielseitig, aber nicht ambivalent. Sie ist wandlungsfähig, aber nicht psychotisch. Sie ist nicht verrückt, zumindest nicht
verrückter als ich.
Und es gibt einige Ähnlichkeiten zwischen uns, die mir gefallen. Die mich amüsieren. Kleinigkeiten, die im Alltag an Bedeutung
gewinnen. Auch sie trinkt ihren Cappuccino mit kalter Milch. Sie benutzt dieselbe Zahnpasta wie ich. Sie mag kein Lamm. Hasst
Coca-Cola. Sie spielt gern Backgammon. Fährt lieber ans Meer als in die Berge. Sie mag die russischen Autoren. Sie sieht Filme
lieber im Original. Sie hasst Rassismus. Sie verreist gern mit dem Auto. Sie mag keine Rosen. Sie liebt die thailändische
Küche. Sie ist ein großer Fan von Mr. Spock, dem aus den alten
Star-Trek -Serien
. Das Beste auf der Welt ist Pasta. Sie findet Aloe äußerst nützlich. Sie mag das Sternbild des Großen Wagens. Sie erträgt
es nicht, wenn jemand unhöflich ist. Hal Ashby war ein Gigant. Sie trinkt gern guten Wein. Sie hält Blutspenden für Bürgerpflicht.
Zur Pasta all’amatriciana isst sie sowohl Parmesan als auch Pecorino. Sie ist Atheistin. Sie leidet unter Neumond. Sie hält
die Trilogie von Agota Kristof für ganz große Literatur. An der Homöopathie ist etwas dran. Regen macht sie melancholisch.
Altan ist ein Genie. Sie hat Angst vor Spinnen. Die Wochenzeitung
Internazionale
ist die beste. Sie würde gerne das Rauchen aufhören. Sie hasst stechende oder aufdringliche Parfüms. Meinen Duft mag sie sehr
gern.
Ich mag ihren.
Wollen wir hoffen, dass das reicht.
»Du bist mein Wasser …« Das sagt sie oft zu mir.
Das Leben als Paar kann aufregend sein, es kann aber auch jeglichen Enthusiasmus ersticken. Unter der Langeweile. Der Routine.
Den Ängsten. Ich habe das erlebt, wie jeder. Die amouröse Spannung aufrechtzuerhalten ist nicht gerade einfach.
Und dann der Verlust an Freiheit. Ich bin es nicht gewohnt, mich täglich mit jemandem abzusprechen.Nur Schuh ertrug mich, aber er hatte auch keine andere Wahl … Armes Vieh.
Aber dieses Mal kann ich es schaffen.
Wir, wir können es schaffen.
Wir.
W ie das Ungewohnte zur Gewohnheit werden kann. Clelia lernt kochen.
Sie sagt, sie tue es für mich.
Eine schöne Verantwortung.
Ich meinerseits versuche, in ihrer Welt möglichst präsent zu sein.
Jetzt nimmt sie mich mit in ein Atelier. Ich dachte, es gäbe nur Ateliers für Mode oder Kunst, aber von wegen.
Im Auto hören wir
Carol of the Bells
gespielt von The Bird and The Bee.
Wir sind auf dem Weg, ein Amati auszuprobieren. Der römische Geigenbauer ihres Vertrauens hat angerufen, weil er wissen möchte,
was sie von dem Cello hält. Clelia ist ganz aufgeregt. Das einzige Mal, dass sie bisher ein Amati in den Händen hielt, war
in New York, und dort hat sie ihr Herz gelassen. Es war einfach zu teuer, einige hunderttausend Dollar.
Wir sind bei Bebbo. Komische Type. Ich hatte mir Geigenbauer immer alt und weißhaarig vorgestellt, gebeugt und halb erblindet.
Bebbo hingegen ist so um die fünfzig, hat kurze angegraute Haare und einen prächtigen Schnauzer. Er raucht wie ein Schlot.
Er hat einen bemerkenswert kräftigen Körperbau, doch seine Hände sind lang und feingliedrig. Erstaunlich zart.
Er und Clelia begrüßen sich herzlich, aber mit gegenseitiger Ehrerbietung. Respektvoll. Sie stellt mich als ihren Freund vor.
Sofort gerate ich ein wenig in Verlegenheit.
Bebbo mustert mich abwägend. Damit hat er nicht gerechnet.
»Das wurde auch Zeit …« Er dreht sich zu der Geige um, an der er arbeitet.
Ringsherum Dutzende Streichinstrumente. Geigen, Bratschen, Celli und Kontrabässe. Bögen. Rosshaar. Pech. Instrumentenkoffer.
Ein Luftbefeuchter und ein
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