Kommissar Katzorke: Süße Schrippen (German Edition)
so zum Lachen gebracht, dass er das Mikrofon abschalten musste, um seine Scouts nicht zu irritieren.
Dennoch näherte sich der Zeitpunkt, wo er den Spaß an diesem Job in ernsthafte Ermittlungsarbeit umbiegen musste. Allerdings fieberte er diesem Wendepunkt nicht mehr entgegen.
„ Vergeltung ist nicht eine Frage des Zeitpunkts, sondern der Intensität.“
Die Veränderung seines Gemüts ließ ihn nicht mehr so häufig grausame Wachträume durchleben, in denen er Auge um Auge Vergeltung an seinen Peinigern übte.
Auch wachte er nachts nicht mehr so oft selbst in Todesangst auf.
Durch seine regelmäßigen Ausflüge hatte sein emotionales Gedächtnis sich schnell mit angenehmen Bildern und Empfindungen angefüllt. Das Echo seiner fatalen Schocknacht hallte inzwischen gedämpfter. Das Grauen seiner Todesangst klaffte nicht mehr jede Nacht in sich wiederholenden Träumen als bodenloser Abgrund.
Eine Gelassenheit war in ihn eingekehrt, die andeutete, dass er eines Tages zu einem verzeihenden Menschen werden konnte.
Katzorke war sogar aufgefallen, dass er sich einmal selbst dafür gelobt hatte, wie er sein Leben als Behinderter nicht bloß ertrug, sondern gestaltete.
„ Es gibt immer eine Chance auf ein besseres Leben. Wenn man seine Potentiale erschließt.“
In alles Positive hinein mischte sich allerdings auch Skepsis.
„ Wenn ich keine Vergeltung an ihnen übe, welchen Sinn hatte dann mein Leben als Kommissar?“
Katzorke schlief zwei Nächte lang unruhig über dieser Frage. Sein neues, unbeschwertes Leben war eine große Verlockung für ihn. Doch das Problem dabei war, dass er einerseits schlichtes Vergnügen als einzigen Lebensinhalt nicht anerkannte, andererseits wollte er nicht zulassen, dass sein neuer, vergnüglicher Blick in die Welt wieder gekappt wurde.
„ Was, wenn die beiden sich von mir distanzieren, sobald ich ihnen den wahren Grund ihrer Tätigkeit nenne?“
Kein fröhliches Lachen mehr, keine Hörabenteuer, keine Inspiration für sein geistiges Auge!
„ Was, wenn sie einfach abhauen? Nehme ich mir dann einen Strick? Oder eine Überdosis Schlaftabletten?“
Er hasste jede Abhängigkeit. Darin war er sich treu geblieben. Doch inzwischen bestimmte nicht mehr er über seine Scouts, sie bestimmten über ihn!
Sein gesundheitlicher Zustand litt unter seinem inneren Zwiespalt. Fühlte er sich an einem Tag frisch und voller Energie, erschien ihm sein alter Schlachtplan logisch und einwandfrei. Er löste Probleme dynamisch, genau wie früher im Dienst.
Fühlte er sich aber am nächsten Tag kränklich, verfluchte er seine kriminalistische Profession und wünschte sich alles andere lieber herbei, als seinen Scouts bald reinen Wein einschenken zu müssen.
„ Ein Ziel muss sein, sonst zerreißt mich das Hin und Her!“
Nach zwei Tagen beendete er sein Grübeln, besann sich auf alte Tugenden. Preußische Pflichterfüllung und Korrektheit führten in ihm noch immer ihr verborgenes Eigenleben. Sein Maßstab seit Jahrzehnten.
„ Katzorke, ich verordne dir eine Frist! Bis dahin darfst du noch lose in deinen Sinnen umher torkeln.“
Der autoritäre Eigenbefehl löste vorerst sein inneres Problem. Er konnte wieder ruhig schlafen, genoss weiter in vollen Zügen die Ausflüge mit seinen Scouts.
Aber dann war die Frist abgelaufen und er musste seinem eigenen Befehl Folge leisten.
Er lud die beiden zu einer Besprechung in seine kalkweiße Behausung ein.
Seine Haushälterin hatte am Vortag alles eingekauft, was zu einem üppigen Frühstücksbuffet gehörte. Auch die Bettwäsche war gewechselt worden, das Zimmer gelüftet und Katzorke hatte ein Vollbad genommen, was für ihn in seiner Lage einen Aufwand bedeutete.
Allerdings hatte er seit der Bekanntschaft mit den beiden schon insgesamt mehr auf sich geachtet, war mehrmals am Tag aufgestanden und auf Krücken ein paar Schritte im Zimmer umher gelaufen.
Der Zeiger der großen Wanduhr rückte am Morgen auf neun Uhr achtundfünfzig, als es pünktlich an seiner Wohnungstür klingelte.
„ Bravo, wieder auf die Minute genau!“
Katzorke fühlte so etwas wie Stolz. So, als wären die beiden seine Kinder, Tochter und Sohn. Deshalb hatte er umso mehr ein mulmiges Gefühl bei dem Gedanken, die jungen Leute als seine Fahnder einzusetzen.
Er kam sich auf einmal hinterhältig vor.
Als erste kam Miranda ins Zimmer, dann, etwas zögernd und schüchtern, Sandor hinter ihr her.
„ Hallo!“
„ Hallo!“
„ Willkommen, liebe Freunde!“
Katzorke thronte
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