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Komm zurück, mein dunkler Bruder

Komm zurück, mein dunkler Bruder

Titel: Komm zurück, mein dunkler Bruder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Lindsay
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etwas, und dass er nicht nur sprach, sondern auch widersprach, war beunruhigend. Tatsächlich drohte der ganze Tag völlig aus dem Ruder zu laufen, angefangen bei der panischen Flucht des Dunklen Passagiers an diesem Morgen über Vince’ Caterer-Tirade – und jetzt dies. Was im Namen alles Dunklen und Schrecklichen ging hier vor? War meine Aura aus dem Gleichgewicht? Stand der Mond des Jupiter im Schützen und bedrohte mich?
    »Cody«, sagte ich. Und ich hoffe doch sehr, dass meiner Stimme eine gewisse Verletztheit anzuhören war. »Du wirst deswegen keine Alpträume bekommen, nicht wahr?«
    »Er hat keine Alpträume«, erwiderte Astor, als müsse jeder, der nicht ernsthaft geistig beschränkt war, das wissen. »Er träumt
überhaupt
nicht.«
    »Gut zu wissen«, sagte ich, da ich selbst auch fast nie träume und es aus irgendeinem Grund wichtig schien, so viel wie möglich mit Cody gemeinsam zu haben. Aber Rita wollte nichts davon wissen.
    »Wirklich, Astor, sei nicht albern«, sagte sie. »Selbstverständlich träumt Cody. Alle träumen.«
    »Ich nicht«, beharrte Cody. Mittlerweile lehnte er sich nicht nur gegen uns beide auf, er brach gleichzeitig auch seinen persönlichen Geschwätzigkeitsrekord. Und obwohl ich selbst über kein Herz verfüge, außer für kreislauftechnische Aufgaben, spürte ich Zuneigung für ihn und wollte ihm zu Hilfe kommen.
    »Gut für dich«, sagte ich. »Bleib dabei. Träume werden stark überschätzt. Sie stören nur beim Schlafen.«
    »Dexter, ehrlich«, schimpfte Rita. »Ich glaube nicht, dass wir ihn ermutigen sollten.«
    »Selbstverständlich sollten wir das«, widersprach ich und zwinkerte Cody zu. »Er zeigt Feuer, Mumm und Phantasie.«
    »Gar nicht wahr«, sagte er, und ich bewunderte seinen verbalen Überschwang zutiefst.
    »Natürlich nicht«, bestätigte ich mit gesenkter Stimme. »Aber wir müssen deiner Mom solche Sachen sagen, damit sie sich keine Sorgen macht.«
    »Ach du liebes bisschen«, sagte Rita. »Ich geb’s auf mit euch beiden. Geht raus zum Spielen, Kinder.«
    »Wir wollen mit Dexter spielen«, schmollte Astor.
    »Ich komme in ein paar Minuten nach«, versprach ich.
    »Wär auch besser so«, sagte sie rätselhaft. Sie verschwanden im Flur in Richtung Hintertür, und als sie weg waren, holte ich tief Luft, erleichtert, dass die gemeinen und ungerechten Angriffe auf mich vorübergehend ausgesetzt wurden. Ich hätte es selbstverständlich besser wissen müssen.
    »Komm«, forderte Rita mich auf und führte mich an der Hand zum Sofa. »Vince hat vorhin angerufen«, sagte sie, als wir es uns in den Polstern gemütlich gemacht hatten.
    »So?«, sagte ich, und eine plötzliche Ahnung von Gefahr durchzuckte mich bei dem Gedanken, was er zu Rita gesagt haben mochte. »Was hat er gesagt?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Er tat sehr geheimnisvoll. Er sagte, ich solle ihm Bescheid geben, sobald wir darüber gesprochen hätten. Und als ich ihn fragte, worüber, wollte er nichts sagen. Er hat nur gemeint, du würdest es mir verraten.«
    Ich konnte mich gerade noch zusammenreißen, um nicht den unverzeihlichen Konversationspatzer zu begehen, schon wieder »So?« zu fragen. Zu meiner Verteidigung darf ich anführen, dass mein Verstand nicht nur mit dem panischen Gedanken von Flucht an einen sicheren Ort beschäftigt war, sondern auch damit, vorher noch kurz mit meinem kleinen Spielzeugkoffer bei Vince vorbeizuschauen. Doch ehe ich im Geist die angemessene Klinge wählen konnte, fuhr Rita fort.
    »Ehrlich, Dexter, du hast Glück, einen Freund wie Vince zu haben. Er nimmt seine Pflichten als Trauzeuge wirklich ernst, und er hat einen wunderbaren Geschmack.«
    »Der auch wunderbar teuer ist«, sagte ich – vielleicht erholte ich mich noch immer von meinem Beinahe-Ausrutscher bezüglich »So?«, denn im gleichen Moment, in dem mir das herausrutschte, wusste ich, dass es ein Riesenfehler war. Und selbstverständlich leuchtete Rita auf wie ein ganzer Weihnachtsbaum.
    »Tatsächlich?«, sagte sie. »Nun, vermutlich stimmt das. Die beiden Dinge gehen ja meist Hand in Hand, nicht wahr? Normalerweise bekommt man, wofür man bezahlt.«
    »Ja, aber es ist auch die Frage, wie viel man bezahlen muss.«
    »Wie viel wofür?«, fragte Rita, und da hatten wir es. Ich saß in der Klemme.
    »Nun … Vince hegt diese verrückte Idee, dass wir diesen South Beach Caterer engagieren sollten, einen sehr teuren Typen, der viele von diesen Promipartys und so beliefert.«
    Rita stützte das Kinn auf die

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