Komm und küss mich!: Roman (German Edition)
wieder, weil Teddy ihre ganze Aufmerksamkeit in Anspruch nahm. Es dauerte eine ganze Weile, bis sich beide soweit beruhigt hatten, daß sie wieder sprechen konnten. Sie bemerkte, daß Teddy mit kleinen roten Pusteln übersät war und sich ständig kratzte. »Du hast Ketchup gegessen! Warum hast du das getan, Baby?« Sie ließ die Hand unter sein T-Shirt gleiten und streichelte ihm sanft den Rücken.
»Mom, ich will nach Hause!« flüsterte Teddy.
Wie sollte sie es ihm sagen? Gestern abend hatte sie sich vorgenommen, Teddy erst in New York die Wahrheit zu sagen. Aber jetzt wußte sie, daß sie nicht länger damit warten durfte.
Teddy gegenüber hatte sie nie zu Notlügen gegriffen, mit denen andere Mütter sich das Leben erleichterten. Nicht einmal den Weihnachtsmann hatte sie überzeugend verkaufen können. Jetzt war er auf die einzige Lüge ihres Lebens gestoßen, und es war ein absoluter Knaller.
»Teddy«, begann sie und drückte ihm die Hände. »Wir waren uns immer einig, daß man unbedingt die Wahrheit sagen muß. Manchmal ist das für eine Mutter aber sehr schwer, wenn das Kind es noch nicht verstehen kann.«
Ohne Vorwarnung zog Teddy hastig seine Hände zurück und sprang vom Bett auf. »Ich muß zu Skeet«, sagte er. »Er wartet unten auf mich. Ich muß weg.«
»Teddy!« Francesca sprang auf und packte ihn am Arm, bevor er die Tür erreichen konnte. »Teddy, ich muß mit dir reden.«
»Ich will aber nicht«, murmelte er.
Er weiß es, dachte Francesca. Unterschwellig weiß er schon, daß ich ihm etwas sagen will, das er nicht wissen will. Sie legte die Arme um seine Schultern. »Teddy, es geht um Dallie.«
»Ich will nichts hören!«
Sie drückte ihn fester an sich, flüsterte in sein Haar. »Vor langer Zeit haben Dallie und ich uns gekannt, mein Schatz. Wir – wir haben uns geliebt.« Schon wieder eine Lüge! Aber es war besser, als den Jungen zu überfordern. »Mit uns beiden hat es nicht geklappt, darum haben wir uns wieder getrennt.« Sie kniete vor ihm nieder und sah ihm fest in die Augen. Sie faßte ihn an den Handgelenken, als er sich von ihr losreißen wollte. »Teddy, was ich dir von deinem Vater erzählt habe, daß er in England gestorben ist –«
Teddy schüttelte den Kopf, sein Gesicht war ganz verzerrt vor Kummer. »Ich muß weg, ich meine es ernst, Mom! Dallie ist doof! Ich hasse ihn!«
»Teddy –«
»Nein!« Unter Aufbietung aller Kräfte gelang es ihm, sie abzuschütteln und aus dem Zimmer zu rennen. Sie hörte, wie er wütend die Treppe hinunterstampfte.
Sie richtete sich wieder auf. Ihr Sohn, der auf alle Männer flog, die ihm in seinem Leben begegneten, lehnte Dallie Beaudine ab. Einen kurzen Augenblick empfand sie so etwas wie Schadenfreude, dann aber machte sie sich klar, daß Dallie von jetzt an eine Rolle in Teddys Leben spielen würde, ob es ihr nun paßte oder nicht. Wie würde ihr Sohn die Tatsache aufnehmen, daß Dallie sein Vater war?
Sie stand auf, um sich anzuziehen. Dallies Gesicht kam ihr wieder in den Sinn, als er sie mit Teddy von der Tür aus beobachtet
hatte. Der Gesichtsausdruck war ihr seltsam vertraut, er erinnerte sie an die jugendlichen Mädchen, die ihr abends vor dem Studio auflauerten.
Ach was, das war doch nur Einbildung! Dallie Beaudine war kein jugendlicher Ausreißer. Warum auch nur einen Augenblick der Sympathie an einen Mann verschwenden, der kaum besser war als ein gewöhnlicher Krimineller!
Sie warf einen Blick in das Nähzimmer und vergewisserte sich, daß Doralee noch schlief. Dann rief sie das Jugendamt an und vereinbarte einen Termin. Danach suchte sie Teddy. Er saß auf einem Hocker an einer Werkbank, wo Skeet gerade den Kopf eines hölzernen Golfschlägers mit Sandpapier abrieb. Keiner von beiden sprach, aber das Schweigen war nicht feindseliger Natur. Sie sah verdächtige Spuren in Teddys Gesicht und legte ihm den Arm um die Schultern. Sie hatte Skeet seit zehn Jahren nicht gesehen, doch er nickte ihr so beiläufig zu, als ob es nur zehn Minuten gewesen wären. Sie nickte zurück. »Teddy assistiert mir, ich muß die Schläger wieder aufpolieren«, erklärte Skeet. »Die meisten Kinder würde ich da nicht ranlassen, aber Teddy ist der vernünftigste Junge, den ich kenne. Er weiß, wann er reden soll und wann er den Mund halten muß. So ein Mann gefällt mir.«
Dafür hätte Francesca Skeet küssen können, ersatzweise drückte sie die Lippen auf Teddys Kopf.
»Ich will nach Hause«, sagte Teddy abrupt. »Wann fahren wir?« Und
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