Komm für mich: Erotischer Roman (German Edition)
Gesichtsausdruck sich aufhellt, fällt mir das auch nicht weiter schwer. Wenn es eine Sache gibt, die einen Mann garantiert von seinem Leid und seiner Qual ablenkt, dann ist das Sex. Und das gilt auch für die mörderischen Gedanken, die Frauen manchmal bezüglich ihrer Exmänner haben.
»Na ja, nicht unbedingt einen Brief. Es gab eher so etwas wie einen Austausch … «, antworte ich absichtlich vage, um ihn ein bisschen neugierig zu machen.
Er wirft mir einen sehr professionellen Blick zu, der nach »Bitte führen Sie Ihre Antwort etwas weiter aus, Sie aufsässige, kleine Studentin« aussieht.
»Einen Online-Chat. Ich hatte gestern Abend einen Online-Chat mit Nemesis.«
»Tatsächlich?«
Also, wenn er wirklich Nemesis sein sollte, dann ist er sogar noch cleverer, als ich dachte. Seine Stimme klingt völlig neutral. Sie hat weder etwas absichtlich Uninteressiertes noch etwas schlüpfrig Interessiertes. Für jemanden, der leicht neugierig und vielleicht auch ein wenig besorgt ist, das Phänomen aber ansonsten von außen betrachtet, ist die Tonlage perfekt.
»Möchten Sie darüber reden? Oder möchten Sie lieber nicht mit einem Dritten darüber sprechen?« Er spitzt die Lippen und sieht fast ein bisschen verletzt aus. Ist er jetzt etwa eifersüchtig, weil er sich ausgeschlossen fühlt? Oder ist das nur eine weitere Facette seines unglaublich guten Schauspieltalents.
»Doch, doch. Ist ja keine große Sache.«
Und ob es eine große Sache ist. Und ob er nun tatsächlich Nemesis oder nur ein unschuldiger Beobachter ist, es wäre eindeutig verrückt und absoluter Wahnsinn, ihm davon zu erzählen. Wenn er es nicht ist, sind die Worte viel zu freizügig. Und wenn er es doch ist, na ja, dann verstricke ich mich immer mehr in die Welt eines wirklich verschlagenen Spielers. Doch jetzt gibt es kein Zurück mehr – weder für meinen Körper noch für meinen Geist.
»Haben Sie ein bisschen Zeit, um noch hierzubleiben?« Er umrundet bereits seinen vollgekramten Schreibtisch und zieht einen Stuhl für mich heran. Noch einen von diesen durchgesessenen Chefsesseln auf Rädern, bei denen an einigen Stellen schon das Polster aus dem Leder hervorquillt.
»Ja, ich habe Kaffeepause. Und bei meinen Überstunden kann ich die ruhig ein bisschen ausdehnen.« Das ist natürlich totaler Quatsch, aber Tracey wird mir schon den Rücken freihalten. Schließlich scheint sie recht entschlossen, dass aus mir und Professor Adonis irgendetwas wird.
»Sie können auch immer sagen, dass Sie mir bei meiner Recherche geholfen haben.« Er greift in seine Aktentasche, wühlt kurz darin herum und zwinkert mir dabei auf viel oder auch wenig sagende Weise zu. Als er wieder auftaucht, hält er zwei kleine Apfelsaftdrinks mit Strohhalmen und eine große Tüte Kartoffelchips in den Händen.
Oh, prima, ein Picknick! Eigentlich darf man Nahrungsmittel nur im Aufenthaltsraum auspacken, aber was soll’s? Schließlich ist Daniel ein geschätzter Gast. Da muss man ihm schon eine gewisse Freiheit zugestehen.
»Wow! Danke!« Der süße Apfelsaft scheint meine Zunge irgendwie zu lösen. »Na ja, also das war gestern Abend schon ziemlich verwegen. Ich habe so etwas noch nie gemacht. Die Anonymität gibt einem das Gefühl, alles sagen zu können … Wirklich sehr befreiend.«
»Aber wie um alles in der Welt hat er Sie denn nur gefunden? Ich meine, Ihre E-Mail-Adresse, oder was man eben …« Er nimmt einen langen Schluck aus seinem Strohhalm und schlürft dabei wie ein Schuljunge. Die Art, wie er mich über den Saftkarton angrinst, ist einfach umwerfend. »Das ist doch wohl ziemlich besorgniserregend, würde ich sagen.« Er legt die Stirn in Falten. »Sie spielen mit dem Feuer, Gwendolynne. Sie sollten wirklich vorsichtiger sein.«
Feuer – ja, das kann man wohl sagen. Und auch jetzt, in diesem Moment, fühle ich mich, als würde ich auf einem Rost gebraten.
»Er hat mich über MySpace gefunden und mir eine Nachricht geschickt. Eine Einladung zum Chat.«
Daniel zuckt mit den Schultern und schüttelt den Kopf, als würde er wieder über die aufsässige Studentin verzweifeln.
»Hören Sie, Professor Neunmalklug, ich weiß, für Sie mag das alles sehr tollkühn klingen, aber es ist … es ist aufregend! Und wenn Sie ständig in diesem Bücher-Gulag sitzen müssten, wäre Ihnen vielleicht auch irgendwann danach, mal ein Risiko einzugehen. Außerdem …« Wie soll ich es erklären? Und wage ich es, ihn herauszufordern? Selbst, wenn er nicht Nemesis ist, wie
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