Komm endlich her und kuess mich!
Lächeln auf, doch diesmal war es leer.
„Ich hab doch gesagt, es geht mir gut. Allerdings würde es mir noch besser gehen, wenn ich daran gedacht hätte, ein Taschentuch mitzubringen.“
Wortlos griff er in seine Smokingjacke und reichte ihr sein Taschentuch, eine Million Fragen im Kopf.
Sie nahm es und tupfte sich die Augen. „Wenn ich schrecklich aussehe, sag es mir bitte erst, wenn ich von der Bühne wiederkomme, okay?“, bat sie.
Er wollte schon die üblichen Plattitüden abspulen, doch dann besann er sich. Stattdessen nickte er nur.
Marco sah, wie sie sich sammelte. Ein unauffälliges Schulterrollen, dann senkte sich ein Ausdruck der Entschlossenheit über ihr Gesicht. Als sie aufstand, um den Preis zu überreichen, saß das Lächeln fest wie Beton.
Das Licht der Scheinwerfer spielte auf ihrem dunklen Haar und betonte ihr schönes Gesicht und die Rundungen ihrer Brüste, und Marco, der ein vertrautes Ziehen in den Lenden spürte, musste ein Stöhnen unterdrücken.
„Wie die meisten von Ihnen wissen, sollte eigentlich Rafael de Cervantes heute Abend diesen Preis an Toby überreichen. Stattdessen hat er sich ins sonnige Spanien verdrückt.“
Lachen hallte durch den Saal.
„Nein, Spaß beiseite, so wie Toby ein Gebet gesprochen hat, bevor er in das brennende Haus lief, um seine kleinen Geschwister zu retten, sollten wir alle uns einen Moment Zeit nehmen und für Rafaels schnelle Genesung beten. Toby hat um das Leben seiner Familie gekämpft. Nie kam es ihm in den Sinn, aufzugeben. Selbst als die Rettungskräfte ihm sagten, es gäbe keine Hoffnung mehr. Warum? Weil er seiner Mutter versprochen hat, auf seine Geschwister aufzupassen. Und von diesem Versprechen ist er nicht abgewichen. Wir alle können etwas aus Tobys Geschichte lernen. Nämlich, dass man nie aufgeben darf. Egal, wie klein oder groß unsere Träume sind, egal, wie aussichtslos alles erscheint, man darf nie aufgeben. Ich freue mich, Toby diesen Preis für seinen außerordentlichen Heldenmut überreichen zu dürfen.“
Bei diesen letzten Worten versagte Sasha die Stimme. Obwohl sie es geschickt überspielte, sah Marco den Schmerz hinter ihrem Lächeln, als donnernder Applaus losbrach.
Marco klatschte automatisch mit, doch innerlich legte sich eine Eisschicht über sein Herz, und das Atmen fiel ihm schwer. So war es immer, wenn ihn die Erinnerung einholte. An das, was Angelique ihm genommen hatte. Was seine Schwäche ihn gekostet hatte.
Nie wieder , schwor er sich still.
Sasha stieg von der Bühne und kam an den Tisch zurück. Obwohl noch immer von Erinnerungen überwältigt, konnte er den Blick nicht von ihr nehmen. Am liebsten wäre er aufgesprungen, hätte ihre Hand genommen und wäre mit ihr aus dem Ballsaal geflohen.
Sie erreichte den Tisch und lächelte ihn an. „Wenigstens bin ich nicht gestolpert.“
Anmutig setzte sie sich auf ihren Platz und strich sich das Haar hinter die Ohren. In diesem Augenblick wurde Marco bewusst, wie sehr er sie begehrte.
Sasha bemerkte den Ausdruck auf Marcos Gesicht, und ihr Herz setzte für einen Moment aus.
„Was ist los? Oh, mein Gott, wenn du mir jetzt sagst, dass ich Essen zwischen den Zähnen hängen habe, bringe ich dich um!“, fluchte sie.
Sie hörte Kichern am Tisch, kümmerte sich aber nicht weiter darum, denn sie war völlig gefangen von Marcos intensivem Blick.
„Mit deinen Zähnen ist alles in Ordnung“, erwiderte er heiser.
„Was dann? War meine Rede so schlecht?“ Überwältigt von ihren traumatischen Erinnerungen, hatte sie ihre sorgfältig vorbereiteten Notizen verworfen und improvisiert.
„Nein, deine Rede war … perfecto .“
Während der Moderator den nächsten Gast ansagte, ging sie ihre Rede in Gedanken noch einmal Wort für Wort durch. War es ein Fehler gewesen, Rafael zu erwähnen?
Sie wartete, bis der nächste Preis überreicht war, dann beugte sie sich vor. „Tut mir leid“, flüsterte sie in sein Ohr.
Sein Kopf fuhr herum. Sein Kinn streifte ihre Wange, und die Berührung traf sie wie ein Schlag.
„Was tut dir leid?“, fragte er.
„Ich hätte mir den blöden Witz über Rafael sparen sollen. Das war geschmacklos …“
„Im Gegenteil. Ich sollte mich bei dir bedanken. Alle anderen reden um den heißen Brei herum. Du hast als Erste den Mut gehabt, das Thema anzusprechen. Endlich ist Schluss mit den mitleidigen Blicken und dem Getuschel hinter meinem Rücken.“
„Ist das dein Ernst?“
„Sí.“ Sein Blick fiel auf ihre Lippen.
„Warum
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