Kommissar Katzorke: Süße Schrippen (German Edition)
ehemaligen Kollegen im Drogendezernat war ihr gewogen und hilfsbereit.
Blütenhonig fiel noch nicht unter das Betäubungsmittelgesetz.
„ Noch nicht!“
Fatma konnte nicht in die Zukunft schauen. Aber Stoppelkopf sah einigermaßen verwirrt aus, da er an ihre Familiensituation dachte.
Mehmet hatte als Teenager gern mit berauschenden Substanzen experimentiert. „Pontischer Honig“ war auch dabei. Diese berauschende Spezialität erhielt er aus den Wäldern an der türkischen Schwarzmeerküste.
Stechapfel probierte er ebenfalls.
Bei der daraus resultierenden Wahrnehmungsstörung war ihm seine grandiose Geschäftsidee erschienen. Als göttliche Eingebung, sozusagen.
Stoppelkopf benahm sich so auffällig wie ein Undercoveragent während der Ausbildung.
Fatma sah fragend von ihrer Lektüre auf und runzelte die Stirn.
„ Es gibt Leute, die definieren sich über ihre Herkunft. Diese Haltung finde ich anachronistisch. Ich vertrete diese Einstellung nicht.“
Stoppelkopf schaute einigermaßen dumm aus der Wäsche, gab aber nicht auf.
„ Man hilft sich doch gegenseitig in der Familie, oder nicht?“
„ In welcher Familie?“
„ Bist Du vom Himmel gefallen?“
„ Willst Du meine Mutter beleidigen?“
Sie entwickelte bestialische Gedanken.
„ Verehrter Kollege, ein griechischer Feldherr namens Xenophon maßte sich seinerzeit an, auf türkisches Gebiet einzumarschieren. Er wollte vom süßen türkischen Honig naschen. Doch seine Truppen verzehrten giftigen Honig, den sie aus ihrer Heimat nicht kannten. So endete dort für manch vorwitzigen Krieger die tollwütige Reise.“
Der einzige, der Fatma erpressen, denunzieren, verleumden, sie von Heute auf Morgen aus ihrer Laufbahn katapultieren konnte, war Dimitri. Einen Stoppelkopf würde sie sicher dreimal an seiner vorwitzigen Nase durch die Arena des Großraumbüros führen, bevor er ihr etwas anhaben konnte. Das traute sie sich selbstbewusst zu.
„ Ich wollte deine Mutter nicht beleidigen. Die Integration unserer türkischen Mitbürger innerhalb der Berliner Polizei hat für uns alle große Bedeutung.“
„ Ich bin Deutsche, ist das klar?“
„ Ja, natürlich. Ja, klar!“
Stoppelkopf verließ mit knallrotem Gesicht ihr Büro. Zum ersten Mal hatte die Integrationsdebatte ihr persönlich einen Nutzen gebracht.
Fatma goss zufrieden ihre Bubikopfpflanze.
War er nur zufällig auf dieses Familienthema gekommen? Sie nahm seine Fragerei als Warnung. Ihr war klar, als deutsche Frau aus einer türkischen Familie sollte sie die gleichen Karrierechancen haben wie ein deutschstämmiger Schulabgänger mit vergleichbarem Abschluss.
Ungefähr so hatte sie es einmal in einer Wahlkampfbroschüre gelesen.
An der Erfüllung dieses Anspruchs musste sich die Gesellschaft messen lassen!
Dabei ging es um Konkretes, nicht bloß um schöngeistiges Gequatsche.
Wenn Stoppelkopf noch mal mit dem Thema ankäme, würde sie ihn nach seiner Herkunft befragen.
„ Wie viele Nazis gab es in deiner Familie?“
Sie lächelte über ihren Einfall.
Es war kurios, denn sie hegte schon länger den Verdacht, dass diejenigen Deutschen mit familiärer Nazivergangenheit sich zuvorderst in der Debatte um Ausländerintegration engagierten. Selbstgefällig proklamierten sie mit missionarischem Eifer, wie eine Integration von Ausländern auszusehen habe.
„ Die sollen sich lieber mit ihrer eigenen Geschichte befassen!“
In ihrem Freundeskreis war die unterschiedliche Herkunft selbstverständlich. Eine andere Kultur galt als Bereicherung, nicht als Problem!
Fatma war klar, dass sie ihre Situation nüchtern analysieren musste. Dimitri war die konkrete Gefahr. Er wusste zu viel, und wenn er selbst in Bedrängnis käme, würde er reden. Dieser verkrachten Existenz ihre Karriere zum Opfer bringen? Niemals!
Es fiel ihr schwer, ruhig zu bleiben. Immer wieder kreisten ihre Gedanken um ihn.
„ Scheiß Gespenst!“
Sie erschrak, dass sie unvorsichtig laut geflucht hatte. Vom Flur aus konnte jeder zuhören. Sie musste ihre Nerven unter Kontrolle kriegen. Zweifel nagten an ihr, sie überlegte, was passieren würde, bekäme Elisabeth bei Dimitri eine Chance?
„ Diese Schlampe beherrscht sämtliche Tricks, mit denen sie ihn rumkriegen kann.“
„ Fehlt nur noch, dass Mehmet wieder auftaucht. Mein Fachmann fürs Fettnäpfchen!“
Vor ihrem Büro war eine sonderbare Stille eingetreten. Obwohl sie geflüstert hatte. Ganz ohne Stimme mit sich selbst zu reden, fiel ihr schwer.
„ Platzangst
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