Komm, spiel mit mir: Thriller (German Edition)
für mich an erster Stelle. Hätte ich nur gewusst, wie es um dich steht. Dabei habe ich die ganze Zeit gemerkt, dass sie einfach nur volle Kanne wütend auf mich waren. Aber eigentlich war es doch noch gar kein richtiges Baby, oder? Nicht so richtig. Es war ja gerade mal so klein wie, ich weiß auch nicht, so klein, dass man es noch nicht sehen konnte, oder? Ein Haufen Zellen. Es hat nichts davon gemerkt, oder?«
Sie starrt Stephanie ins Gesicht, ihre Augen sind voller Tränen, und sie fleht um Zustimmung, die Stephanie ihr gewährt.
»Nein, auf keinen Fall.«
Beth stößt einen langen Seufzer aus, lässt sich zurücksinken, schließt die Augen.
Deswegen ist sie hier. Das ist es, was sie hören wollte.
»Ich will Peter nicht sehen. Und Dad auch nicht.«
»Dad. Was fühlen Sie für Ihren Vater?«
»Ich … na ja, ich liebe ihn.«
»Und Peter?«
»Alle sagen, wie glücklich ich mich schätzen soll, ihn zu haben. Aber im Grunde wiederholt sich das Unglück, oder? Es ist wie bei Mum und Dad.«
»Ich verstehe nicht.«
»Alle hielten Mum für eine Verrückte und Dad für den netten Kerl, der trotzdem zu ihr hält.«
»Und was denken Sie?«
Sie zuckt die Achseln. »Woher soll ich das wissen? Außerdem ist es sinnlos, darüber zu reden. Wollen Sie hören, was meine Oma immer sagte? Reden ist Silber, Schweigen ist Gold. Sie hatte wohl recht. Am besten hält man die Klappe und reißt sich zusammen.«
»So geht es in vielen Familien zu. Aber ich halte das nicht für den besten Weg.«
»Klar, Sie nicht! Sonst hätten Sie nicht diesen Job.« Wieder grinst sie, keck diesmal.
»Sie halten es nicht für das Beste, den Dingen auf den Grund zu gehen?«
»Ich habe meine Oma zitiert. Mich interessiert trotzdem, wieso Sie meinen, es besser zu wissen.«
»Das habe ich nicht gesagt. Ich bin nur der Überzeugung, dass man über Belastungen und Verletzungen sprechen sollte, andernfalls wird man sie nicht mehr los und leidet dauerhaft.«
Und du, Stephanie? Sprichst du über das, was dir wichtig ist?
»Leute wie Sie machen damit ein fettes Geschäft, nicht wahr? Wenn Sie die Leute von diesem Quatsch nicht überzeugen könnten, wären Sie arbeitslos. Wissen Sie was, ich gehe jetzt.«
»Beth, Sie haben heute viel erreicht. Wollen Sie wirklich schon gehen?«
»Klar will ich das, verdammt.«
Sie knallt die Tür hinter sich zu.
Sie kommt wieder. Diesmal hat es nur drei Tage gedauert, bis sie wieder vor Stephanies Tür steht.
Sie setzt sich, schaut zu Stephanie. Sie wirkt aufmerksam, vorsichtig.
»Ich bin hier, okay?«
»Beth, ich freue mich, dass Sie hier sind. Wo möchten Sie anfangen?«
»Liegt das nicht bei Ihnen? Sollten Sie mir nicht dabei helfen, mich selbst zu finden? Ist das nicht Ihr Job? Hier in Ihrem gemütlichen, warmen Sprechzimmer zu sitzen und sich die Probleme der anderen anzuhören?« Sie grinst. »Netter Job, hm?«
Stephanie grinst zurück. »Mir gefällt er.«
»Wie haben Sie ihn an Land gezogen? Wie sind Sie eine, äh, wie nennt man Sie eigentlich?«
»Ich bin Psychiaterin in Ausbildung.«
»In Ausbildung? Wollen Sie mir sagen, ich werde von jemandem behandelt, der nicht einmal qualifiziert ist? Haben die Sie etwa angeheuert, um nicht das volle Gehalt zahlen zu müssen?«
»Möchten Sie wirklich darüber sprechen? Oder lieber über etwas anderes?«
»Ich möchte über Sie sprechen. Ist das nicht ein Zeichen dafür, dass es bergauf geht? Interesse an anderen? Also, warum machen Sie diesen Job?«
»Sie arbeiten in einer Bank, richtig? Warum haben Sie sich dafür entschieden?«
»Na ja, ist ja nicht so, dass ich die große Auswahl gehabt hätte. Keiner hat gesagt: Hey, Beth, du kannst tun, was du willst! Lass den Blick über deine unbegrenzten Möglichkeiten schweifen und such dir eine aus! Der Job bei der Bank wurde frei, gerade als ich von der Schule abging. Er wurde mir angeboten, deswegen habe ich ihn genommen.«
»Ich habe nicht das Gefühl, dass Sie sonderlich zufrieden damit sind.«
»Tut das was zur Sache? Eigentlich wäre ich gern in eine größere Stadt gezogen, um auf Lehramt zu studieren. Irgendwas in der Art. Aber ich war schon mit Peter zusammen.«
»Sie mochten Peter so gern, dass Sie seinetwegen aufs Studium verzichtet haben?«
Sie zuckt die Achseln. »Ich habe nicht unbedingt davon geträumt, Lehrerin zu werden. Das war bloß eine von vielen Sachen, die ich mir hätte vorstellen können. Ja, ich mochte Peter genug, um dazubleiben, außerdem war meine Mum krank geworden.
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