Komm schon
unserer Eltern hat meine Schwestern und mich zusammengeschweißt, und auch später waren wir einander immer die besten Freundinnen.«
Das klang, als habe es in dieser Hinsicht in letzter Zeit weitreichende Veränderungen gegeben.
»Aber jetzt...« Sophie verstummte und starrte ins Leere.
Sie schien nach Worten zu ringen. Es fiel Riley unendlich schwer, ihr nicht die Schlussfolgerungen zu entlocken, die er gern von ihr hören wollte, aber er hielt sich zurück. »Sprich weiter«, sagte er, um ihr zu signalisieren, dass er ihr zuhörte.
Sie nickte. »Ist es schon einmal vorgekommen, dass du von all deinen Lieben umgeben warst und dich trotzdem total allein und verlassen gefühlt hast? Eine absolut surreale Situation, aber genau das ist heute eingetreten.«
Er verstand sie nur zu gut. Auch er hatte sich vor Sehnsucht nach ihr verzehrt - und das in der Gegenwart seiner Tochter und des Mannes, um dessen Aufmerksamkeit und Liebe er so lange hatte kämpfen müssen. Sophie war nur ein paar Meter entfernt von ihm gewesen, und doch hätte sie emotional nicht weiter weg sein können.
»Mir ist heute Abend klar geworden, dass mir meine über alles geliebte Familie nicht mehr ausreicht«, flüsterte Sophie. »Ich brauche mehr.«
Riley wäre beinahe über seine eigenen Füße gestolpert, obwohl sie sehr gemächlich über die Tanzfläche glitten. Durfte er das etwa als einen ersten Hoffnungsschimmer für ihre gemeinsame Zukunft interpretieren?
»Das ist alles sehr verwirrend«, stellte sie fest. Ob sie wohl ahnte, dass auch er restlos verwirrt war? »Was denn?« Er verschränkte behutsam die Finger mit den ihren.
»Sämtliche Regeln in meinem Leben haben ihre Gültigkeit verloren. Es ist, als hätte ich eine hundertachtzig-Grad-Wende vollzogen und dabei völlig den Boden unter den Füßen verloren.«
»Kann ich gut nachvollziehen«, murmelte er. Seine Nerven waren zum Zerreißen gespannt, sein Magen revoltierte. Worauf zum Teufel wollte sie hinaus?
Sie lächelte, als könnte sie seine Gedanken lesen. »Ich weiß, dass ich in Rätseln spreche, aber anders geht es nicht.«
Dass sie die Dinge ganz anders als er zu regeln pflegte - was durchaus ein gewisses Konfliktpotenzial in sich barg -, das wusste Riley ja inzwischen. Also schwieg er und übte sich in Geduld. Er wollte diese Gelegenheit auf keinen Fall vermasseln, auch wenn er gar nicht genau wusste, was überhaupt auf dem Spiel stand.
Er konnte nur hoffen und beten.
»In diesem Saal tummeln sich jede Menge Menschen, die mir mit gutem Beispiel vorangegangen sind und sich ihren Ängsten gestellt haben. Ich kann ihrem Beispiel folgen oder aber allein bleiben.« Sie grinste ihn an - ein gezwungenes, fast schon verzerrtes Grinsen, das ihre Furcht nicht zu kaschieren vermochte.
Riley hielt es nicht mehr länger aus. »Sophie?«
»Ja?«
»Ich habe nicht den blassesten Schimmer, was du mir mit all dem sagen willst. Okay, ich gebe zu, ich habe eine leise Ahnung, aber falls ich mich täuschen sollte, dann werde ich das vermutlich nicht verkraften.« Er würde es nicht überleben, wenn sie sein Herz ein zweites Mal brach, aber er zog es vor, das nicht laut auszusprechen.
»Ich verstehe, warum du empfindest, was du empfindest.« Er blieb mitten auf der Tanzfläche stehen und drückte ihre Hand an seine Brust, dort, wo sein Herz schlug. »Aber du musst mir auch verraten, was du empfindest. Du musst es aussprechen, und du musst es ernst meinen.«
Sie riss die Augen auf und nickte.
Er wusste, es war gefährlich, fortzufahren, doch er musste es wagen: »Es ist ganz normal, dass du Angst hast. Ich habe vor jedem Spiel Angst - aber behalt das bitte für dich, ja?« Er lachte, obwohl ihm nicht danach zumute war. »Es ist in Ordnung, Angst zu haben, solange man nicht zulässt, dass sie einen lähmt.« Er drückte ihre Hand noch fester, in der Hoffnung, ihr damit den nötigen Mut zu schenken. Denn mutig war sie,, das wusste er bereits.
»Meine Familie ist einfach zu wenig. Alle sind inzwischen glücklich verheiratet und versorgt - alle bis auf mich.« Sie biss sich auf die Unterlippe. »Meine Schwestern haben ihre Furcht, einen geliebten Menschen zu verlieren, bezwungen und sind das Risiko eingegangen. Und ich ... ich bin jetzt bereit, es ebenfalls zu tun.«
Riley nickte ermutigend und wartete mit heftig pochendem Herzen ab.
Sie befreite sich aus seinem Griff und nahm sein Gesicht in beide Hände. »Ich weiß, wie sehr du gelitten hast, und dass du in letzter Zeit ein richtiger
Weitere Kostenlose Bücher