Komm, trau dich
wirkte er bemerkenswert gefasst, wenn man die Umstände bedachte.
„Ich ... ich ..."
„Wissen Sie", sagte er ruhig. „In all den Jahren, die ich diesen Aufzug nun schon nehme, habe ich hier nie jemanden kennen gelernt.
Wenn es Sie tröstet, Ihre Art, sich vorzustellen, ist unschlagbar."
„Es tut mir ja so Leid", hauchte sie. „Es war ein Missverständnis. Sie sollten eigentlich jemand anders sein."
Der Mann lachte. „Dann ist heute wohl mein Glückstag."
Sie blinzelte verwirrt. „Sie werden also nicht die Polizei rufen?"
Er schüttelte den Kopf. „Warum? Wollten Sie mich denn ausrauben?"
„Aber, nein!"
„Gut. Denn dafür brauchten Sie sehr viel mehr Übung."
Als der Aufzug wieder stehen blieb, konnte sie sich nicht bewegen, obwohl sie sich nichts sehnlichster wünschte, als die Beine in die Hand zu nehmen und um ihr Leben zu laufen. Der weißhaarige Herr ging an ihr vorbei, und während neue Leute eintraten, holte er eine Visitenkarte aus seiner Jackentasche.
„Für alle Fälle", sagte er freundlich.
Zu ihrer unendlichen Erleichterung ging er, und die Tür schloss sich hinter ihm. Erst zwei Stockwerke weiter oben blickte sie auf die Visitenkarte. „John Farmer, Rechtsanwalt." Lee schloss die Augen und seufzte. Wenn sie Trevor töten sollte, würde sie wenigstens einen mitfühlenden Anwalt auf ihrer Seite haben.
Trevor sah sie aus dem Aufzug kommen, und Lee entdeckte ihn nur Sekunden danach. Er erkannte ein wenig zu spät, dass er hätte fliehen sollen, solange er noch Zeit dazu gehabt hatte. Wenn Blicke töten könnten, läge er jetzt leblos auf dem Boden.
Sie kam auf ihn zu und schwang bedrohlich ihre Handtasche. Er wich zurück und stieß gegen den Zeitungsstand hinter ihm. „Ich habe versucht, dich zu warnen", verteidigte er sich.
„Nein." Allein dieses eine Wort war eine Warnung, die ein kluger Mann nicht ignoriert hätte.
„Ich habe dir gesagt, dass du einen Fehler machst."
Als Antwort schlug sie ihm mit der Tasche gegen die Schulter. Und zwar ziemlich brutal.
„Au!"
„Ach, halt den Mund. Ich könnte dich umbringen."
„He, warum gibst du mir die Schuld? Ich war doch nicht derjenige, der Fummeln-im-Aufzug spielen wollte."
„Ich habe mich in meinem ganzen Leben noch nie so geschämt.
Verdammt, Trevor, warum hast du das zugelassen?" Sie schlug ihn wieder. Auf die gleiche Stelle.
Er stöhnte und hielt ihr die andere Schulter hin, worauf sie ihm noch einen Schlag versetzte. „Bist du fertig?"
„Nein, ich werde dich zusammenschlagen, du gemeiner Kerl! Du verdienst viel Schlimmeres. Du hättest mich aufhalten können."
Er grinste. „Aber das hätte keinen Spaß gebracht."
Lee verschränkte die Arme vor der Brust, und er atmete auf.
„Ich glaub' s einfach nicht. Von allen widerlichen, hinterhältigen, ekelhaften ..."
„Jetzt ist es also meine Schuld? Du hast dir diese Grube selbst gegraben."
„Ich werde dir zeigen, was eine Grube ist", sagte sie wütend und holte wieder mit der Tasche aus.
Er wich aus und schob den Zeitungsstand beiseite, um zur Eingangstür zu fliehen, ließ Lee dabei aber keinen Moment aus den Augen. „Komm schon, Lee. Du musst doch zugeben, es war witzig."
„Witzig? Witzig! Ich habe einen wildfremden Mann im Aufzug befummelt, und du findest das amüsant?"
„Um die Wahrheit zu sagen, ja."
Lee ging erneut zum Angriff über. Trevor duckte sich, aber die Tic -
Tac-Auslage hinter ihm zog bei seinem Verteidigungsmanöver den Kürzeren. Unzählige kleine Pfefferminzkügelchen flogen durch die Gegend. Lee war alles egal. Säe wollte Köpfe rollen sehen - oder vielmehr einen ganz bestimmten Kopf.
„Ich hab doch nur Spaß gemacht!" rief Trevor und hielt beschwichtigend die Hände hoch. „Ich habe deshalb nichts gesagt, weil ich nicht wusste, wie ich es tun sollte, ohne dich in Verlegenheit zu bringen."
„Oh, natürlich! Wie aufmerksam von dir. Mich mit einem fremden, sexuell erregten Mann in einem so engen Raum allein zu lassen war natürlich sehr viel besser."
„Aber, Liebling, so wie du ihn in der Hand hattest, hätte er sicher nichts getan, um dich wütend zu machen."
„Das ist nicht der springende Punkt. Du hättest mich stoppen müssen."
Er erkannte, dass sie einigen Dampf verloren hatte. Dem Himmel sei Dank. Wenn sie sich nicht bald fing, würde man noch die Polizei auf sie hetzen. Er begann die Tic -Tac-Behälter aufzuheben, während Lee die Hände vors Gesicht geschlagen hatte.
Nachdem der angerichtete Schaden einigermaßen
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