Komm, dunkle Nacht
Niederlage als Demütigung und Sie sind nicht nur Zeugin geworden, Sie haben bei dieser Demütigung sogar mitgewirkt.«
Sie ballte die Fäuste. »Und ich dachte, ich hätte die Geschichte hinter mir.«
»Kommen Sie mit mir nach Phoenix zurück?«
»Nein, ich glaube, dass Sie falsch liegen mit Ihrer Befürchtung, aber wenn ich wirklich bedroht werde, werde ich damit allein fertig.«
»Diese Antwort habe ich von Ihnen erwartet. Ich habe Galen beauftragt, Ihr Anwesen bewachen zu lassen, aber es wäre leichter, wenn Sie mit nach Phoenix kämen.«
»Ich will mein Leben zurück. Ist mir egal, was für Sie leichter ist.«
»Wenn Sie hier bleiben wollen, lassen Sie auch mich bleiben.
Ich kann als Chefkoch und Spülkraft fungieren. Sie haben mit dem Wolf und Monty alle Hände voll zu tun.«
»Ich sagte Ihnen doch, ich will Sie nicht hier haben.«
»Stellen Sie sich vor, wie ich demütig und gehorsam auf Ihre Befehle warte. Hat dieses Bild gar keinen Reiz für Sie?«
»Ein Traum würde wahr. Aber Sie reißen sich nur wieder die Naht auf und ich muss wieder die Krankenschwester spielen.«
»Ich traue Ihrer Naht.« Er zog eine Grimasse. »Sie tut so weh, ich bin sicher, sie sitzt bombenfest.«
»Außerdem bringen Sie mich doch erst recht in Gefahr, wenn Sie hier sind. Rudzak könnte mein Haus in die Luft sprengen, nur um Sie zu erwischen.«
»Nein, im Gegenteil würde meine Anwesenheit Ihre Sicherheit erhöhen. Rudzak will mich nicht einfach umbringen. Er will mich leiden sehen.«
»Was zum Teufel haben Sie ihm getan?«
»Ich habe ihm fünfzehn Jahre seines Lebens genommen. Ich hätte ihn umbringen sollen, aber es ist anders gekommen.« Die Worte waren kalt und ohne Gefühl. Dann lächelte er. »Aber lassen wir die Vergangenheit ruhen. Wir haben uns um die Zukunft zu sorgen. Lassen Sie mich wenigstens bleiben, bis der Wolf wieder auf den Beinen ist. Vielleicht haben wir Rudzak bis dahin aufgespürt. Und ich habe Beziehungen, ich kann dafür sorgen, dass die Rancher den Wolf in Zukunft in Ruhe lassen.«
»Beziehungen?« Sie stand auf. »Ich muss nach ihr sehen.«
»Wir sollten ihr einen Namen geben. Vielleicht was Ungewöhnliches, Ivana oder Dest …«
»Ich hasse diese Schickimicki-Namen. Sie heißt Maggie.«
»Margaret wird sich geschmeichelt fühlen.«
»Es ist nicht wegen ihr, ich mag den Namen einfach.«
»Sarah.«
Sie blickte über die Schulter zurück.
»Ich meine es ernst«, sagte er nüchtern. »Santo Camaro ist weit weg und vielleicht kommt es Ihnen schon unwirklich vor, aber das ist es nicht, glauben Sie mir, Sarah.«
Er hatte Recht, die angebliche Bedrohung durch Rudzak kam ihr vollkommen irreal vor. »Sie könnten sich irren.«
»Ich irre mich nicht. Lassen Sie mich bleiben, lassen Sie mich helfen. Ich verspreche, dass ich Sie nicht stören werde.« Er zog eine Grimasse. »Und denken Sie nur daran, wie Sie es genießen werden, mich herumzukommandieren.«
»Vielleicht ist es die Sache wert.«
»Dann denken Sie noch einmal darüber nach.«
Sie schwieg einen Augenblick. »Werde ich.«
Er sah ihr nach, als sie auf die Terrasse ging. Hatte er sie überzeugt? Er hatte ihr die Tatsachen mit vollkommener Ehrlichkeit vorgelegt, alles andere wäre ein Fehler gewesen. Sie würde es niemals hinnehmen, wenn man ihr etwas vormachte.
Sie hatte eine Direktheit, die er nur bei sehr wenigen Frauen gesehen hatte, und eine leidenschaftliche Fürsorge für die Hilflosen, wie er sie nie zuvor erlebt hatte. Sie hatte diesen Wolf behandelt wie ein Kind, hatte ihn gestreichelt, getröstet, ihm gut zugeredet, obwohl er sie gar nicht hatte hören können. In jenen Momenten hatte sie eine ganz besondere Schönheit ausgestrahlt.
Feingliedrige Hände, die so sanft wie geschickt waren, das zerzauste Haar, das er ihr auf ihre Bitte aus der Stirn gestrichen hatte, damit sie besser sehen konnte. Starke Schultern, die Brüste, die sich vor Anspannung hoben und senkten. O Scheiße, diese fleischlichen Regungen konnte er im Augenblick nicht brauchen. Schon gar nicht im Hinblick auf Sarah Patrick.
Also vergessen, ausradieren.
Leichter gesagt, als getan. Immer wenn er sie ansah, würde er sich daran erinnern, wie er sich in jenem Augenblick gefühlt hatte.
Nichts war leicht. Mach schon. Vergiss, wie sie ausgesehen hat in diesem schlichten weißen Büstenhalter.
Denk darüber nach, wie du ihr Leben schützen kannst.
Monty lag neben der schlafenden Wölfin, fast Nase an Nase. Er hob nicht den Kopf, als sie den Raum
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