Komm, spiel mit mir: Thriller (German Edition)
Ihr Vater wäre Ihnen gegenüber nicht ganz ehrlich?«
»Wahrscheinlich denkt er: Beth ist genauso wie ihre Mutter. Und jetzt geht alles von vorne los.« Sie sagt das ganz schnell.
»Eine der Sachen, die Sie selbst am meisten fürchten?«
Beth klingt verzweifelt. »Seien Sie bitte ehrlich. Ich muss es wissen, auch wenn die Wahrheit bitter ist. Was glauben Sie? «
»Ich glaube etwas anderes.«
»Aber ich bin in einer Klinik für Verrückte. Was sieht meiner Mutter ähnlich, wenn nicht das?«
»Beth, sehr viele Menschen wenden sich im Laufe ihres Lebens an eine Einrichtung wie diese, wenn ihnen alles über den Kopf wächst. Das bedeutet noch lange nicht, dass ihr Leben deswegen zu Ende ist. Ganz im Gegenteil. Sie würden sich wundern, wenn Sie wüssten, wer im Laufe der Jahre alles bei uns war.«
»Wer denn?« Neugierig sieht sie Stephanie an.
»Schriftsteller, Musiker, Maler, Designer.«
Sie verzieht das Gesicht, stößt ein Lachen aus. »Klar, diese ganzen Künstlertypen, was? Leute, die zu viel nachdenken.«
»Ärzte, Architekten, Lehrer, Banker, Buchhalter, Anwälte.«
»Banker?«
»Hm-hm.«
Jetzt grinst sie breit. »Tja, den alten Billy Roy kann ich mir hier so gar nicht vorstellen. Er ist mein Chef in der Bank. Ich sehe ihn nicht bei der Stationskonferenz. Billy Roy kloppt sich mit Rowan. Du lieber Himmel!«
Stephanie grinst zurück. »Vielleicht täte es ihm gut?«
»Und diese Leute, ging es denen danach besser? Kommen sie immer wieder?«
»Ich würde sagen, dass ein Großteil der Patienten nicht wiederkommt.«
»Woher wollen Sie wissen, dass ich eine der Glücklichen bin, die keinen Rückfall erleiden?«
»Weil ich Sie kennengelernt habe. Ich glaube, Sie bleiben gesund.«
»Wenn es mir tatsächlich wieder gutgeht, könnte ich ein paar Dinge in Angriff nehmen, meinen Sie nicht?«
»Was immer Sie wollen.«
»Und wenn ich wieder krank werde? Dann wäre ich ganz allein. Und, und manchmal habe ich diesen Traum. Er kommt immer wieder. Wenn ich dann aufwache, will ich nicht allein sein.«
»Wir könnten gemeinsam überlegen, was Sie tun können, wenn Sie ihn haben und allein sind.«
Elisabeth verzieht das Gesicht. »Steh auf, koch dir einen Tee und denk an was Schönes.«
»Warum sagen Sie das?«
»Weil mein Dad es immer sagt. Mein Dad spricht nicht gern über so was. Er sagt, manche Kapitel sind abgeschlossen. Es nützt nichts, sich über die Vergangenheit den Kopf zu zerbrechen.«
»Sprechen Sie von Ihrer Mutter, Beth? Träumen Sie von Ihrer Mum?«
»Von Gracie. In meinem Traum kann ich sie sehen. Ich versuche, meine Arme und Beine zu bewegen, aber es geht nicht, und meine Stimme funktioniert auch nicht.«
Sie hat Gracie gesagt, als sie so in Aufruhr war. Stephanie sieht ihr in die Augen und sagt sanft: »Wenn es zu schlimm wird, hören Sie einfach auf, okay?«
»Okay. Ich … wir sind aufgewacht, und sie war weg. Sie war eine Schlafwandlerin. Mum hat immer die Tür abgeschlossen, aber in der Nacht hatte sie es vergessen, und Gracie ist aus dem Haus gelaufen. Man hat uns gesagt, sie sei direkt ins Meer gelaufen. Die Strömung ist da ziemlich stark, als Kinder durften wir nie allein ans Wasser. Man hat uns gesagt, dass sie wahrscheinlich nicht einmal aufgewacht ist, bevor sie ertrank. Sie war meine kleine Schwester.«
Es kommt so unerwartet. Es ist wie ein Schlag ins Gesicht. Sie spürt, wie ihr Mund trocken wird.
Sie ist wieder dort, sie rennt am Ufer entlang, ihr Atem geht stoßweise, ihr Herz schlägt zu schnell zu laut.
Sie kann noch nicht schwimmen. Gemma kann nicht schwimmen.
Beth spricht langsam, wie im Traum. »Wissen Sie noch, dass ich gesagt habe, ich hätte das Gefühl gehabt, nicht von dort weggehen zu dürfen? Es war wegen Gracie. Ich dachte, vielleicht kommt sie ja zurück, und dann ist keiner da.«
Als Minna wegzog, mussten sie das Haus verkaufen. Alle wussten, Gemma würde nie zurückkommen, aber was, wenn die Geschichten, die sie sich ausgedacht hatte, doch stimmten? Was, wenn eine nette Frau Gemma gefunden und zu liebgehabt hatte, um sie gehen zu lassen?
Was, wenn Gemma den Weg nach Hause fand, und keiner war da?
»Beth, Sie haben gesagt, sie sei ertrunken. Haben Sie davon geträumt, sie könnte nach Hause zurückkommen, weil die Wahrheit für Sie unerträglich war?«
»Man hat sie nie gefunden. Die Haie vielleicht?«
Sie schweigt, starrt auf ihre Hände.
»Ich konnte nie glauben, dass sie für immer verschwunden ist. Ich habe noch nach ihr gesucht, lange
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