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Komm zu mir, Schwester!

Komm zu mir, Schwester!

Titel: Komm zu mir, Schwester! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois Duncan
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plötzlich herum, ließ das Fahrrad auf den Boden fallen und rannte aufs Haus zu.
    Â»Laurie!«, rief noch jemand. Und das klang nicht fragend, sondern verzweifelt. Das war auch niemand von meiner Familie, trotzdem war es eine Stimme, die mich anzog. Wer … warum …?
    Dann erinnerte ich mich wieder.
    Es war wie das Erwachen aus einem Traum vom Fliegen.
    Ich bin hier, Jeff. Ich bin hier! , antwortete ich stumm.
    Ich glitt nach unten, die Felsen stellten kein Hindernis dar, boten keinen Widerstand, ich fühlte mich wie von einer enormen magnetischen Kraft angezogen. Ich hätte mich nicht dagegen zur Wehr setzen können, selbst wenn ich es versucht hätte. Mit einem Ruck fuhr ich wieder in den Körper des Mädchens Laurie Stratton – und ich wurde Laurie Stratton.
    Â»Stirb nicht, verlass mich nicht!«, flüsterte Jeff.
    Â»Das tu ich nicht. Ich bin wieder da. Es ist alles in Ordnung.« Mehr konnte ich ihm nicht sagen. Ich klammerte mich an ihn dort unten in der Dunkelheit, bis der Kopf meines Vaters und seine Schultern als dunkle Silhouette vor dem Himmel über uns auftauchten.

FÜNFZEHN
    SIE ZOGEN UNS AN SEILEN HOCH . Jeff machte das weniger aus als mir, denn er war bewusstlos. Ein ganzes Rettungsteam hatte sich zusammengefunden, und Tommy Burbanks wurde zu uns runtergelassen, um uns zu helfen. Er murmelte immerzu: »Verdammt noch mal, Laurie. Du lebst doch schon dein ganzes Leben hier draußen. Wie konntest du dich so in Schwierigkeiten bringen?« Jeff war ohnmächtig geworden, bevor die Gurte unten ankamen, man konnte ihn also ohne Probleme ins Geschirr schnallen. Bei mir war das anders, ich schrie mir die Lunge aus dem Hals.
    Das Lächerliche daran war, dass ich nicht mal schlimm verletzt war. Wir wurden beide ins St.-Josephs-Krankenhaus gebracht, aber ich wurde noch am selben Nachmittag entlassen. Meine Schulter war geschwollen und voller blauer Flecke, aber sonst fehlte mir nicht viel. Jeff hatte sich das Bein gebrochen und er litt an Unterkühlung. Ich durfte also nach Hause und Jeff nicht. Tage vergingen, bevor ich ihn wiedersah.
    Tage vergingen, bevor ich überhaupt etwas sah. Die Schmerzen in meiner Schulter standen in keinem Verhältnis zu der Schwere der Verletzung, und der Arzt verschrieb mir Tabletten, die mich komplett außer Gefecht setzten. Ich erinnere mich kaum noch an diese Zeit, ich weiß nur so viel: immer wenn ich »Mom?« murmelte, bekam ich eine weitere Tablette in den Mund gesteckt.
    Â» Schlaf, mein Schatz«, sagte meine Mom immer, und ihre Worte gingen wie eine Melodie in mein Unterbewusstsein ein. »Schlaf, mein Schatz, schlaf und werde bald gesund.«
    Also schlief ich. Und als ich schließlich wieder aus den Tiefen auftauchte, hatte ich das Gefühl, auf einer langen Reise gewesen zu sein.
    Â»Jeff?«, fragte ich. »Wie geht es Jeff?«
    Â»Besser, als unter den gegebenen Umständen zu erwarten war«, sagte Dad. »Vermutlich kommt er morgen wieder nach Hause.«
    Â»Wie schlimm steht es um sein Bein?«
    Â»Das war ein einfacher Bruch, aber der Junge wäre fast erfroren. Ist dir klar, dass er fast vierundzwanzig Stunden in diesem Loch festsaß? Noch eine Nacht hätte er nicht überstanden. Und wenn Neal dich nicht hätte fallen sehen, dann hättest du mit ihm sterben können.«
    Â»Neal hat gesehen, wie ich gefallen bin?«
    Â»Er hat sein Rad den Pfad hochgeschoben und dich draußen auf den Felsen gesehen. Es kam gerade Nebel auf, und zuerst dachte er, es wäre eine Sinnestäuschung. Dann wurde ihm klar, dass du es wirklich warst, und einen Augenblick später warst du verschwunden. Er hat sich zu Tode erschreckt.«
    Â»Deshalb hast du uns also gefunden«, sagte ich.
    Â»Neal ist reingerannt und hat mich geholt, und wir beiden haben uns die Stelle angesehen, an der er dich gesehen hatte. Dort klaffte ein riesiges Loch, das runter ins Nichts führte. Es war wie ein Wunder, als ich dich rufen hörte.«
    Â»Wie bist du überhaupt darauf gekommen, dort rauszugehen?«, fragte Mom. »Du wusstest doch, wie gefährlich das ist.«
    Â»Ich hatte die Bücher gefunden, die Jeff mir am Abend davor gebracht hatte«, sagte ich. »Sie lagen am Ende des Pfades. Und da hatte ich nur noch den Gedanken, dass er bis an den Rand des Kliffs gegangen sein könnte, wo er ausgerutscht und abgestürzt war.«
    Â»Wenn das der Fall gewesen wäre, hättest du

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