kommen groß raus
irgendetwas ändern würde“, sagte Marianne. „Sie will unsere Gesellschaft ja ohnehin nicht.“
„Aber irgendetwas müssen wir doch unternehmen“, meinte Anne-Marie.
Aber was sollten sie tun?
„Ein bisschen bin ich ja auch daran schuld“, gab Car- lotta zu. „Frau Theobald hatte mich gebeten, mich mit ihr anzufreunden. Und ich habe kläglich versagt.“
„Dich trifft überhaupt keine Schuld“, meinte Jenny. „Sie ist einfach unmöglich, und die Theobaldine wird das auch bald merken. Genau wie die anderen Lehrerinnen. Wenn wir Glück haben, schicken sie Maja vielleicht sogar in die Fünfte zurück.“
Carlotta sah Jenny scharf an. „In die fünfte Klasse?“, fragte sie nachdenklich. „Vielen Dank, Jenny, du hast mich gerade auf eine Idee gebracht.“
An diesem Abend saßen Carlotta und Maja sich an ihrem Tisch gegenüber und machten schweigend ihre Französisch-Hausaufgaben. Carlotta warf einen kurzen Blick auf Majas Heft und sah, dass diese erst ein paar Zeilen mit krakeliger Handschrift gefüllt hatte. Und die Hälfte davon hatte sie wieder durchgestrichen. Carlotta musste sich ein Grinsen verkneifen, als sie ihren Blick wieder ihrer eigenen, sauber geschriebenen Hausaufgabe zuwandte. Mamsell würde an die Decke gehen, wenn Maja ihr morgen ihr Heft gab. Aber das interessierte Maja anscheinend überhaupt nicht, denn jetzt legte sie ihren Stift ab und schob das Heft mit einem Seufzer von sich.
„Leider ist es wohl nicht zu Mamsells Ohren gedrungen, dass wir es uns am Anfang des Schuljahrs ein bisschen gemütlich machen wollten“, bemerkte Carlotta. „Sie gibt uns immer doppelt so viele Hausaufgaben auf wie die anderen Lehrerinnen. Aber darüber musst du dir ja wohl keine Gedanken mehr machen. In der Fünften sind die Hausaufgaben nur halb so schlimm.“
Maja runzelte die Stirn. „Wie meinst du das?“
„Ach, ich habe nur zufällig mitbekommen, wie Frau Hartmann und Frau Theobald heute Morgen darüber gesprochen haben, dass .“ Carlotta verstummte plötzlich und schob die Hand vor den Mund. „Oje! Vielleicht hätte ich das besser nicht sagen sollen. Aber ich habe gedacht, Frau Hartmann hätte schon mit dir darüber gesprochen.“
„Worüber denn? Was meinst du überhaupt?“, fragte Maja ungeduldig.
„Nun ja, Frau Hartmann hat der Direktorin erzählt, dass deine Leistungen und dein Benehmen nicht einer sechsten Klasse entsprechen“, antwortete Carlotta. „Und Frau Theobald hat dem Vorschlag zugestimmt, dass du in die Fünfte zurückgehen sollst, wenn in den nächsten paar Wochen keine Besserung eintritt.“
„Das darf Frau Theobald gar nicht“, sagte Maja mit rauer Stimme.
Carlotta hob ihre dunklen Augenbrauen. „Frau Theobald kann tun und lassen, was sie will.“ Als sie sah, dass Maja ganz blass geworden war, fügte sie tröstend hinzu: „Vielleicht fühlst du dich in der Fünften ja auch wohler. Die Mädchen sind alle sehr nett und längst nicht so reif und verantwortungsbewusst wie wir. Überhaupt musst du es von der positiven Seite sehen: Auf diese Weise kannst du Lindenhof noch ein Jahr länger genießen.“
Einen Moment lang wartete Maja darauf, dass Carlot- ta jetzt lachte. Aber diese beugte schon wieder ihren Kopf über die Hausaufgaben und war, während sie weiterschrieb, das reinste Bild der Unschuld. Innerlich lachte Carlotta sich über Majas Schrecken kaputt. Und Maja hatte sich tatsächlich bis ins Mark erschreckt! Sie hatte sich doch nur so schlecht benommen und sich nicht eingefügt, damit ihr Vater sie nach dem Halbjahr wieder aus dem Internat holte. Aber nun sah es ganz danach aus, als sollte sie noch ein Jahr länger in diesem verdammten Lindenhof bleiben. Und das würde sie niemals aushalten! Wenn ihre einzige Chance, hier wieder herauszukommen, darin bestand, sich zu ändern und zu beweisen, dass sie mit den anderen mithalten konnte, dann musste sie das tun. Sie nahm ihren Füller wieder in die Hand und beugte sich über das Französischbuch. Morgen im Unterricht sollte Mamsell eine angenehme Überraschung erleben ...
Carlotta hatte unter gesenkten Lidern Majas wechselnden Gesichtsausdruck verfolgt. Sie log alles andere als gern, aber in diesem Fall war es wohl nötig gewesen. Und anscheinend hatte es gewirkt, denn Majas Füller flog jetzt über die Seite. Carlotta fühlte sich bestätigt. Gleich nächstes Wochenende, wenn die Donnerstagssprechstunde hinter ihnen lag, wollte sie alles tun, um Maja besser kennen zu lernen.
Die erste Sprechstunde
„Ich
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