Komm, spiel mit mir: Thriller (German Edition)
ich hasse dieses Haus! Ich wollte nicht da leben, ich will da nie wieder hin!«
»Beth, ich weiß, wie schwierig das für Sie ist, aber bleiben Sie bitte dran. Sie sind hier in Sicherheit, okay? Nichts von dem, was Sie mir erzählen, wird nach außen dringen.«
Beth spricht ganz langsam. »Mum war ständig krank. Wir mussten immer aufpassen, dass sie nicht durchdreht.«
»Wie äußerte sich ihre Krankheit?«
»Sie war dann … irgendwie abwesend. Fing bei jeder Kleinigkeit zu weinen an. Wenn ich zu Hause war, bekam ich Angst, und ich fühlte mich … eingesperrt.«
»Sie meinen, Sie hassen das Haus, weil es Sie daran erinnert, dass Ihre Mum dort krank wurde?«
»Ja. Weil. Na ja, weil ich nicht wegkonnte.«
»Sie hatten das Gefühl, Ihre Mum nicht alleinlassen zu dürfen?«
»Ich möchte jetzt gehen.«
»Atmen Sie, atmen Sie ganz ruhig! Ein und aus, ein und aus. Beruhigen Sie sich. Alles ist in Ordnung.«
»Es war so, als wären wir alle dort gefangen. Mum hat einen Fluchtweg gefunden, indem sie verrückt wurde.«
Sie weint die ganze Zeit, Tränen laufen ihr über die Wangen, die Nase. Ihre Schultern heben und senken sich, ihr Körper ist zusammengekrümmt. »Ich möchte gehen. Ich möchte jetzt aufhören.«
»Das ist schon okay. Wir reden weiter, sobald Sie so weit sind. Alles in Ordnung, Beth? Wenn Sie möchten, sage ich Elsie Bescheid, damit sich jemand um Sie kümmert.«
»Nein, es geht schon.«
Sie zieht die Tür hinter sich zu. Bis zum nächsten Patienten hat Stephanie eine Stunde Zeit. Sie gießt kochendes Wasser in einen Becher, hängt einen Teebeutel hinein, zieht am Bändchen.
Es war so, als wären wir alle dort gefangen. Beth, der Vater, die Mutter, eingesperrt mit ihrer Angst, ihren Schmerzen und der Ratlosigkeit. Immer in der Hoffnung, die Mutter würde nicht wieder erkranken. Und wenn es doch wieder so weit war, ertrugen sie es irgendwie. Beth, immer auf der Hut, ob sich etwas andeutete. Das Haus, das sie einschloss, sie einengte, sie umgab wie ein Leichentuch. Die Mutter, allein im Schlafzimmer. Die fest geschlossene Tür, die Mutter dahinter, und Beth darf sie nicht sehen. Sie alle gefangen.
War es so? Und was ist mit Tracy? Wer ist Tracy?
17.
E s geht mir besser. Ich fühle mich seltsam, aber … ich weiß es auch nicht. Besser.«
»Das ist schön.«
»Bis gestern hatte ich bei unseren Gesprächen immer das Gefühl, gar nicht wirklich da zu sein, durch Klebstoff zu waten. Das klingt verrückt, oder?«
Stephanie beobachtet Beths Gesicht. Ihre Art, die Worte genau abzuwägen, den Kopf beim Nachdenken leicht geneigt, der Blick ruhig, eindringlich. Sie gleicht jemandem, der zum ersten Mal auf Schlittschuhen steht: ein vorsichtiger Schritt nach vorn, ein kurzes Abstoßen und Gleiten, der sehnsüchtige Blick zurück ans Geländer.
»Womit möchten Sie anfangen?«
»Mit meiner Entlassung. Ich habe mit der Sozialarbeiterin gesprochen. Sally. Sie ist wirklich sehr engagiert. Sie sagt, sie könne mir eine Wohnung besorgen, falls ich das möchte.« Sie holt tief Luft. »Ich habe noch nie allein gelebt. Aber ich möchte nicht mit Peter zusammenleben, und zurück zu meinem Dad kann ich auch nicht. Also.«
»Also scheint eine eigene Wohnung ein gute Lösung zu sein.«
»Ich bin ziemlich nervös deswegen. Aber …«
»Aber alles in allem gefällt Ihnen die Vorstellung?«
»Ich glaube, ich schaffe das. Sally sagt, die Wohnung, die sie für mich hätte, ist hell und ganz neu. In einem Wohnblock. Zu jeder Wohnung gehört ein kleiner Garten, da hat man seine Ruhe, trotzdem sind immer Leute in der Nähe. Es ist nicht weit von hier, das heißt, ich könnte zu Fuß in die Klinik kommen. Außerdem gibt es eine Bushaltestelle.«
»Das klingt gut, Beth.«
»Meinen Sie?« Sie sieht Stephanie erwartungsvoll an. »Es klingt perfekt, aber ich bin trotzdem unentschlossen. Manchmal denke ich, alles wird gut, und dann bekomme ich plötzlich wieder Angst. Alles ist so anders. Noch vor ein paar Monaten habe ich mit Peter zusammengelebt. Ich war … schwanger.«
»Es klingt so, als finden Sie diese Veränderung beängstigend und gleichzeitig aufregend.«
»Ich habe das Gefühl, nicht mehr genau zu wissen, wer ich bin. Ich habe meinem Dad erzählt, dass Peter und ich … eine Auszeit voneinander brauchen. Er sagte, ich solle für eine Weile bei ihm wohnen. Er glaubt, oder zumindest behauptet er das, dass mir alles einfach nur zu viel geworden ist und ich mich ausruhen muss.«
»Sie wollen andeuten,
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