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Komm, spiel mit mir: Thriller (German Edition)

Komm, spiel mit mir: Thriller (German Edition)

Titel: Komm, spiel mit mir: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paddy Richardson
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kommt, mach, dass sie nach Hause kommt, bitte, lass Gemma nach Hause kommen.
    Oma ist aus Wanganui angereist. Sie ist Sonntagabend angekommen. Ihr Gesicht sah grau und verängstigt aus, aber dann hat sie Minna in ihre starken, braungefleckten Arme geschlossen alles kommt in Ordnung, Liebes, pssst, alles kommt in Ordnung. Jeden Morgen steht sie als Erste in der Küche, sie trägt Lippenstift und Ohrringe, hat sich das Haar gewaschen und frisiert und die frisch gebügelte Bluse ordentlich in den Rock gesteckt. Sie versucht, Minna zum Essen zu bewegen Liebes, du musst bei Kräften bleiben. Oma sagt, sie könne sich nicht setzen; sie sagt, es sei das Beste, sich zu beschäftigen, und so steht sie in der Küche, verrührt Eier und Mehl und Zucker, hackt Gemüse und Fleisch für den Auflauf. Aber alle Besucher bringen Essen mit, die Gefriertruhe quillt über vor Schüsseln mit Käsemakkaroni und Hühnchenauflauf und Reissalat, und im Kühlschrank stapeln sich die Muffins, Muffins, Muffins. Und auf dem Küchentresen auch.
    Das Telefon klingelt den ganzen Tag, aber weder Stephanie noch Liam oder Jonny dürfen rangehen. Oma schnappt sich den Hörer und atmet tief ein, bevor sie sich meldet. Ihr Gesicht verrät Todesangst, so als fürchte sie die Worte des Anrufers. Trotzdem klingt sie immer ruhig und gefasst.
    »Keine Neuigkeiten? Ich verstehe. Nein, wir haben auch noch nichts gehört, noch nicht. Ja, wir schaffen das schon. Die Kinder sind hier bei mir, allen geht es gut.«
    Die Jungen sitzen den ganzen Tag vor dem Fernseher, der durchs ganze Haus plärrt. Wenn die Nachrichten kommen, will Oma ihn ausschalten, aber Stephanie steht auf und wirft ihr einen Blick zu. Ich muss es sehen. Ich muss es wissen.
    Minna starrt ihnen blind aus dem Gerät entgegen. Sie klammert sich an Daves Hand und sieht alt und überhaupt nicht mehr wie ihre Mutter aus. Sie hat sich die Haare nicht gekämmt und ist ungeschminkt.
    »Minna, falls irgendjemand Gemma entführt hat, was möchten Sie dieser Person sagen?«
    Sie krümmt sich und beugt sich vor wie eine alte Frau, die um Hilfe bettelt, um ein offenes Ohr. Ihre Stimme klingt zittrig und heiser, aber sie redet langsam und nachdrücklich. »Falls Sie sie haben. Falls Sie wissen, wo sie ist. Falls Sie irgendetwas wissen. Helfen Sie uns. Bitte helfen Sie uns. Wir wollen, dass Gemma nach Hause kommt. Wir brauchen sie.«
    Für einen Moment schweigen alle. Die Kamera ruht auf Dave und Minna. Dave lässt den Kopf hängen. Minna starrt aus dem Fernseher heraus.
    Stephanie hat schon genug Angst, aber ihre Mutter so zu sehen macht alles noch schlimmer. Minnas Blick ist trüb und leer, so wie der eines vor Schmerzen benommenen Tiers.
    Es ist Dienstag. Dann ist Donnerstag. Stephanie und Jonny und Liam haben das Haus nicht mehr verlassen, Oma und Dave meinten, sie müssten nicht zur Schule. Stephanie stellt sich vor, wie die anderen im Klassenzimmer sitzen, die einschläfernde Hitze, die sich am Nachmittag dort ausbreitet, sie denkt an den Gestank von Schweiß und das Quietschen der Stifte auf der Weißwandtafel. Sie denkt daran, wie sie letzten Freitag mit Mary-Anne in die Schule gegangen ist, an die viel zu warme weiße Bluse, die im Nacken kratzte, an den Schottenrock, der ihr gegen die Schenkel schlug.
    Die Sonne knallte herunter. Und sie redete, redete, redete. Über Nick Baker, über den neuen Lehrer, über die neue, ziemlich coole Frisur von Ms. Evans, über die Ferien, über die Shorts, die sie bei High Five gesehen hatte und die Minna ihr hoffentlich zu Weihnachten schenken würde. Dinge, über die sie vielleicht nie wieder wird reden können.
    Es ist, als läge der letzte Freitag Jahre zurück. Als wären seither viele Jahre vergangen, aber gleichzeitig scheint die Zeit stillzustehen, so als habe sich ein Bannfluch auf alles gelegt und als käme erst wieder Bewegung ins Leben, wenn etwas ganz Bestimmtes passiert. Wenn Gemma wieder auftaucht, irgendwo. Wenn sie am Ufer aufwacht, ihr Versteck im Wald verlässt, durchs Gartentor spaziert. Bis das nicht passiert, werden Minna, Dave, Stephanie, Jonny und Liam erstarrt bleiben.
    Mary-Anne und ihre Mutter stehen vor der Tür. Die Muffins im Korb sind mit einem karierten Tuch abgedeckt, Stephanie riecht den warmen, süßen Duft und weiß sofort, es ist ihre Lieblingssorte, Ingwer-Schokolade. Doch das war vorher. Oma nimmt den Korb entgegen und sagt herzlichen Dank und bittet sie herein, aber sie zögern. Stephanie kann ihnen vom Gesicht ablesen, dass sie

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