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Komm, spiel mit mir: Thriller (German Edition)

Komm, spiel mit mir: Thriller (German Edition)

Titel: Komm, spiel mit mir: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paddy Richardson
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schlagartig. Sie spielte und schwamm mit den Kindern, und wenn Stephanie am Abend in dem gemieteten Strandhäuschen einschlief, hörte sie Minna und Dave auf der Terrasse leise reden und lachen. Es gab nicht nur schlechte Zeiten. Nicht nur.
    Die Straße ist tückisch, sie schlängelt sich durchs Gebirge, steigt an manchen Stellen atemberaubend steil an oder verengt sich beängstigend. Manchmal hat Stephanie das Gefühl, das Auto könnte jeden Augenblick umkippen, über die steinerne Rinne am Fahrbahnrand rutschen und in dem smaragdgrünen Gewirr aus Flussläufen unterhalb der Straße landen.
    Trotz dieser gelegentlichen Sorge genießt sie die Fahrt. Auf der Straße ist wenig los, so wie schon am Vortag, und sobald sie wieder die flache Ebene erreicht hat, breiten sich rechts und links der Straße Birkenwälder aus, und in der Ferne schimmern die Berge. Sie kommt an den Gletschern vorbei, Fox und Franz Josef. Gelegentlich bleibt sie stehen, steigt aus dem Auto, streckt sich, trinkt einen Schluck aus der mitgebrachten Wasserflasche. Gegen Mittag fährt sie von der Hauptstraße ab und hält an einem der Wanderwege. Sie isst das Sandwich, das sie vor der Abfahrt in Haast gekauft hat, und studiert den Wegweiser. Hooper’s Falls. Fünfundzwanzig Minuten. Stephanie zögert, betrachtet den Wanderweg. Bis Westport hat sie noch eine beträchtliche Strecke vor sich. Andererseits gibt es keinen Grund zur Eile. Sie muss Westport nicht um jeden Preis heute noch erreichen. Sie hat sechs Monate Zeit, da kommt es auf einen Tag nicht an.
    Außer dem Gezwitscher der Vögel ist nichts zu hören. Der Busch riecht feucht und schwer, und das verfaulende Laub unter ihren Sohlen dämpft ihre Schritte. Sie legt den Kopf in den Nacken und starrt in den dunklen Baldachin aus Blättern hinauf, der nur wenige Lichtstrahlen durchlässt. Am Ende des Weges entdeckt sie einen Bach und den Wasserfall. Sie kniet nieder, taucht die Hände ins Wasser und wäscht sich das Gesicht. Das Wasser ist eiskalt und fühlt sich gut an ihren heißen Wangen an. Am liebsten würde sie sich auf dem sandigen Boden ausstrecken und in der warmen Sonne einschlafen. Sie klettert auf die Felsen am Ufer, beobachtet die kleinen Wellen, die gegen die dunklen Steine schlagen, hält das Gesicht in die Sonne.
    Sie macht sich auf den Rückweg. Hinter der letzten Biegung hört sie gedämpfte Schritte. Ein Mann, riesig, den Kopf gesenkt und die Kapuze seines Anoraks tief ins Gesicht gezogen. Er kommt ihr entgegen.
    Sie widersteht dem Impuls zu fliehen. Ein Spaziergänger. Ein Wanderer, der so wie sie den Weg erkunden will. Bloß dass sie in dem Moment, als er an ihr vorbeiläuft, deutlich spürt, wie allein sie ist, wie verletztlich ohne die Sicherheit ihres gewohnten Lebens. Was zum Teufel tust du hier? Möglicherweise wird sie überfallen, sie könnte hier draußen umkommen, ohne dass irgendjemand es bemerken würde. Nichts ist unmöglich.
    Und wenn sie ihn findet? Was dann? Wie soll sie einem Mörder gegenübertreten, wenn sie es nicht einmal erträgt, einem Wanderer auf einem einsamen Spazierweg zu begegnen?
    Sie schließt das Auto auf, lässt sich auf den Fahrersitz fallen, verriegelt die Türen und lässt den Motor an. Ihr Herz schlägt viel zu schnell, es hämmert wie wild, und sie ist unendlich erleichtert, als der Wagen sich in Bewegung setzt und sie wieder auf dem Highway ist. Du bist ganz allein, was, wenn das Auto einmal nicht anspringt?
    Sie legt eine CD ein, dreht die Lautstärke auf. Die Jews Brothers Band. Fröhliche, aufgekratzte Musik too much talent, you’ve got too much talent to be famous much too much. Ihr Herz beruhigt sich. Das ist doch verrückt, wovor hatte sie solche Angst? Da ist doch nichts. Fahr einfach weiter, von nun an geht es immer geradeaus, du brauchst keine Angst zu haben. Sie ist dennoch aufgewühlt.
    Du gehst spazieren; du bist zu Hause; du stehst am Seeufer. Alles ist so vertraut, alles ist wie immer, und dann plötzlich passiert etwas, und der Weg zurück ist dir versperrt.
    Einfach weiterfahren. Das wird schon. Einfach weiterfahren, immer weiter. Stephanie achtet auf die Straße, singt leise mit. Nach ein paar Kilometern ist sie wieder klar im Kopf. In Hokitika kauft sie sich einen Kaffee und einen Muffin weiter, fahr einfach weiter sie isst und nippt am Pappbecher, während sie fährt. Als sie Greymouth durchquert, kommt urplötzlich ein Regenguss herunter. Das Wasser fließt über die Windschutzscheibe, dicke Tropfen zerplatzen auf dem

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