Komm zurueck, Como
eine wichtige Rolle gespielt haben. Von den vielen Orten, an denen die Familie Noble im Lauf der Jahre gelebt hatte– ihr Ehemann war Ingenieur bei Boeing gewesen–, war Sallys Mutter Marty offensichtlich in New Orleans am glücklichsten gewesen. Dorthin nämlich ging sie, um nach einem Hund zu suchen, als wollte sie sich auf ihre guten Zeiten besinnen. Einer ihrer dortigen Freunde kannte jemanden, der französische Zwergpudel züchtete. » Es dauerte nicht lange«, erinnerte sich Sally, » da fuhr Mom mit uns zum Flughafen raus, um Beau abzuholen.«
Beau war die Abkürzung von Beauregard, was wiederum die Abkürzung für Pierre Beauregard war. Und das war die Abkürzung für Pierre LaPierre Beauregard.
Beau war eine echte Nummer, ein reinrassiger Pudel mit Stammbaum und so französisch wie der Eiffelturm oder ein croque-monsieur. Er war mit Bändern und Schleifen geschmückt, als er auf dem Seattle-Tacoma International Airport landete. Der Flug von New Orleans war nicht so einfach über die Bühne gegangen. Sobald Beau aus seiner Kiste entlassen worden war, setzte er sich zu Sally auf den Rücksitz, die versuchte, das sehr nervöse Tier zu beruhigen, während sie von Seattle nach Hause nach Bellevue fuhren, einem Vorort auf der anderen Seite des Lake Washington.
Da Sallys Schwester, Nancy, damals bereits auf dem College war, genoss Sally den Luxus, die konkurrenzlose Spielgefährtin des neuen Mitbewohners zu werden. Doch so wie Gengy unmissverständlich der Hund meines Vaters war, gehörte Beau zu Marty. Sie war diejenige, die ihn fütterte, ihn stubenrein machte und mit ihm die meiste Zeit spazieren ging. Als Beau in Sallys Leben trat, ging Sally in die neunte Klasse und war, ebenso wie Judy und ich, bereits so alt, dass sie andere Dinge im Kopf hatte, nicht zuletzt einen ziemlich hübschen Freund, mit dem sie eine ernste Beziehung führte– derjenige, mit dem sie sich immer noch abplagte, als wir uns kennenlernten.
Marty, von Natur aus ein geselliger Mensch, bot der Hund Gesellschaft während der langen Tage an einem Ort, an dem sie noch nicht die Art von Freundschaften geschlossen hatte wie in New Orleans. Auf einem von Sallys kostbaren Familienfotos trägt ihre Mutter eine marineblaue Bluse mit großen, weißen Punkten und streckt ihren Arm zu Beau aus, der auf den Hinterpfoten steht, seine Aufmerksamkeit auf ihre fest geschlossene Hand gerichtet, in der sie eine Belohnung hält. Ich habe Sallys Mutter leider nicht kennengelernt; sie starb 1977 , zwei Jahre nach meiner ersten Begegnung mit Sally. Doch dieser Schnappschuss vermittelt mir ein Gefühl für diese Frau. Ihr völlig auf den Hund konzentrierter Blick und die Freude, die ihr das dichte, graue Fell, die sanft gesprenkelten Ohren und die großen, wachsamen Augen machten, sind unverkennbar.
Doch auch Beau hatte seine dunkle Seite. Anders als Gengy, der seine Wut gegen Besucher richtete, richtete Beau den Schaden im näheren Umkreis an und biss hin und wieder die einzelnen Familienmitglieder. Auf Sallys kleinem Zeh des rechten Fußes prangt noch immer eine kleine Narbe als Zeichen einer Kampfwunde. Beau schnappte nach ihr, als sie einmal an ihm vorbeiging und er aus seinem Nickerchen aufschreckte. Auch ihre Schwester und ihr Vater kamen in den Genuss seines Zorns. Doch Marty erlitt die größte Erniedrigung.
» Er sprang auf und biss sie in die Brust«, erzählte Sally, als wir an jenem Halloween-Abend die Aurora Avenue entlangfuhren. Ich nahm an, ihre Mutter hatte sich nach unten zu Beau gebeugt, vielleicht als er schlief, und ihn so sehr erschreckt, dass er nach ihr schnappte. Erst sehr viel später, als mir ein verblichenes Foto zwischen die Finger kam, das ich vorher noch nicht gesehen hatte, zog ich eine andere Möglichkeit in Betracht. Auf diesem Bild steht Beau mit breit gegrätschten Vorderbeinen auf einem Picknicktisch, das Gesicht wie zu einem frechen Grinsen verzogen. Auffällig ist seine linke Vorderpfote. Was ein mit Fell umspannter Fuß sein sollte, sieht eher aus wie die nackte Klaue eines Greifvogels. Je länger ich das Foto anschaute, desto mehr ähnelten Beaus lange, breite Ohren zwei Flügeln, mit denen er sich jeden Moment in die Luft erheben könnte.
Sallys rational veranlagte Schwester Nancy weist diesen kuriosen Erklärungsvorschlag zurück. Für sie gibt es nur einen Grund für Beaus Bosheit: Er wurde von den Nachbarkindern gnadenlos gehänselt. Auch Sally erinnert sich daran und stimmt zu, dass diese Hänseleien eine Rolle
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