Kommissar Katzorke: Süße Schrippen (German Edition)
Notarzt hatte erst beim zweiten Prüfen einen schwachen Puls festgestellt und leuchtete mit einer Taschenlampe in die Pupillen.
Die Hektik am Einsatzort nahm augenblicklich zu.
Der Verletzte sollte in den Rettungswagen gebracht werden, aber er hatte Knochenbrüche und Verletzungen an Kopf und Wirbelsäule. Seine Wunden waren voll Sand.
„ Vorsichtig auf die Trage!“
Sie arbeiteten synchron, um ihn hochzuheben. Bauarbeiter und Polizisten bahnten ihnen gemeinsam den Weg durch den Abfall der Baustelle. Auch den Notarztwagen hatte man auf dem Gelände der Baustelle geparkt.
Die meisten Bauarbeiter hatten danach ihre Arbeit stumm wieder aufgenommen. Der Verletzte war offensichtlich keiner von ihnen, daher kam es zu keinem Aufruhr. Nachdenkliche Stille machte sich bei den meisten breit. Manche erinnerten sich an die Gesichter von verunglückten Kollegen.
Im Notarztwagen kämpfte der Arzt um das Leben des Mannes.
Der Reporter eines Boulevardblatts war im Gefolge der Einsatzwagen aufgetaucht und hatte verlangte, auf die Baustelle gelassen zu werden.
„ Keine Zeit für Fragen, Mann! Hier geht die Arbeit weiter. Wir haben Termindruck!“
Der Vorarbeiter hatte endlich einen gefunden, an dem er seinen Frust ablassen konnte.
Hinter den Milchglasscheiben der Türen des Notarztwagens waren nur Schatten erkennbar, aber kein Laut vom Kampf um das Leben des Verunglückten drang nach draußen.
Solange das Schattenspiel von Notarzt und Sanitätern anhielt, bestand noch die Hoffnung, dass der Mann überlebte. Alle wussten, erst wenn der Rettungswagen ohne Martinshorn abfuhr, war der Einsatz vergeblich.
Neugierige Passanten hatten sich Zugang zum Hinterhof verschafft und lungerten schwatzend am Rettungswagen.
Dem Boulevardblattjournalisten fiel nichts Besseres ein, als Fotos von umher stehenden Unbeteiligten zu machen. Er hielt sogar sein Aufnahmemikrofon einer Gruppe von Jugendlichen vor. Was sollte er machen, wenn man ihm Zeugen vorenthielt?
„ Was haben sie gesehen?“
„ Alles. Ich bin der Täter!“
„ Nein, ich!“
Die Jugendlichen verarschten ihn.
Als der Krankenwagen schließlich abfuhr, zerstreute sich die Menge. Bemerkenswert war, dass nach kurzer Fahrt Blaulicht und Martinshorn wieder eingeschaltet wurden.
Nach der Besichtigung der Blutspuren in der dritten Etage waren die anwesenden Beamten nicht mehr davon ausgegangen, dass es sich bei dem Sturz um einen Selbstmordversuch handelte. Sie riefen die Mordkommission an, die wenig später mit ihrem Team am Tatort erschien. Die dritte Etage und der Sandhaufen auf dem Hof wurden für die Spurensicherung abgesperrt.
Ein junger Kommissar streifte über die Baustelle, konnte aber dem Augenschein nach keine verwertbaren Spuren entdecken und auch Zeugen meldeten sich nicht.
Die Meinung der Mordkommission über den Fall tendierte bald dahin, dass es sich doch um einen Fall von Selbstmord handeln könnte, wobei der unglückliche Selbstmörder bei seinem Vorhaben hatte ganz sicher gehen wollen.
Man mutmaßte, er habe sich zuerst die Adern aufschneiden wollen, wodurch die Blutlache im Toilettenraum entstanden sei. Das war jedoch erfolglos verlaufen, daher sei er zur Sicherheit zusätzlich in die Tiefe gesprungen.
„ Wenn er das überlebt, dann hat er wirklich Pech gehabt!“
Einer der Dienstältesten grinste.
Routinemäßig wurde dennoch das Team der Spurensicherung beauftragt, eine genauere Untersuchung durchzuführen. Die Frauen und Männer in weißen Hygieneanzügen tauschten Blicke von stillem Protest, aber machten sich pflichtgemäß und gelangweilt an ihre Arbeit.
Der junge Kommissar war noch in Ermittlungen zu einem anderen Fall beschäftigt und verließ daher eilig die Baustelle. Meistens blieben nach solchen Untersuchungen an den für Obdachlose und Junkies bekannten Orten keine Verdachtsmomente bestehen, sodass die ganze Arbeit nur in den Akten und der Statistik ihren Niederschlag fand.
„ Bald kommt es so weit, dass wir für jeden, der sich aufknüpft, lange Berichte verfassen müssen. Was für ein Scheiß!“
„ Und für relevante Mordermittlung fehlt uns die Zeit!“
Gewohnte Litanei der Spurenermittler an solchen Orten.
Der Reporter des Boulevardblattes hatte sich gekonnt Zugang zur dritten Etage verschafft und versuchte, mit einem Mitarbeiter der Spurensicherung ins Gespräch zu kommen.
Der winkte ab.
„ Der Baustellenmörder. Wen stößt er als nächstes in die Tiefe?“
Die Spurenermittler lachten ihn aus.
Immerhin, den Aufmacher
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