Komische Voegel

streicheln, treten, knuddeln, schlagen, und er würde sich nichts anmerken lassen. Mich aber bedingungslos lieben, denn ich wäre ja in ihm, für immer.
    Schwule Fliegen
    3. Woche 2008
    Wir haben Mitte Januar. Die Anhänger des »modernen« Gartens haben ihre verblühten Kugeldisteln, Hortensien und Phlomis russelianae natürlich nicht beschnitten, und
neulich bei Frost und bei dem vielen Nebel müssen all diese Pflanzen wunderbar ausgesehen haben. Altmodische Gärtner besitzen jetzt einen kahlen, schwarzen Garten mit kniehohen Rosensträuchern, in dem sich schon einige Frühblüher vorsichtig herauswagen. Ich finde sie schön, diese altmodischen Gärten, ich mag sie sehr, so kalt, kahl und nackt, so verletzlich, so geduldig, so voller Hoffnung und Verheißung.
    Ob bereift oder schwarz, in den Gärten tut sich im Augenblick nicht viel, ich kann also meine Aufmerksamkeit den Tieren zuwenden. Leider lassen mich die schon geraume Zeit im Stich. Sonst kommt es dauernd zu angenehmen Begegnungen mit Hunden oder Pferden, aber in den letzten Wochen aus unerfindlichen Gründen nicht. Es ist schon einige Monate her, daß ich zuletzt wegen eines Pferdes vom Rad gestiegen bin. »Komm«, sagte ich schmeichelnd, und es rannte weg. Sehr gern schreibe ich über Schafe, aber das kann man auch nicht zu oft tun. Katzen lasse ich links liegen, denen traue ich nicht so recht. Ich wohne in einem Haus, in das niemals Mücken kommen. Fliegen auch nicht, bis ich vor längerer Zeit für eine Woche wegfuhr und Obst liegenließ. Die Fliegen von damals sind immer noch da, ich frage mich, wie lange Fliegen eigentlich leben. Oder sind es schon die Kinder und Kindeskinder? Irgendwie finde ich es sogar gemütlich, Fliegen im Haus zu haben, sie stören mich überhaupt nicht. Seit heute morgen (da habe ich den Wissenschaftsteil meiner Zeitung gelesen) überlege ich auch, ob sie vielleicht schwul sind. Die Fliegen. Das könnte durchaus sein, weil hier regelmäßig angebrochene Rotweinflaschen oder klebrige Jenevergläschen herumstehen. Amerikanische Wissenschaftler haben entdeckt, daß Taufliegen durch Alkohol schwul werden. Nicht nur ein bißchen, nein, ganz hef
tig schwul: »Männchen, die sich an ein Männchen klammerten, wurden selbst wieder umklammert, so daß sich schließlich viele Männchen in langen Reihen vorwärts schoben.« Anscheinend verlieren die schwulen Fliegen auch ihre Flugfähigkeit.
    Vogelluftbrücke
    4. Woche 2008
    In einer großangelegten europaweiten Studie hat man die möglichen Auswirkungen des Klimawandels auf die Brutvogelbestände untersucht; die Ergebnisse wurden im Climatic Atlas of European Breeding Birds festgehalten. Ein Drittel der niederländischen Vogelarten könnte teilweise oder sogar völlig verschwinden. Ich lese unter anderem: Um die Vögel vor dem Aussterben zu bewahren, müssen in den kommenden Jahren […] Verbindungen zwischen den Naturschutzgebieten geschaffen werden, damit Vögel in der Landschaft von einem geeigneten Biotop zum anderen wandern können . Nun fragt sich mein Bauernverstand: Aussterben? Damit ist doch wohl nur »Verschwinden aus den Niederlanden« gemeint? Wenn ja, wäre das egoistisch gedacht. Was wäre so schlimm daran, wenn eine Vogelart aus den Niederlanden fortziehen und sich zum Beispiel in Polen oder Litauen ansiedeln würde? Gönnt doch den Polen oder Litauern eine neue Vogelart! Wir bekommen nämlich andere Vögelchen dafür, wie etwa den Bienenfresser, einen sehr schönen, bunten Vogel (aber ich sehe jetzt schon den Imkerbund mit Protestschildern auf dem Haager Binnenhof: MEHR BIENENFRESSER – WENIGER HONIG
ESSER !), und die Provencegrasmücke. Darüber würden sich dann ohne Zweifel die Franzosen und Italiener aufregen, sollten es aber nicht, weil sich auch in ihren Ländern neue Vogelarten ansiedeln werden.
    Vor allem machen jedoch die erwähnten Verbindungen meinem Bauernverstand zu schaffen: Vögel können schließlich fliegen. Für Rehe, Dachse, Wildschweine werden Grünbrücken gebaut, für Kröten Krötentunnel, für Otter Ottertunnel, für Biber Biberunterführungen, und das ist gut so, damit die Tiere nicht auf den unzähligen Straßen unter die unzähligen Räder kommen. Nur, was soll ich mir unter Verbindungen zwischen verschiedenen Vogelbiotopen vorstellen? Wandern die Vögel nicht auf dem Luftweg? Das ist doch der große Vorteil, den Vögel haben, sie brauchen keine Grünbrücken oder Tunnel; wenn sie zum Beispiel vom Hochmoor De Groote Peel im Südosten unseres