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Komm wieder zurück: Roman

Komm wieder zurück: Roman

Titel: Komm wieder zurück: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Reed
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geworden.
    »Frohe Weihnachten«, sagte er.
    Er trug eine Jeansjacke, und sein Haar war etwas länger als das letzte Mal. Ohne die Sommersonne waren seine Sommersprossen blass. Er war größer und roch sogar noch besser als nach Weichspüler. Sie stellte sich vor, dass seine Tante ihm vorzeitig Aftershave schenkte, um den Geruch der anderen Pinckneys im Zimmer zu überlagern.
    Er drückte ihr den Weihnachtsstern in die Hände. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Ihr Verstand setzte aus. Das rote Cellophan machte sie verlegen, als es in der Stille knisterte.
    Seine Tante wartete im Wagen in der Auffahrt. Sie trug ein rotes Halstuch und ähnelte Sabrina Duncan noch mehr.
Charlies Engel
. Am Steuer bereit. Sie winkte in Richtung Windschutzscheibe. Annie winkte zurück. Die Beatles spielten laut in der Stereoanlage im Wagen.
    »
Sergeant Pepper’s Lonely Hearts Club Band
«, sagte Annie.
    »Sie liebt die Beatles.«
    »Nicht schlecht.«
    »Nein.« Er lächelte. »Hörst du viel Musik?«
    »Die ganze Zeit.«
    »Spielst du ein Instrument?«
    »Gitarre.«
    Er schien überrascht. Vielleicht hätte er Querflöte als Antwort erwartet. »E-Gitarre?«, fragte er.
    Sie lachte. »Eine akustische. Ich glaube, für eine E-Gitarre könnte ich nicht mal einen Song schreiben.«
    »Du schreibst auch Songs?«
    »Ein bisschen.« Obwohl sie in Wahrheit kaum etwas anderes tat.
    Plötzlich stand Calder hinter ihr. Zu dieser Jahreszeit klopfte der Briefträger an die Tür und brachte ihnen Geschenke von den Verwandten oben im Norden. Nageletuis und Badeschaum für Annie, Geldbörsen und Taschenlampen für Calder. Er hatte wieder einmal ein Weihnachtspäckchen mit Sachen erwartet, die sie nie benutzen würden, aber da stand ein Jugendlicher, und Annie hielt einen Weihnachtsstern in der Hand.
    Joshua trat einen Schritt zurück und grüßte Calder mit einem leichten Nicken. »Frohe Weihnachten!«, sagte er.
    Annie musterte die samtenen roten Blütenblätter. Ihr wurde heiß. »Erinnerst du dich an Josh Pinckney?«, fragte sie, während ihr der Schweiß ausbrach. Die Zunge klebte ihr am Gaumen. »Er heißt jetzt Joshua.« In Calders Miene spiegelte sich Erkennen, und sie merkte, dass er versuchte, ruhig zu bleiben.
    Calder war größer als Joshua, hatte aber fast den gleichen Brustumfang, was über keinen von beiden viel aussagte.
    »Ach«, sagte Calder. »Wie schön.« Er sah zu Joshuas Tante im Wagen hinüber, drehte sich dann zur Küche um, und Annie wusste, dass er unbeobachtet zwinkern wollte.
    Joshua sah auf den Garten hinaus, während seine Tante damit beschäftigt war, in ihrer Handtasche auf dem Armaturenbrett zu kramen. Annie hatte keine Ahnung, was von ihr erwartet wurde. Sie verstand nicht, warum er da war.
    Auch sie sah auf ihren Garten hinaus, überwuchert und voller Totholz. Ihr Blick wanderte zu den dahinter liegenden Wäldchen, und sie räusperte sich. Joshua tat dasselbe. Der Himmel schien hoch und leer. Kalt, klar und blau.
    »Also. Wie gehts denn so?«, fragte sie endlich.
    »Gut. Ich war gerade … Wir haben unterwegs angehalten und ein paar von denen hier mitgenommen.« Er deutete auf den Weihnachtsstern. »Ich hab mir gedacht, ich schau mal rein.« Er nickte ständig, und sie nickte mit.
    Er sah zu seiner Tante. Sie lächelte entschuldigend und klopfte auf ihre Uhr.
    »Ich kann nicht länger bleiben.« Er beugte sich zu ihrem Ohr hinunter. Eine Sekunde lang dachte sie, er wollte sie küssen. Sie war noch nie geküsst worden. Sie erstarrte vor Angst. »Unter dem Cellophan steckt eine Nummer«, flüsterte er und legte seine Hand auf ihre, die den Weihnachtsstern hielt. Er ließ sie lange genug dort, um sie darüber nachdenken zu lassen, wann jemand sie das letzte Mal angefasst hatte. Es musste Jahre her sein, doch es kam ihr vor, als hätte sie überhaupt noch nie so etwas Zärtliches gespürt. Er zog seine Hand weg, und kalte Luft strich an der Stelle vorbei, wo sie gelegen hatte. Er richtete sich auf und sagte: »Im Herbst komme ich in die Oberstufe.«
    »Wie schön. Dann bist du ja fast fertig.«
    »Ich habe einen Platz auf einer Privatschule in Nordflorida bekommen. Da gehe ich dann hin«, sagte er, und plötzlich hatte sie das Gefühl, die ganze Zeit darauf gewartet zu haben, dass er hier aufkreuzte, obwohl sie gar nicht viel an ihn gedacht hatte; doch in diesem Moment schien es, als hätte sie jeden Tag an ihn gedacht, und jetzt, wo er endlich gekommen war, dann nur, um ihr mitzuteilen, dass er wegging.

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