Komm stirb mit mir: Thriller (German Edition)
ekligen Kakaostreusel auf der Milch nahm er einen Schluck und schob die Tasse von sich. Eine hohle Geste, die Schlampe war schon wieder mit einem anderen Kunden beschäftigt, nahm seine Bestellung entgegen und schenkte ihm ein billiges, kokettes Lächeln. Er beobachtete sie und hasste sie, mit ihrem fettglänzenden Puddinggesicht und den blond gebleichten Strähnchen, und war zunehmend gereizt. Dieses hässliche, tief ausgeschnittene T-Shirt, der enge, kurze Jeansrock, der eine unappetitliche Menge formloser Beine enthüllte – stramme Waden hätte seine Großmutter das genannt. Da blieb nichts der Fantasie überlassen.
Ihr Anblick erregte ihn, ließ die vertraute Lust wieder aufflammen. Er schloss die Augen und stellte sich vor, wie er sie an einen ruhigen Ort führte, sie gegen die Wand schleuderte und sich an sie presste, ihre Hände hinter ihrem Rücken festhielt, die andere Hand fest wie eine Schraubzwinge über ihrem Mund und ihrer Nase. Er war sehr viel stärker als sie. Er sah die Panik in ihren Augen, sie trat nach ihm und wand sich, wollte ihn beißen, ihr Gesicht lief erst rot, dann blau an, während sie um Luft kämpfte. Wie einen Schmetterling auf einer Nadel würde er sie so lange festhalten, wie es brauchte, bis sie endlich schwach und schlaff wurde. Dieser herrliche Moment, wenn das Licht verlosch. Dann der Ausdruck der Verwunderung, für immer auf ihrem Gesicht festgefroren, wenn er seinen Griff langsam löste. Genau wie bei der alten Hexe, seiner Großmutter. Wie kostbar ihm diese Erinnerung war.
Am Morgen war er zur Beichte gegangen, zum ersten Mal seit Wochen, und hatte sie in ihren schwarzen Witwenkleidern in einer Bank hocken sehen wie all die anderen alten Schachteln, die in der Kirche herumhingen, als wüssten sie nichts Besseres anzufangen mit ihrer Zeit. Sie hatte ihn nicht angeschaut – als wäre es ihr gleichgültig, dass er da war oder was er dem Priester erzählen könnte. Und so hatte auch er sie nicht beachtet, er war nach vorn gegangen, um vor dem Beichtstuhl zu warten, bis er an der Reihe war, ohne ihr die Genugtuung zu verschaffen, sich noch einmal umzudrehen. Als er wieder herausgekommen war, war sie weg gewesen. Aber zu Hause hatte er sie in ihrem Lieblingssessel aus rotem Samt vor dem Kamin angetroffen, hochmütig ignorierend, dass der Kamin leer und kalt war. Ihre Erscheinung hatte geflackert, durchsichtig wie eine Kerzenflamme, und sie hatte ihr verbittertes, gelbliches Gesicht langsam zu ihm gedreht, Boshaftigkeit in den Augen, und etwas zu ihm gesagt. Bastard. Das hatte sie gesagt, da war er sich sicher. Er war aus dem Zimmer gestürmt und hatte die Tür hinter sich zugeschlagen. Sie konnte ihn mal. Bastard. Der kleine Bastard. So hatte sie ihn immer genannt. Wie er sie hasste. Zu gern würde er sie noch einmal abmurksen, und noch mal und noch mal, wenn er nur könnte.
Das Verlangen war sehr viel schneller wiedergekommen als sonst, es schmerzte, nagte an ihm, pulsierte wie ein Herzschlag. Dieser Hunger, diese tiefe, magenverzerrende Begierde. Sie wurde stärker. Es gab nur einen Weg, damit umzugehen. Er musste neue Schauplätze finden und das Script ein wenig umschreiben, aber Improvisieren war eine Herausforderung, und er war sich sicher, dass die Befriedigung wieder genauso groß sein würde. Während er in Gedanken ein Szenario für die kleine Yolanda entwarf, erschien vor seinem inneren Auge unerklärlicherweise das Gesicht der Polizistin.
Zwanzig
Es war später Nachmittag, als Tartaglia den Anruf von Detective Inspector Mike Fullerton von der Kripo Hammersmith entgegennahm.
»Wir wissen, wer die Frau auf der Brücke war«, sagte Fullerton. »Sie heißt Kelly Goodhart. Eine amerikanische Anwältin, die in London lebte. Sie war Anfang vierzig und lebte allein in Kensington. Ihr Chef hat sie als vermisst gemeldet, und als die Kollegen von der dortigen Wache in ihre Wohnung gegangen sind, haben sie einen Abschiedsbrief gefunden.«
»Haben Sie ihre E-Mails schon durchgesehen?«
»Deshalb rufe ich Sie an. Sie hatte mit einem Typen vereinbart, sich umzubringen. Aber da ist noch mehr, und das riecht ziemlich faul. Am besten kommen Sie her und sehen sich das an.«
Eine Stunde später saß Tartaglia Fullerton gegenüber in dessen kleinem Büro unweit des Hammersmith Broadway und studierte die Ausdrucke der letzten E-Mail-Korrespondenz von Kelly Goodhart. Fullerton, runder Schmerbauch und schütteres, rotblondes Haar, wollte Ende des Monats in Pension gehen und
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