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Komm, spiel mit mir: Thriller (German Edition)

Komm, spiel mit mir: Thriller (German Edition)

Titel: Komm, spiel mit mir: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paddy Richardson
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nachdem alle anderen es aufgegeben hatten. Ich habe mir gedacht, was ist, wenn sie irgendwo da draußen ist, und keiner hilft ihr? Dann wurde Mum krank, und sie musste weg. Dad hat Gracies Zimmer ausgeräumt. Er sagte, Mum gebe sich die Schuld, und der Anblick von Gracies Sachen mache alles nur noch schlimmer. Er sagte, wir dürften nicht mehr von ihr sprechen.«
    Stephanie hat auf Autopilot umgeschaltet. Ihre Stimme ist ruhig, ihr Gesicht ist ruhig, du lieber Gott, sie will aufspringen und wegrennen.
    »Das muss sehr schmerzlich für Sie gewesen sein.«
    »Meine Freundinnen haben immer ganz betreten reagiert, wenn ich von ihr gesprochen habe. Ich hatte niemanden zum Reden. Also hat sich alles nur in meinem Kopf abgespielt.«
    »Was wollten Sie denn sagen, Beth?«
    Sie murmelt: »Ich wollte sagen, wie sehr ich sie vermisse. Ich wollte darüber reden, wie clever sie war und wie hübsch. Ich wollte sagen, dass sie unglaublich süß war und wie sehr ich seit ihrem Verschwinden litt, jeden Tag.« Sie zögert.
    »Was noch?«
    »Ich wollte … ich wollte auch sagen, dass ich nicht verstehen konnte, wie Gracie die Tür ganz allein aufgekriegt haben sollte. Die Tür war schwer, Gracie konnte sie nicht einmal öffnen, wenn sie wach war. Man hat uns gesagt, der Wind wird sie aufgestoßen haben, aber ich habe damals in der Nacht keinen Wind gehört. Darüber musste ich ständig nachdenken. Ich dachte, es wäre meine Schuld.«
    Halt durch. Du musst jetzt durchhalten. Bring die Sitzung anständig zu Ende.
    »Wenn Dad nachts unterwegs war, bin ich immer noch einmal aufgestanden, um nachzusehen, ob die Haustür auch wirklich abgeschlossen war. Ich konnte nicht anders, ich hatte immer ein bisschen Angst, wenn er weg war. Ich war mir sicher, an dem Abend nachgesehen zu haben. Aber ich muss mich geirrt haben, oder? Denn am nächsten Morgen stand sie weit offen. Ich war besessen von der Angst, ich könnte die Tür im Halbschlaf, statt sie abzuschließen, entriegelt haben. Ich wache heute noch manchmal in der Nacht auf und frage mich das. Gracie hatte Schwierigkeiten, an den Türknauf zu kommen. Vielleicht bin ich es gewesen. Vielleicht habe ich die Tür geöffnet.«
    Du musst ihr helfen.
    »Beth, was Sie mir da erzählen – dass Sie sich schuldig fühlen, bis heute –, diese Reaktion ist völlig normal. Und die Unmöglichkeit, offen darüber zu sprechen, hat alles noch schlimmer gemacht.«
    »Sie glauben also, ich bilde es mir nur ein? Ich war gar nicht an der Tür, ich habe sie nicht versehentlich geöffnet?«
    »Beth, Sie waren nicht dafür verantwortlich.«
    »Es ist immer dasselbe, wenn es um Gracie geht. Ich glaube, ich wollte einfach nicht einsehen, dass sie weg war, deswegen habe ich mir Geschichten zusammenphantasiert. Wie das mit der Tür. Und noch mehr. Ich habe mir zum Beispiel eingebildet, ich hätte damals mitten in der Nacht eine Männerstimme gehört. Aber wahrscheinlich habe ich mir auch das bloß eingebildet.«

18.
    S ie wälzt sich im Bett herum. Arme und Beine fühlen sich sperrig und steif an, also bewegt sie sich, um die Muskeln zu lockern. Sie braucht Schlaf. Sie hat einen anstrengenden Tag vor sich und braucht ihren Schlaf.
    Gemma. Gracie. Zwei kleine Mädchen, verschwunden. Nachdem Beth ihr Sprechzimmer verlassen hatte, hatte Stephanie den Fall im Internet recherchiert. Gracie Clark war Schlafwandlerin; eines Nachts war sie aus dem Haus gelaufen und ertrunken. So stand es in dem Zeitungsartikel; die Ermittler hatten keine andere Erklärung finden können. Stephanie knipst das Licht an, schaut auf die Uhr. Vielleicht sollte sie sich einen Tee kochen und lesen. Vielleicht schläft sie beim Lesen wieder ein.
    Ein Jungianer hätte seine helle Freude an diesem Zusammentreffen. Wie nennt man das? Synchronizität. Was für ein Unsinn. Mystizistischer Hokuspokus. Hier sind keine unheimlichen Mächte am Werk, es handelt sich um einen reinen Zufall, mit dem sie fertig werden muss.
    Aber was soll sie tun? Wie soll sie in ihrer Funktion als Psychiaterin vorgehen? Sie ist Beth viel zu nah gekommen, hat ihre Objektivität aufgegeben. Sie verbringt viel zu viel Zeit mit ihr, möglicherweise vernachlässigt sie ihre anderen Patienten. Außerdem sind die biographischen Überschneidungen zu groß; noch zwei Tage nach dem Gespräch kann sie nicht schlafen, kann Beths Erzählung nicht vergessen, sogar nach den zwei großen Gläsern Brandy nicht, die sie um Mitternacht gekippt hat.
    Sie kann an nichts anderes mehr denken als

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