Komm stirb mit mir: Thriller (German Edition)
Donovan, mit Brille und dünnem, schulterlangem braunen Haar. Sie trug einen knallroten, weiten Pullover und einen ausgestellten grauen Cordrock, der bis an die Oberkante ihrer dicken Stiefel reichte.
Sie servierte Donovan Tee und Ingwerkekse, und sie setzten sich in das unaufgeräumte Wohnzimmer mit Blick auf den betonierten Vorgarten, Donovan auf dem Sofa, Nicola im Schneidersitz auf einem großen Bodenkissen, den Rock wie eine Decke über den Schoß gebreitet. Vor dem Fenster des düsteren Zimmers hing eine Girlande aus Topfpflanzen in Makramee-Ampeln, die einzige Lichtquelle war eine japanische Papierlaterne, die an der Decke baumelte.
Nicolas Art war prompt und effizient, nachdem Donovan ihr die Lage geschildert hatte. »Natürlich erinnere ich mich an Marion«, sagte sie und hielt Donovan den Teller mit den Keksen hin, bevor sie selbst einen nahm und abbiss. »Wir haben wochenlang zusammen in dieser winzigen Bude gehockt, und wir kannten beide sonst niemanden in London. Es war ein Glück, dass wir uns so gut verstanden haben.«
»Aber Sie wussten nicht, dass sie tot ist?«
Nicola schüttelte den Kopf. »Mein Fehler, wie immer.
Freundschaften pflegen ist nicht meine Stärke. Wir haben uns noch ein paar Mal getroffen, nachdem ich aus Ealing weggezogen war, aber ich habe damals in Dulwich gewohnt, weil ich dachte, da eine feste Arbeitsstelle bekommen zu haben, und da war es eine halbe Weltreise, sie zu treffen. Sie wissen ja, wie das ist. In dieser Stadt verliert man die Leute schnell aus den Augen, selbst die, die man mag. Danach haben wir noch ein paar Mal telefoniert und uns Weihnachtskarten geschrieben, aber mehr auch nicht. Jetzt, wo ich weiß, dass sie tot ist, habe ich ein schlechtes Gewissen.« Nicola schauderte und zog die Knie an die Brust, legte die Arme um die Beine und nahm einen Schluck Tee. »Vielleicht hätte ich mir etwas mehr Mühe geben sollen«, sagte sie nach einer Weile.
»Falls Ihnen das hilft: Ich glaube nicht, dass das viel geändert hätte.«
»Sie sagten, am Anfang hätten alle gedacht, sie habe Selbstmord begangen.«
»Ja. Wir wissen immer noch nicht genau, was wirklich passiert ist.«
»Sie hätte sich niemals selbst das Leben genommen, so viel ist sicher.«
»Wirklich? Karen und Marions Mutter haben ausgesagt, dass sie sehr unglücklich war.«
Nicola schüttelte abfällig den Kopf. »Das wären Sie auch, wenn Sie mit dieser grauenhaften Karen zusammenleben müssten. Und was Marions Mutter angeht: Ich glaube, die meiste Zeit weiß die nicht, ob Tag oder Nacht ist. Nach allem, was ich so mitgekriegt habe, hat die Frau nicht alle Tassen im Schrank. Ich hatte sie oft genug am Telefon, wenn Marion nicht da war, und ich war sehr froh, dass sie nicht meine Mutter war.«
»Soll das heißen, Marion war gar nicht unglücklich?«
»Jeder, der neu nach London kommt, ist einsam. Oder sagen wir, die meisten«, fügte sie hinzu und steckte sich einen Keks in den Mund. »Aber was ich meine: Marion konnte noch so unglücklich sein, sie hätte nie Selbstmord begangen. Sie war schwer christlich. Sie ist mindestens zweimal die Woche in die katholische Kirche bei uns um die Ecke gegangen. Und genau wie Sex vor der Ehe, Verhütung und Abtreibung ist Selbstmord für die eine Todsünde, oder nicht?«
Donovan zuckte mit den Schultern. Ihre Eltern waren Atheisten, und sie hatte nur eine vage Vorstellung vom Katholizismus.
»Schade nur, dass die Priester das mit der Pädophilie anscheinend anders sehen«, fuhr Nicola fort, nahm sich noch einen Keks und tunkte ihn tief in den Tee. »Scheinheilige Arschlöcher.«
Donovan leerte ihre Tasse und stellte sie auf dem Fußboden ab, weil sich kein anderer Platz bot. »Wann haben Sie zuletzt von Marion gehört?«
»Gott. Das ist ewig her. Mindestens zwei Jahre. Ich bin oft umgezogen und habe eine Million Mal den Handyvertrag gewechselt. Wahrscheinlich wusste sie einfach nicht, wo ich abgeblieben war. Selbst meine Mutter hat da so ihre Schwierigkeiten.«
»Und in Ealing – sind Sie und Marion da oft zusammen ausgegangen?«
»Wir waren ein paar Mal auf ein Bier im Pub um die Ecke, oder im Kino. Aber meistens sind wir zu Hause geblieben und haben ferngesehen oder gelesen. Wir hatten beide nicht viel Geld. Karen war meistens unterwegs, Gott sei Dank, und wir haben oft und gern zusammen gekocht, wobei Marion die meiste Arbeit gemacht hat. Wir haben Kochsendungen geguckt, Ready Steady Cook und so, und die Rezepte ausprobiert. Im Gegensatz zu mir war Marion
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