Kommissar Katzorke: Süße Schrippen (German Edition)
ist die Angst, über große Plätze zu gehen.“
Die Geräuschkulisse draußen nahm wieder zu. Früher hatte sie die Begriffe Platzangst und Klaustrophobie immer verwechselt. Im Moment fühlte sie sich von beiden Ängsten angegriffen. In ihrem Büro bekam sie kaum noch Luft, wenn sie nach draußen ging, erfasste sie das panische Gefühl, allein und wie ausgeliefert einen riesigen Platz zu betreten. Ohne Schutz, jeder konnte sie sehen.
Ihren Kopf auf die Arme gestützt, saß sie an ihrem Schreibtisch wie Kasper vor dem Krokodil. Ihre Zukunft? Ein von Zähnen starrender, gefräßiger Schlund! Keine Chance, sich ernsthaft mit Ermittlungsakten zu befassen.
Für den Rest des Tages simulierte sie „Arbeit im Büro“. Dabei wuchs ihre Sorge, dass Dimitri Elisabeths Einladung zu sich nach Hause wahrnehmen könnte.
„ Er und sie, zusammen ein Alptraum!“
Sie bemerkte, dass sich eine Träne in ihrem Auge gebildet hatte.
Gegen Abend schlich sich Fatma aus ihrer Bürozelle und ging durch das Großraumbüro zum Ausgang. Kollegen wünschten ihr freundlich einen schönen Feierabend. Alles schien wie immer zu sein.
Sie wandte sich an der Tür noch einmal um. Die Wanduhr zeigte halb sechs an. Aber warum grinste ein Kollege auffällig in ihre Richtung? Gleich verbiss er sich seine fiese Grimasse und tat, als starrte er auf den Bildschirm. Schnell zog sie die Tür hinter sich zu.
„ Vampire!“
Als sie in den Fahrstuhl zur Parkgarage stieg, schob sich noch Stoppelkopf schnell in die sich schließenden Türen.
„ Na? Zum Glück noch erwischt!“
„ Welch ein Zufall!“
Fatma lächelte ihn an. Ironie, stand da, deutlich und groß. Stoppelkopf errötete. Sie waren sich körperlich nah in dem engen Fahrstuhl.
Fatma bemerkte seinen Schweißgeruch.
Stoppelkopf inspizierte verlegen die Bedienknöpfe. Auch die Etagenanzeige schien ihn zu begeistern.
„ Auch ins Parkhaus?“
„ Nein, Parterre!“
Fatma weidete sich gnadenlos an seiner Verlegenheit. Er drückte verspätet den Button für Parterre. Im nächsten Moment öffneten sich die Türen.
„ Schönen Feierabend!“
Stoppelkopf, mit Schweißperlen im Gesicht, nickte ihr zu. Wie in Zeitlupe verließ er die Kabine.
Aus der im Tiefgeschoss befindlichen Parkgarage fuhr Fatma ihren Wagen über eine Rampe nach oben. Als sie in den Straßenverkehr einbog, nahm sie für den Bruchteil einer Sekunde das Gesicht eines Passanten wahr.
„ Stoppelkopf!“
Sie unterdrückte ihr Entsetzen. Wenn er es war, stand sie unter Aufsicht. Doch beim erneuten Hinsehen kam sie zu anderer Überzeugung. Eine Ähnlichkeit, oder Stress ihrer Sinne.
„ Der ist verknallt in mich, nichts weiter.“
Sie lehnte es ab, direkt in Panik zu verfallen.
„ Betritt eine Frau die Polizeidienststelle, kumulieren die Testosteronwerte. Wie bei den Bullen, ich blöde Kuh!“
Selbstironie war eine gute Methode, ihren Verfolgungswahn zu absorbieren. Und laute Musik! Sie stellte das Autoradio auf volle Lautstärke. Als sie vor einer roten Ampel hielt, sang sie laut bei offenem Fenster mit.
Das Lied erzählte auf Türkisch von einer unglücklichen Liebe.
In ihrer Wohnung angekommen, war sie froh darüber, endlich eine Tür hinter sich abschließen zu können.
„ Liebe Probleme, ihr müsst bitte draußen bleiben! Was hab ich der Welt bloß getan, dass sie mich an einem Tag mit so vielen Ansprüchen belästigt?“
Erschöpft ließ sich Fatma auf ihr bequemes Sofa fallen. Blätterte ohne zu lesen in einer Zeitschrift.
Dabei schlief sie ein.
Anfangs tief und traumlos, wurde ihr Schlaf bald unruhig. Sie sah eine Kellertreppe hinunter. Unten angekommen, folgte sie einem niedrigen, schmalen Flur mit fahler Wandbeleuchtung. Sie hasste Keller, aber die unheimliche Macht des Traumes drängte sie weiter und weiter.
Plötzlich erschrak sie.
An einem Holzverschlag stand ihr Name.
Die Schlafende wälzte sich auf dem Sofa. Ihren Namen an einem Verlies zu lesen, empfand sie als echten Schock.
Sie wollte schreien, aber Horror verschnürte ihre Kehle. Da tauchte Elisabeths Gesicht auf. Ganz nah vor ihr. Ihre frühere Schulfreundin öffnete mit einem Röcheln den Mund. Ihre Zahnspange wuchs immer größer.
Der Alptraum weckte sie auf.
Fatmas Haare waren nass. Sie erhob sich benommen.
„ Sogar zu Hause im Schlaf hält mich die Bedrohung gefangen!“
Es gab kein Zögern mehr. Der Schrecken musste ein Ende haben!
„ Der Zeitpunkt ist gekommen, wo keine Regeln mehr gelten. Polizeikarriere hin oder her!“
Im
Weitere Kostenlose Bücher