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Komm zu mir, Schwester!

Komm zu mir, Schwester!

Titel: Komm zu mir, Schwester! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois Duncan
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pflegten.
    Â»Dieses Jahr nicht«, wollte ich schon sagen, aber dann sah ich dieses erwartungsvolle Strahlen in ihrem Gesicht und brachte es nicht fertig, sie zu enttäuschen. Wir gingen eines Nachmittags nach der Schule in die Stadt und stöberten in den Läden herum, wo Meg ihre Wahl traf.
    Â»Das ist alles so schön, ich kann mich gar nicht entscheiden«, sagte sie immer wieder.
    Meine eigenen Einkäufe waren schnell und ohne besondere Freude erledigt – T-Shirts im Partnerlook für meine Eltern, ein Spiel für Neal und ein grauer Plüschseehund für Megans Tiersammlung. Den bezahlte ich heimlich, als sie mir den Rücken zudrehte, und ließ ihn schnell in den Tiefen meiner Tasche verschwinden. Ich fand einen smaragdfarbenen Schal, der das perfekte Geschenk für Helen gewesen wäre, kaufte ihn aber nicht. Obwohl ich lange davor stand und ihn anschaute, bevor ich mich dazu entschloss, ihn wieder aus der Hand zu legen.
    Â»Der ist schön«, sagte Meg. »Ja«, sagte ich und wandte mich ab. Ich konnte mich nicht dazu überwinden, Gott ein Ultimatum zu stellen.
    Jeden Tag rief entweder ich oder Mom im Krankenhaus an. Es gab nichts Neues. Helens Vitalzeichen waren nach wie vor »stabil«. Sie lag immer noch bewusstlos auf der Intensivstation.
    Am Tag vor den Weihnachtsferien wurde ich ins Schulbüro gerufen, wo Mr Tuttle schon auf mich wartete. Er hielt eine kleine Schachtel in der Hand, die in Silberpapier gewickelt war.
    Â»Helens Mutter hat ihre Sachen durchgesehen«, sagte er. »Dabei hat sie das hier gefunden. Dein Name steht drauf.«
    Â»Oh … bitte … nicht!« Das war wie ein Schlag in den Bauch. Ich bekam keine Luft mehr. »Ich kann kein Geschenk annehmen. Nicht jetzt. Nicht unter diesen Umständen.«
    Â»Sie wollte, dass du es bekommst, sonst hätte sie es nicht gekauft.« Mr Tuttle drückte mir das Päckchen in die Hand. Er sah müde aus und hatte Falten um Mund und Augen, die ich vorher nie gesehen hatte. »So war sie, unsere Helen. Sie hat immer alles ganz früh erledigt. Ich hab nie erlebt, dass sie sich mal verspätet hat. Du etwa?«
    Â»Nein«, sagte ich. »Nie.« Ich war total erschüttert, dass er die Vergangenheitsform benutzt hatte.
    Â»Ich bin zur Schule gekommen, weil ich sicher sein wollte, dass du das hier bekommst«, sagte Mr Tuttle. »Ich wollte mich verabschieden. Wir lassen Helen in das Duke University Hospital in North Carolina verlegen. Da gibt es Ärzte, die auf Kopfverletzungen spezialisiert sind.«
    Â»Sie bringen sie weg von hier?« Mir war nie in den Sinn gekommen, dass Helen nicht mehr in unmittelbarer Nähe sein könnte. »Aber Sie kommen doch wieder, oder? Sobald es ihr besser geht?«
»Das ist nicht sehr wahrscheinlich«, sagte Mr Tuttle.
    Â»Aber Sie haben hier doch Arbeit und ein Zuhause!«
    Â»Das Stadthaus haben wir gemietet – und eine Lehrerstelle ist wie die andere.« Er schüttelte den Kopf. »Wir sind hierhergezogen, weil wir dachten, es würde Helen guttun. Wir haben uns geirrt.«
    Â»Dann ziehen Sie also wieder in den Westen?«
    Â»Das weiß ich noch nicht. Das Wichtigste ist, Helen die beste Behandlung zu verschaffen. Wir nehmen uns erst mal eine Wohnung in der Nähe des Krankenhauses und warten ab, wie sich die Dinge entwickeln. Die Schule hier hat mich von meinem Vertrag entbunden, und meine Frau und ich können beide als Aushilfslehrer arbeiten, bis wir in der Lage sind, weitere Pläne zu machen.«
    Hilflos schaute ich ihn an. »Würden Sie mich anrufen oder mir mailen, damit ich weiß, wie es Helen geht?«
    Â»Wenn es etwas Konkretes zu berichten gibt.«
    Â»Sie haben meine Mailadresse und die Telefonnummer?« Ich konnte ihm ansehen, dass er sie nicht hatte.
    Â»Zurzeit denke ich nicht allzu klar«, sagte er entschuldigend. »Es ging alles so schnell.«
    Ich riss eine Seite aus meinem Heft und schrieb meine E-Mail-Adresse und Telefonnummer auf. Mr Tuttle faltete den Zettel und steckte ihn in die Tasche, und da würde er ihn wahrscheinlich vergessen.
    Â»Ich wünsche dir frohe Weihnachten«, sagte er. »Und die besten Grüße an deine Mutter. Sie ist eine nette Frau. Es tut mir leid, dass wir nie die Gelegenheit hatten, uns wirklich kennenzulernen.«
    Wir verabschiedeten uns und ich steckte das Päckchen in meine Tasche und ging wieder zurück in den Unterricht. Zu

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