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Komm zurück, mein dunkler Bruder

Komm zurück, mein dunkler Bruder

Titel: Komm zurück, mein dunkler Bruder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Lindsay
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die ordnungsgemäße blaue auszutauschen, beinahe das Tablett fallen.
    »Danke, Eduardo«, sagte Manny, und Eduardo blieb einen Moment stehen, anscheinend um festzustellen, ob Manny es wirklich so meinte oder ob er noch einen weiteren Fehler begangen hatte. Doch Manny tätschelte nur seinen Arm und bat: »Bitte serviere jetzt unseren Gästen«, und Eduardo nickte und ging um den Tisch.
    Am Ende bekam ich die gelbe Tasse, wogegen ich nichts einzuwenden hatte, wiewohl ich mich fragte, ob es bedeutete, dass sie mich nicht mochten. Nachdem er den Kaffee eingeschenkt hatte, huschte Eduardo zurück in die Küche und kehrte mit einem Tellerchen wieder, auf dem ein halbes Dutzend
pastelitos
lagen. Und obwohl sie nicht wie Jennifer Lopez’ Gesäß geformt waren, hätten sie es sehr wohl sein können. Sie sahen aus wie cremegefüllte Stachelschweinchen – dunkelbraune Klumpen, die vor Stacheln starrten, die entweder aus Schokolade bestanden oder von einer Seeanemone stammten. Die Mitte war offen und enthüllte einen Klecks orangefarbener, puddingähnlicher Masse, und auf jedem Klecks saß ein Tupfer in Grün, Blau oder Braun.
    Eduardo stellte das Tellerchen in die Mitte des Tisches, und wir alle musterten ihn einen Augenblick. Manny schien voller Bewunderung, und Vince wurde offensichtlich von einer Art religiöser Ehrfurcht erfüllt, während er noch einige Male schluckte und ein Geräusch produzierte, das ein Keuchen gewesen sein mochte. Ich für mein Teil war unsicher, ob ich die Dinger essen oder in einem bizarren, blutigen, aztekischen Ritual verwenden sollte, deshalb musterte ich einfach den Teller und hoffte auf einen Hinweis.
    Den schließlich Vince lieferte. »Mein Gott«, blökte er.
    Manny nickte. »Sie sind wunderbar, nicht?«, meinte er. »Aber soooooo von vorgestern.« Er nahm eines, das mit dem blauen Tupfer, und betrachtete es mit einer Art distanzierter Zärtlichkeit. »Die Farbpalette wurde wirklich langweilig, und dieses furchtbare alte Hotel am Indian Creek hat begonnen, sie zu kopieren. Und doch …«, sagte er mit einem Achselzucken und stopfte es in den Mund. Ich freute mich, dass es keine heftigeren Blutungen zu verursachen schien. »Man ist angetan von seinen eigenen kleinen Tricks.« Er drehte sich um und zwinkerte Eduardo zu. »Manchmal vielleicht ein wenig zu sehr.« Eduardo erbleichte und floh in die Küche. Manny drehte sich mit einem breiten Krokodilslächeln wieder zu uns.
    »Ich habe Angst, hineinzubeißen«, schleimte Vince. »Sie sind so
perfekt

    »Und ich habe Angst, dass sie zurückbeißen könnten«, bemerkte ich.
    Manny zeigte ein paar Dutzend Zähne. »Wenn ich ihnen das beibringen könnte, wäre ich nie wieder einsam«, sagte er. Er schob den Teller in meine Richtung. »Bedienen Sie sich.«
    »Würden Sie die bei meiner Hochzeit servieren?«, erkundigte ich mich, weil ich mir dachte, dass vielleicht mal jemand zur Sache kommen sollte.
    Vince stieß mir den Ellbogen in die Seite, heftig, aber es war offensichtlich zu spät. Mannys Augen hatten sich zu schmalen Schlitzen verengt, obgleich die beeindruckende Arbeit seines Zahnarztes noch zur Schau stand. »Ich serviere nicht«, sagte er. »Ich
präsentiere
. Und ich
präsentiere
das, was
mir
am besten erscheint.«
    »Sollte ich nicht im Voraus eine ungefähre Vorstellung haben, was das sein wird?«, fragte ich. »Ich meine, angenommen, die Braut ist allergisch gegen mit Wasabi gewürzte Rauke in Aspik?«
    Manny ballte die Fäuste so energisch, dass ich die Knöchel knacken hörte. Einen Augenblick erfüllte mich die wilde Hoffnung, dass ich mich durch meine schlaue Bemerkung selbst um einen Caterer gebracht hatte. Doch dann entspannte sich Manny und lachte. »Dein Freund gefällt mir, Vic«, sagte er. »Er ist wirklich mutig.«
    Vince beglückte uns mit einem Lächeln und nahm die Atmung wieder auf, und Manny zog einen Notizblock und Vertragsformulare hervor, und auf diese Weise endete ich mit dem großen Manny Borque als Caterer meiner Hochzeit, zu dem Supersonderpreis von nur zweihundertfünfzig Dollar pro Gedeck.
    Er schien ein bisschen hoch. Doch letztendlich war ich angewiesen worden, mir keine Gedanken ums Geld zu machen. Ich war sicher, dass Rita die Sache deichseln würde, vielleicht, indem sie nur zwei oder drei Personen einlud. So oder so blieb mir nicht viel Zeit, mir wegen bloßer Finanzen Gedanken zu machen, denn mein Handy begann beinahe augenblicklich mit seinem munteren kleinen Trauergesang, und als ich mich

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