Komm, spiel mit mir: Thriller (German Edition)
Ich dachte, es wäre falsch, einfach abzuhauen.«
»Aber dann sind Sie doch irgendwann weggezogen. Hierher.«
»Ich hatte keine andere Wahl, oder? Peter und ich waren schon verheiratet, als ihm der Job angeboten wurde. Ein toller Job, also zogen wir her.«
»Und Ihre Mutter?«
»Die war gestorben.« Beths Stimme klingt flach, ihr Gesichtsausdruck ist leer.
»Möchten Sie darüber reden?«
»Nein.« Sie schaut aus dem Fenster.
»Was ist mit Ihrer Arbeit? Haben Sie vor dem Umzug nicht an Ihre eigene berufliche Karriere gedacht?«
»Karriere?« Sie wirft Stephanie einen amüsierten Blick zu. »Du liebe Güte, von Karriere kann man da wirklich nicht reden. Ansonsten gab es keine Probleme, ich konnte mich versetzen lassen.«
»Waren Sie glücklich darüber?«
»Ich glaube, ja.« Wieder das Achselzucken. »Dachte ich zumindest.«
Dann senkt sie den Kopf, dreht an dem Ring an ihrem Finger. »Ich dachte, wenn wir in eine größere Stadt ziehen, könnte ich was Neues anfangen, verstehen Sie? Aber die Bank zahlt gut, es erschien mir vernünftiger, dort zu bleiben. Wir haben ein Haus gekauft. Als Bankangestellte habe ich einen günstigen Kredit bekommen, deswegen war es das Beste, dort zu bleiben. Außerdem wollten wir ja ein Baby.«
Stephanie lehnt sich vor. »Es klingt, als hätten Sie eine konkrete Vorstellung gehabt?«
»Es war eine alberne Idee. Ich dachte daran, Kunst zu studieren. Nach dem Umzug bin ich hin, um mich zu erkundigen, und man sagte mir, ich solle ein Portfolio einreichen. Ich … ich wusste nicht mal, was ein verdammtes Portfolio ist.« Sie errötet leicht, dreht immer noch am Ring.
»Warum haben Sie nicht nachgefragt?«
»Weil ich dumm dagestanden hätte, oder? Was bitteschön ist ein Portfolio? Ts.«
»Sie sind bei der Bank geblieben, weil Sie nicht das Gefühl hatten, die nötige Unterstützung für einen Neuanfang zu bekommen?«
»Was wollen Sie damit sagen?« Sie starrt Stephanie wütend an. »Dass es feige war, bei der Bank zu bleiben? Dass ich einen guten Job hätte aufgeben sollen, um auf die blöde Kunstakademie zu gehen?«
»Ich wusste gar nicht, dass Sie sich für Kunst interessieren, Beth. Machen Sie bei einem unserer Zeichenkurse mit?«
»Ha«, lacht sie. »Malen nach Zahlen für Bekloppte. Sie machen Witze.«
»Für welche Art von Kunst interssieren Sie sich?«
»Ich töpfere gern. Das habe ich in der Schule gemacht. Später habe ich dann Abendkurse besucht, als wir noch in Westport gewohnt haben. Aber egal, ich habe eh null Talent.«
»Aber es hat Ihnen Spaß gemacht?«
Sie schweigt für eine Weile, dann sagt sie ganz langsam: »Ja. Ja, ist schon seltsam, aber ich mag, wie der Ton sich anfühlt. Am Anfang ist er ganz kalt, ein bisschen schmierig, so wie Gummi … und dann wird er irgendwie warm und weich.«
»Dann hätten Sie sich für Töpferei eingeschrieben?«
Beth schnappt kurz nach Luft. »Tja, es hätte ja sowieso nicht geklappt.«
Stephanie spricht mit sanfter Stimme. »Das sehe ich anders, Beth. Wir sollten an dem Punkt dranbleiben. Sagen Sie mir, warum es nicht geklappt hat.«
»Das werden Sie nicht verstehen. Ich komme aus einer Familie, wo man nicht einfach so Kunst studiert. Man kann sich glücklich schätzen, wenn man einen guten Job findet und angemessen bezahlt wird.«
»Was hat Peter von Ihrer Idee gehalten, Kunst zu studieren?«
Die wütende Antwort erfolgt prompt. »Peter ist in Ordnung. Ich werde nicht zulassen, dass Sie denken …«
»Beth, ich denke überhaupt nichts.«
»Doch! Sie denken, da haben wir es wieder, ist doch immer dieselbe Leier – das arme, arme Opfer und das böse Arschloch, das seiner Frau nicht erlaubt zu tun, was sie möchte. So was denken Leute wie Sie doch immer! Sie denken, Sie haben alles durchschaut, dabei sind Sie auf dem Holzweg! Es war ganz anders.« Ihre Wangen sind rot, ihre Stimme angespannt und schroff.
»Wollen Sie darüber reden, warum Sie sich so aufregen?«
»Ich rege mich nicht auf, verdammt!«
Schweigen. Stephanie spürt die steigende Spannung im Raum, die Luft ist zum Schneiden dick, man hat das Gefühl, sie sei zu dick zum Einatmen.
»Ich möchte gehen.«
»Sie können gehen, wann immer Sie wollen, das wissen Sie.«
»Sie halten mich für feige, nicht wahr? Sie denken, ich laufe weg, sobald es brenzlig wird, nicht wahr?«
»Ich habe Ihnen schon einmal gesagt, eine schwierigere Aufgabe …«
»… gibt es kaum? Okay. Schön. Sie haben es mir gesagt. Und ich sage Ihnen auch was: Ich kann den
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