Komm stirb mit mir: Thriller (German Edition)
angenommen, und im Grunde war es ganz einfach, ein Kinderspiel. Er sah es als seinen letzten Vorhang, seinen Schwanengesang. Großartig, mit einem Paukenschlag abzutreten.
Neunundzwanzig
Tartaglia marschierte den Uferweg am Regent’s Canal auf und ab, unweit der Stelle, wo, wie sie inzwischen wussten, Yolanda García überfallen worden war, und wurde zunehmend wütend. Es war kurz nach vier Uhr nachmittags, und Steele und Kennedy waren fast zwanzig Minuten zu spät. Steele hatte ihn angerufen und ihm mitgeteilt, dass sie und Kennedy den Tatort in Augenschein nehmen wollten, und ihm blieb nichts anderes übrig, als zu warten, auch wenn er nicht den geringsten Schimmer hatte, wozu das gut sein sollte. Bisher hatte Kennedy aus seinen Tatortbesichtigungen wenig bedeutungsvolle Schlüsse gezogen, und Steele plapperte ihm ohnehin nur alles nach. Wenn sie nicht bald aufkreuzten, würde es dunkel sein, dann gab es ohnehin nichts mehr zu sehen.
DNS-Proben von Yolandas Leiche waren mit höchster Priorität untersucht worden, und der Computer hatte zwei Treffer ausgeworfen: Lee O’Connor und Wayne Burns, achtzehn und neunzehn Jahre alt, beide mit einem armlangen Vorstrafenregister für eine ganze Palette von Verbrechen, unter anderem Einbruch, Diebstahl und Körperverletzung. Die beiden waren festgenommen und verhört worden und waren angesichts der überwältigenden kriminaltechnischen Beweislast zusammengeklappt wie ein Kartenhaus, und jeder hatte dem anderen die Schuld in die Schuhe geschoben. Abgesehen davon stimmten ihre Geschichten in den wichtigsten Punkten mehr oder weniger überein. Beide hatten beschrieben, wie sie, vollgepumpt mit Alkohol und Drogen, Yolanda allein auf dem Uferweg angetroffen und ihr gegeben hatten, worauf sie es, in ihren Augen, angelegt hatte. Aber beide stritten vehement ab, irgendetwas mit ihrem Tod zu tun zu haben. Damit war wenigstens ein Teil des Puzzles gelöst. Tartaglia hatte es aus psychologischer Sicht nie für überzeugend gehalten, dass Tom Yolanda vergewaltigt haben sollte, bevor er sie tötete.
Die Stelle, an der Tartaglia sich nun befand, lag nur eine halbe Meile von dem Ort entfernt, an dem Yolandas Leiche aufgetaucht war. Dennoch hätte es auch eine andere Stadt sein können. Anders als die Gegend um Little Venice mit den teuren Häusern, den hohen Bäumen und den leuchtenden, farbenfrohen Hausbooten, war dieser Abschnitt des Kanals schäbig und kahl, umgeben von hohen Bürogebäuden und heruntergekommenen Sozialbauten. Die wenigen Hausboote, die am Ufer festgemacht waren, sahen zusammengeflickt und verkommen aus, teilweise kaum bewohnbar. Mehrere kleine Brücken führten in unregelmäßigen Abständen über den Kanal, und der Uferweg schien in erster Linie als Abkürzung für Fahrradfahrer, Hundebesitzer und Jogger zu dienen. Selbst im letzten Tageslicht wirkte er bedrohlich. Tartaglia fragte sich, warum sich jemand nach Einbruch der Dunkelheit hierher wagte, und seufzte bei dem Gedanken an ein junges Mädchen, das allein und neu war in der Stadt und auf diesem Weg nach Hause zu kommen hoffte.
Tartaglia wollte schon aufgeben, als er im Dämmerlicht Steele auf sich zukommen sah. Augenscheinlich war sie allein.
»Tut mir leid, dass ich spät bin«, sagte sie brüsk, als sie vor ihm stand. »Der Verkehr war eine Katastrophe, und ich habe ewig nach einem Parkplatz gesucht.«
»Ich dachte, Dr. Kennedy wollte uns mit seiner Anwesenheit beehren«, sagte er mit unverhohlenem Sarkasmus in der Stimme.
»Ich habe beschlossen, allein zu kommen«, entgegnete sie knapp, ohne eine Erklärung für den Sinneswandel zu liefern.
»Wissen wir genau, dass sie hier überfallen wurde?«, fragte sie und schaute zu der Stelle hinüber, wo das Team der Spurensicherung bei der Arbeit war.
»Das haben O’Connor und Burns so ausgesagt. Sie wohnen hier in der Nähe und kennen den Uferweg anscheinend ganz gut.«
Sie gab einen tiefen Seufzer von sich, als malte sie sich aus, was hier passiert war. »Ziemlich trostlos, finden Sie nicht?«
»Ich würde hier nicht sterben wollen, so viel ist sicher.«
»Und Sie glauben nicht, dass wir die beiden wegen Mordes anklagen können?«
Er schüttelte den Kopf. »Ihr wurde eine Haarsträhne abgeschnitten, und sie hat GHB im Körper. Wer sollte das gewesen sein, wenn nicht Tom? Die Computer aus der Bücherei, an denen sie ihre E-Mails geschrieben hat, sind in Newlands Park. Die Kollegen sehen sich die so schnell wie möglich an, und ich gehe davon aus,
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