Kommandosache HC-9
war.
Mit den beiden anderen Burschen konnte ich alleine fertig werden. Zwölf Jahre langer, regelmäßiger Drill befähigten mich dazu. Ich griff wie absichtslos an meine Spezialuhr, in der sich die Säureladung befand. Ich zog sie mitsamt dem elastischen Metallband nach vorn über das Handgelenk, als hätte sie mich vorher gedrückt.
Hannibal folgte meinem Beispiel nach einigen Augenblicken. Die Spannung in mir wurde immer unerträglicher. Es schien Ewigkeiten zu dauern, bis Dr. Tonther zurückkam.
Dann ging alles sehr schnell; undramatisch und wieder nicht effektvoll. Der wichtigste Mann der Spionageorganisation gestaltete seinen Auftritt überhaupt nicht geheimnisvoll.
Er stand plötzlich in der Tür und sagte nur: »Guten Abend.« Das war alles. Hinter einem breiten Grinsen verbarg Hannibal seine große Enttäuschung.
Unser »Oberfreund« war aber trotzdem vorsichtig. Er schien keinen Wert darauf zu legen, von uns erkannt zu werden. Von seinem Standpunkt aus gesehen, war das auch vollkommen richtig. Ich hätte keinesfalls anders gehandelt.
Allerdings kam er nicht in dunkler Kapuze und geheimnisvoller Maske, diese Verkleidung wäre auch lächerlich und unpassend gewesen, sondern er trug einen schweren Schutzanzug aus grauem Plastikmaterial. Der Anzug stammte zweifellos aus den Schränken der kernphysikalischen Abteilung. Es war eine normale Schutzkleidung gegen radioaktive Strahlungen, wie sie von den Wissenschaftlern getragen wurde, wenn sie sich mit radioaktiven Stoffen oder Reaktoren beschäftigen mußten.
Unter der weiten Hose und dem plumpen, sackartigen Überwurf für den Oberkörper konnte man mit dem besten Willen nicht erkennen, welche Figur der eintretende Mann hatte. Sogar die Hände steckten in schweren Schutzhandschuhen. Das Schuhwerk war ebenfalls von dem gleichen Material bedeckt.
Über dem Kopf lag die übliche Schutzhaube mit den eingefärb ten Bleigläsern, die zu einer regulären Schutzkleidung gehörte.
War das ein Physiker, der daran gewohnt war, einen derart monströsen Anzug zu tragen?
Vergeblich bemühte ich mich, wenigstens einen winzigen Teil des Gesichtes hinter dem schmalen Sichtglas der Haube zu erkennen. Der Mann hatte sich gut getarnt. Er hatte seine Verkleidung so geschickt ausgewählt, daß er überhaupt nicht lächerlich wirkte; wäre er mit Maske aufgetreten, hätte ich bestimmt lachen müssen.
Ich bemühte mich, meine Enttäuschung zu verbergen. Der Kleine schien mit den gleichen Gefühlen zu kämpfen. Dessenungeachtet grinste ich spöttisch, so daß sich der Spionagechef anscheinend zu einigen erklärenden Worten genötigt sah.
»Ich bitte um Entschuldigung wegen der Maskerade, Mr. Liming. Das ist keineswegs ein Mißtrauensbeweis gegen Sie, oder Ridgeman, aber auch ich habe meine Anweisungen zu befolgen. Meine Vorgesetzten legen keinen Wert darauf, daß ich von allen Mitarbeitern in Tanaga erkannt werde. Das verstehen Sie doch?«
Hannibal lehnte sich in seinem Sessel zurück. Ich lächelte verbindlich und grübelte über den Klang der Stimme nach, die dumpf und undeutlich unter der schweren Haube hervorgedrungen war.
Ich kam zu der Überzeugung, daß ich den Mann weder an der Figur noch an der Tonlage wiedererkennen würde.
In meinem Kopf jagten sich zahllose Gedanken. Eine Überlegung löste die andere ab. Wenn ich die Identität dieses Mannes hätte entschleiern können, hätte ich mich wahrscheinlich entschlossen, noch nicht zuzuschlagen. So aber war es vollkommen ungewiß, ob ich mit dem Chef nochmals zusammentreffen würde. Doris hatte angedeutet, daß das Auftauchen des Chefs
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