Komm mit auf die Insel unserer Liebe
diesen Umständen? Was soll das schon wieder heißen? Erwartest du etwa von mir, dass ich alles, was damals war, einfach so vergesse und vergebe?“
Da lachte Eleanor bitter auf. „Es ist unglaublich, was du dir zusammenreimst, Jace Zervas. Ich bin diejenige, die zu vergessen und vergeben hätte, nicht du.“ Sie zog ihren Mantel an und ging zur Tür. „Auf Wiedersehen, Jace.“
Nachdem Eleanor gegangen war, trat Jace ans Fenster und blickte grimmig hinaus. Die ersten dicken Schneeflocken fielen vom Himmel und bedeckten Häuser und Straßen. Jace hatte keine Ahnung, was Eleanor mit ihren letzten Worten gemeint haben könnte. Was in aller Welt sollte sie vergessen und vergeben? Dass er sie verlassen hatte ohne Vorankündigung? Okay, das war sicher nicht die feine Art gewesen, aber was hatte sie von ihm erwartet? Hätte er sich etwa feierlich von ihr verabschieden sollen, nachdem er von ihr betrogen worden war?
Jace setzte sich wieder an den Schreibtisch und versuchte seine Arbeit fortzusetzen, aber es gelang ihm nicht, denn Eleanors Worte gingen ihm nicht mehr aus dem Kopf. All die Jahre war er nie auf den Gedanken gekommen, dass er sich geirrt haben könnte, denn das war völlig ausgeschlossen. Seit seinem fünfzehnten Lebensjahr wusste er, dass er zeugungsunfähig war – eine bittere Enttäuschung, besonders für seinen Vater. Welchen Nutzen hatte ein Sohn, der nicht in der Lage war, für den Fortbestand der Familiendynastie zu sorgen? In den Augen seines Vaters keinen.
Wie enttäuscht er von ihm war, zeigte Aristo Zervas seinem Sohn mit jedem seiner Worte oder Blicke. Er gab Jace bis heute das Gefühl, kein „ganzer Mann“ zu sein, was ihr Verhältnis vergiftet und sich negativ auf Jace’ ganzes Leben und seine persönliche Entwicklung ausgewirkt hatte. Noch heute kam es vor, dass er sich mit Selbstzweifeln quälte und dann Zuflucht und Selbstbestätigung in seiner Arbeit suchte. Aber Jace konnte noch so erfolgreich sein, nie war er glücklich und zufrieden, weil ihm etwas ganz Entscheidendes im Leben fehlte: die bedingungslose Liebe und Anerkennung eines anderen Menschen. Beides glaubte er vor zehn Jahren bei Eleanor gefunden zu haben, bis zu dem Tag, als sie ihm von ihrer Schwangerschaft erzählte. Da war die Welt für Jace zusammengebrochen, und er wollte nur noch weg. Weit weg von ihr und der Demütigung, die er durch sie erlitten hatte.
Nun aber keimten Zweifel in ihm auf. Was hätte Eleanor ihm zu vergeben? War es wirklich möglich, dass sie ihn nicht betrogen hatte? Jace’ Herz begann zu rasen, und Schweiß brach ihm aus, obwohl es gar nicht warm im Zimmer war. Nein, es war nicht möglich, dass er der Vater ihres Kindes war – oder etwa doch?
Es schneite heftig, und ein eisiger Wind blies Eleanor ins Gesicht, als sie zurück zu Premier Planning ging, doch sie nahm die Kälte kaum wahr. Nach ihrer Auseinandersetzung mit Jace fühlte sie sich völlig ausgelaugt, so als hätte man ihr alle Energie entzogen. Nach ein paar Minuten hatte sie das Bürogebäude erreicht und blieb unschlüssig davor stehen. Was sollte sie bloß Lily sagen? Dass sie ihrem millionenschweren Kunden soeben eine Abfuhr erteilt hatte, weil er ihr unerträglich war? Unmöglich. Noch schlimmer wäre es, wenn Jace sogar schon angerufen hätte, um sich bei Lily zu beschweren, dann wäre Eleanors Karriere ernsthaft in Gefahr.
Nein, das tut er ganz bestimmt nicht, versuchte sie sich zu beruhigen und beschloss, heute nicht mehr ins Büro zu gehen. Sie hatte in den letzten Wochen viele Überstunden angesammelt, von denen sie jetzt einfach ein paar abbauen würde. Zuhause angekommen, legte sie sich auf die Wohnzimmercouch und schloss erschöpft die Augen. Sie wollte nichts mehr denken, sondern nur noch ruhen und versuchen, abzuschalten.
Nach einer Weile knurrte ihr jedoch der Magen und ihr fiel ein, dass sie seit heute Morgen nichts mehr gegessen hatte, abgesehen von dem kleinen Stückchen Fleisch in Jace’ Büro. Trotzdem war ihr Hals wie zugeschnürt, und sie hatte das Gefühl, als läge ein schwerer Stein in ihrem Magen. Nein, sie konnte jetzt nichts essen, aber liegen bleiben wollte sie auch nicht. Also raffte sie sich auf, ließ sich ein Bad ein und legte sich in die schaumigen Flocken, in der Hoffnung, endlich zu entspannen.
Doch auch hier fand Eleanor keine Ruhe, denn ihre Gedanken kreisten unentwegt um Jace. Wie ein Blitz aus heiterem Himmel war er wieder in ihr Leben getreten und brachte es nun völlig durcheinander. So
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