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Komm zurück, mein dunkler Bruder

Komm zurück, mein dunkler Bruder

Titel: Komm zurück, mein dunkler Bruder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Lindsay
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verdammten Tätowierungen, die sie heute alle tragen, direkt auf dem Nacken.«
    In meinem Nacken kribbelten kleine Metallfinger, und ich kannte die Antwort, doch ich fragte trotzdem: »Was für eine Tätowierung?«
    »Irgendwas Blödes, eins dieser japanischen Symbole. Haben wir den Japsen die Scheiße aus dem Leib geprügelt, um ihre Autos zu kaufen und ihre verdammten Kritzeleien auf unsere Kinder zu tätowieren?«
    Er schien gerade erst warmzulaufen, und während ich aufrichtig das wunderbare Stehvermögen bewunderte, das er in seinem Alter noch aufbrachte, bekam ich doch das Gefühl, es wäre an der Zeit, ihn den Behörden in Form meiner Schwester zu übergeben, was in mir ein sanftes Glühen der Befriedigung entfachte, weil es ihr nicht nur einen besseren Verdächtigen als den armen entrechteten Dexter verschaffte, sondern ihr zudem diesen betörenden alten Knacker aufhalste, ein geringes Strafmaß dafür, dass sie zunächst mich in Verdacht gehabt hatte.
    »Ich gehe nirgendwohin«, erklärte er.
    »Möchten Sie nicht gern mit einem echten Detective reden?«, köderte ich ihn, und die stundenlangen Übungen, um mein Lächeln zu vervollkommnen, zahlten sich anscheinend aus, denn er runzelte die Stirn, sah sich um und sagte dann: »Nun gut«, und folgte mir den Weg zurück dorthin, wo Sergeant Schwester Camilla Figg anknurrte.
    »Ich habe dir doch gesagt, du sollst wegbleiben«, fauchte sie mit der ganzen Herzlichkeit und dem Charme, die ich von ihr kannte.
    »Okay«, sagte ich. »Soll ich den Zeugen wieder mitnehmen?«
    Deborah öffnete den Mund, dann klappte sie ihn ein paarmal auf und zu, als versuchte sie herauszufinden, wie Fische atmen.
    »Du kannst nicht – es ist nicht – gottverdammt, Dexter«, fluchte sie schließlich.
    »Ich kann, es ist, und ich bin sicher, er wird«, sagte ich. »Doch in der Zwischenzeit hat dir dieser reizende alte Herr etwas zu erzählen.«
    »Wofür, zum Teufel, halten Sie sich, mich alt zu nennen?«, knurrte er.
    »Das hier ist Detective Morgan«, stellte ich vor. »Sie trägt die Verantwortung.«
    »Ein Mädchen?«, schnaubte er. »Kein Wunder, dass sie nie jemanden kriegen. Ein Mädchen-Detective.«
    »Erzählen Sie ihr von dem Rucksack«, empfahl ich. »Und der Tätowierung.«
    »Was für eine Tätowierung?«, blaffte sie. »Wovon, zum Teufel, redest du überhaupt?«
    »Was ist das denn für eine Ausdrucksweise?«, tadelte der alte Mann. »Schämen Sie sich!«
    Ich lächelte meine Schwester an. »Viel Vergnügen«, wünschte ich.

[home]
    26
    I ch konnte nicht davon ausgehen, wieder offiziell zur Party zugelassen zu sein, doch wollte ich mich nicht weit entfernen, damit mir nicht die Chance entging, die Entschuldigung meiner Schwester großmütig zu akzeptieren. Deshalb lungerte ich vor der Eingangstür der ehemals Manny Borque gehörenden Wohnung herum, wo man mich zu angemessener Zeit bemerken konnte. Unglücklicherweise hatte der Mörder die riesige künstlerische Kugel tierisches Erbrochenes auf dem Podest nahe der Tür nicht gestohlen. Sie stand mitten in meinem Lungerbereich, und ich war gezwungen, sie zu betrachten, während ich wartete.
    Ich fragte mich, wie lange Deborah wohl brauchen würde, bis sie den alten Mann nach der Tätowierung fragte und dann die Verbindung herstellte. Während ich noch rätselte, hörte ich, wie sie mit erhobener Stimme die rituellen Abschiedsworte sprach, dem alten Mann für seine Hilfe dankte und ihn instruierte, sie anzurufen, falls ihm noch etwas einfiel. Und dann kamen die beiden an die Tür, wobei Deborah den alten Mann fest am Ellbogen hielt und ihn aus der Wohnung steuerte.
    »Aber was ist mit meiner Zeitung, Miss?«, protestierte er, als sie die Tür öffnete.
    »Das heißt Sergeant Miss«, korrigierte ich ihn, und Deborah funkelte mich wütend an.
    »Rufen Sie bei der Zeitung an«, riet sie ihm. »Man wird sie Ihnen ersetzen.« Und dann schleuderte sie ihn praktisch aus der Tür, wo er noch einen Moment vor Wut zitternd stehen blieb.
    »Die Bösen gewinnen!«, brüllte er, und dann schloss Deborah zum Glück die Tür.
    »Er hat recht, weißt du«, sagte ich zu ihr.
    »Nun, du musst deswegen aber nicht so gottverdammt fröhlich aussehen«, erwiderte sie.
    »Und du könntest andererseits mal versuchen, ein bisschen fröhlicher zu gucken«, konterte ich. »Es war dieser Freund, wie heißt er noch?«
    »Kurt Wagner.«
    »Sehr gut«, lobte ich. »Das ist gebührende Sorgfalt. Kurt Wagner hat es getan, und du weißt das.«
    »Ich

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