Komm wieder zurück: Roman
quälte sie sich, völlig verwirrt – sie musste an seine Hand denken, die sich von ihrer löste, an den so realen Traum, wie sie sich küssten, bevor er im eigenen Wagen wegfuhr. Immer wieder trieb es sie vor die Schlafzimmertür ihrer Mutter, beseelt von dem starken Wunsch anzuklopfen, sie herauszuzerren, mit ihr über dieses Meer seltsamer Gefühle zu reden, in dem sie trieb.
Eine Woche nachdem Joshua mit dem Weihnachtsstern auf ihrer Veranda gestanden hatte, brachte sie endlich den Mut auf, bei den Pinckneys anzurufen.
Gabe antwortete, und sie hätte beinahe aufgelegt.
»Wer ist denn da?«, fragte er, als sie nichts sagte.
»Ich suche Joshua. Ich weiß, dass er nicht hier wohnt, aber vielleicht könntest du mir seine Nummer in Tampa geben?«
»Wer ist denn das?«
»Rebecca.«
»Rebecca und wie weiter?«
»Washington«, sagte sie. Rebecca war ein stilles Mädchen aus der Schule, Annie kannte sie aus vielen gemeinsamen Unterrichtsstunden, aber sie wusste über Rebecca nicht mehr als vermutlich jeder andere, einschließlich Gabe.
»Ey,
Rebecca
«, sagte Gabe. »Schade, dass ich so lange nicht mehr das kleine Muttermal auf deinem Rücken gesehen habe, das über deinem Schlüpfer.«
In der Tat,
Annie
hatte ein Muttermal oberhalb des Schlüpfers. Nicht nur wusste er, dass sie es war, die anrief, sie war auch bestürzt zu erfahren, dass die Kinder in der Schule das Mal immer gesehen haben mussten, wenn sie sich auf ihrer Schulbank vorbeugte, und sie war doppelt entsetzt.
»Komm schon, Annie. Was hast du denn gemacht? Hast du die Nummer verloren, die er dir gegeben hat?«
Sie holte tief Luft und knallte den Hörer auf. Sie setzte sich aufs Bett und starrte den Weihnachtsstern an. Sie achtete darauf, ihn jeden Tag zu gießen, seit Joshua ihn ihr geschenkt hatte. Ihr wurde speiübel bei dem Gedanken, dass er mit Gabe über sie gesprochen hatte. Spielte er mit ihr? War dies alles ein Trick, um sich endlich an ihr zu rächen, weil sie ihn verprügelt hatte? Hatte er ihr damals das Leben gerettet, damit er ihr eines Tages auf andere Art wehtun konnte?
Sie stampfte mit dem Weihnachtsstern nach draußen und warf ihn in die Mülltonne. Wütend und verletzt, regte sie sich so auf, dass der Gestank aus der Tonne genügte, um sie die Fischstäbchen verlieren zu lassen, die sie zum Dinner gegessen hatte. Dann ließ der Geruch des Erbrochenen auch den restlichen Mageninhalt hochkommen, und es erging ihr nicht anders als ihrer Mutter im Suff. Sie erbrach sich, bis Grünes herauskam. Sie spie die bittere Gallenflüssigkeit aus und schob mit dem Fuß Erde über die ganze Bescherung, um sie vor Opossums und Waschbären zu verstecken. Als sie sich wieder umdrehte, beobachtete Calder sie vom Küchenfenster aus, und bevor sie die Tür erreichte, war er schon da.
»Bist du okay?«
»Du hattest recht«, sagte sie. »Du hattest recht, und ich habe mich in ihm getäuscht.«
»Wen meinst du denn?«
»Joshua.«
»Was hat er denn getan?«
»Er ist ein Pinckney«, sagte sie, und sie spürte, wie sie langsam darüber hinwegkam.
Sie putzte sich die Zähne, schloss sich in ihrem Zimmer ein und legte alles, was sie hatte, in ihr Gitarrenspiel. Zum ersten Mal in ihrem Leben wurde ihr klar, wie viel sie von Musik verstand und wie sehr sie die Musik liebte, und sie fühlte, dass es dafür keine Grenzen gab.
Wenige Tage später ließ Joshua Pinckney seine Hand in ihre Hose gleiten, und immer wenn er wieder weg war, steckte sie ihre eigene hinein und wünschte, es wäre seine.
Es begann an dem Sonnabend nach ihrem Telefongespräch mit Gabe. Joshua bekam den Führerschein wie in ihrem Traum. Er lieh sich den Wagen seiner Tante und fuhr zwei Stunden, um Annie zu besuchen.
Sie knallte ihm die Tür vor der Nase zu.
Er klingelte, und Calder öffnete sie wieder, obwohl Annie ihn bat, es nicht zu tun. »Lass zum Teufel noch mal die Finger von meiner Schwester, Joshua Pinckney«, sagte Calder, und sie fand es gut, dass er das sagen konnte.
Dann hörte sie Joshua, er stand nicht weit von ihr, gleich um die Ecke. »Es tut mir leid. Hab ich denn was falsch gemacht?«
»Wir haben keine Zeit, alles aufzuzählen, was du falsch gemacht hast«, sagte Calder.
»Ich möchte nur mit Annie reden.«
»Tja, das wird aber nicht passieren.«
Es wurde still, und Annie nahm an, dass sich die beiden ein Blickduell lieferten. Plötzlich hatte sie Angst, sie könnten sich ihretwegenprügeln; darum kam sie aus ihrer Ecke heraus und sagte: »Ich glaube
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