Kommissar Katzorke: Süße Schrippen (German Edition)
dran?“
Dimitris Namen konnte sie nicht aussprechen, aus Angst, ihre Stimme würde ihre Gefühle verraten.
„ Kann ich dir nicht beantworten. Höchste Geheimhaltungsstufe.“
Sie wandte sich ab, um diesem Monster von einem Kollegen ihre Gefühle nicht zeigen zu müssen.
Er bot ihr seine Jacke an. Zum Glück hatte er seine Hände wieder unter Kontrolle.
„ Wir sind alle für dich da, Fatima. Die ganze Abteilung steht hinter dir! So einen Einsatz muss man erst mal verdauen. Du gehst direkt zum Psychologen. Wenn Du möchtest. Wir wissen aus Erfahrung, wie den Kollegen das angreifen kann.“
Hatte er soeben Kollege zu ihr gesagt? Sie gehörte doch nicht mehr zu dieser Polizei!
Ein weißhaariger Mann in Arbeitskleidung stieg vor ihnen aus dem Fahrstuhl. Er sah wie ein Hausmeister aus.
„ Gibt es im Gebäude eine öffentliche Toilette?“
Fatma hoffte, einen Moment lang alleine zu sein.
Der Hausmeister schloss ihnen einen Aufenthaltsraum für Reinigungskräfte auf, ein länglicher Raum mit einem Tisch und drei Stühlen. Dahinter gab es noch einen Waschraum mit Toilette.
Stoppelkopf ließ sich in einen Stuhl plumpsen.
Fatma verschwand im Waschraum, die Tür ließ sich nicht verschließen. An den Wänden Regale voller Kanister mit Reinigungsmitteln, Besen und Putzlappen. Ein Totenkopfsymbol auf einem Etikett warnte vor der ätzenden Wirkung.
Fatma starrte minutenlang auf das morbide Zeichen.
Der Schmerz des Verlustes brannte unerträglich in ihr. Einen Moment lang glaubte sie, den Kanister mit dem Totenkopf an ihre Lippen setzen zu müssen.
„ Er stirbt vielleicht gerade in diesem Moment!“
Tränen liefen ihr übers Gesicht.
Ihr Leben nur noch Chaos. Nicht einmal sich zu vergiften machte Sinn, denn Stoppelkopf wartete draußen.
„ Gleich kommt er herein. Bringt mir Kaffee.“
Sie ließ die schützende Decke fallen. Sie spürte Blicke auf ihrem Körper. Vielleicht observierte er diesmal durchs Schlüsselloch!
Sie schaute in den altersblinden Spiegel.
„ Habt mich böse reingelegt, die Kollegin gefickt!“
Wut und ein Gefühl von Ohnmacht ließen Fatma um ihre Fassung ringen. Ihre Tränen rannen stumm und unaufhörlich in ein schmutziges Handtuch, das nach Bienenwachs roch.
Sie hielt ihr Gesicht unter einen Wasserhahn. Als sie ihn voll aufdrehte, brachte die fließende Kälte ihren Lebensmut zurück.
„ Zeig denen, wer du bist!“
Sie drohte ihrem Spiegelbild mit ausgestrecktem Mittelfinger.
„ Nichts sagen, nicht sprechen: Handeln!“
Sie zog sich Stoppelkopfs Jacke an, die ihr fast bis zu den Knien reichte.
Abrupt öffnete sie die Tür.
Aber Stoppelkopf lauerte nicht dahinter, sondern wartete am Tisch auf sie.
Laut miteinander schweigend verließen sie die „Schlange“.
24.
Katzorke hatte eine Woche gemeinsamer Exkursionen gebraucht, bis er sich eingestand, dass er seine beiden Scouts tatsächlich gut leiden konnte.
Jeden der beiden ganz unterschiedlich und auf andere Weise.
Ein Novum für seinen misstrauischen Charakter nach so kurzer Zeit. Er war froh, glücklich und richtig begeistert von den beiden.
„ Keine Unpünktlichkeiten!“
Fast zu schön, um wahr zu sein.
„ Kein Infragestellen meiner Anweisungen.“
Sie boten ihm nicht den geringsten Anlass, an ihrer Loyalität zu zweifeln.
„ Angenehme Stimmen.“
Ihr Humor und ihr Spaß an seiner Recherche hörten sich gut an.
Solch unverhofftes Glück ließ Katzorke nachdenklich werden.
Bei der Auswertung seines imaginierten Fragebogens musste er auch berücksichtigen, wie emotional involviert er war.
Ein nicht zu vernachlässigender Aspekt.
„ Nach welchem Schema soll ich das auswerten? Meine Subjektivität verfälscht das Ergebnis.“
Mit ihren unterschiedlichen Blickwinkeln, die Wirklichkeit zu beschreiben, hatten sie ihm ermöglicht, anders zu sehen. Es waren nicht mehr die aus seiner Erinnerung stammenden Erfahrungen, die durch ihre Berichte vor seinen geistigen Augen erschienen, sondern vielmehr Abbilder ihrer Sicht auf die Welt.
„ Nein, umgekehrt. Ihre Subjektivität verfälscht das Ergebnis.“
Er musste sie objektiv bewerten, alles andere wäre verantwortungslos. Andererseits war er voller Neugier, sich mit ihren Augen durch die Stadt zu bewegen.
Und dann waren da noch diese extremen Unterschiede der Perspektiven von Miranda und Sandor.
„ Sensationell, wie unterschiedlich Frauen und Männer Menschen und Dinge betrachten.“
Manche Schilderungen hatten ihn auf seinem Krankenlager
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