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Kommissar Morry - Der Henker kam zu spaet

Kommissar Morry - Der Henker kam zu spaet

Titel: Kommissar Morry - Der Henker kam zu spaet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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war nicht allein. Ein stiernackiger Kerl mit muskulösen Armen und dummem Gesicht saß neben ihr. Er hatte den Arm um sie gelegt und schwatzte hastig auf sie ein. Allan Raymond fand noch ein freies Plätzchen zwischen kichernden Venustöchtern. Er war froh darüber, daß sie ihn kaum beachteten. Sie hatten bereits ein paar andere Opfer in der Zange.
    „Was wünschen Sie zu trinken?“ fragte da eine silberhelle Stimme neben ihm.
    Allan Raymond hob erstaunt den Kopf. Er sah ein Mädchen an seiner Seite, wie er es nie in diesem traurigen Laden erwartet hätte.
    „Ein Bier und einen Whisky“, stotterte er. Dabei blickte er sie verlegen an. Ihr blasses Gesicht wirkte außerordentlich fesselnd; die großen, dunklen Augen erinnerten ihn an einen Waldsee zur Winterzeit.
    „Einen Moment“, murmelte Allan Raymond verwirrt. „Sie erinnern mich an eine Bekannte, die ich vor ein paar Jahren aus den Augen verlor. Darf ich fragen, wie Sie heißen?“
    „Miriam Davis“, klang es leise zurück. „Sind Sie etwa von der Polizei?“ Die zarte Stimme klang heiser vor Aufregung.
    „Nein“, lächelte Allan Raymond. „Keineswegs. Wie kommen Sie darauf?“
    Miriam Davis entfernte sich wortlos und kehrte etwas später mit den bestellten Getränken zurück. Als sie die forschenden Blicke des eleganten Herrn auf sich ruhen fühlte, gewann ihr blasses Gesicht etwas Farbe.
    „Ich kann mir nicht denken, daß wir uns schon irgendwo gesehen haben“, sagte sie scheu. „Sie müssen sich irren, Sir!“
    „Schade!“ murmelte Allan Raymond. „Wirklich sehr schade, Miß Davis! Ich hätte mich gern ein wenig mit Ihnen unterhalten. Aber sicher haben Sie keine Zeit?“ „Nein, es gibt viel zu tun“, erwiderte Miriam Davis hastig. „Entschuldigen Sie mich bitte!“
    Wie gebannt starrte Allan Raymond hinter der zauberhaften Erscheinung her. Ich muß sie unbedingt näher kennenlernen, dachte er. Sie ist das hübscheste Mädchen, dem ich je begegnete. Ich werde sie fragen, warum sie ausgerechnet in dieser häßlichen Kaschemme arbeitet. Und dann werde ich sie hier herausholen, so wahr ich Allan Raymond heiße. Ein scharrendes Geräusch in seiner Nähe verscheuchte in Sekundenschnelle seine Träume. Er kehrte wieder in die raue Wirklichkeit zurück. Er saß hier, um Linda Cantrell zu beobachten. Und nun hätte er beinahe übersehen, daß sie eben an der Seite des stiernackigen Burschen auf den Ausgang zusteuerte. Hastig warf Allan Raymond einen Geldschein auf den Tisch. Dann ging er mit raschen Schritten hinter den beiden her. Als er aus der Tür trat, sah er gerade noch, daß sie in eine wartende Taxe stiegen. Mit ein paar langen Sätzen war Allan Raymond bei seinem eigenen Wagen. Er riß den Schlag auf und warf sich hinter das Steuer. Im nächsten Moment brummte der Motor auf. Der Wagen schoß mit einem mächtigen Satz voran.
    „Hast du sie gesehen?“ fragte Philip Cantrell mit gepreßtem Atem. „Eh, was sagst du nun? Hatte ich nicht recht? Ist sie nicht das leichtfertigste Frauenzimmer, das auf Gottes Erdboden herumläuft?“
    „Abwarten!“ murmelte Allan Raymond zerstreut. „Wir werden ja sehen.“
    Sie zockelten gemächlich hinter der langsamen Taxe her. Der altmodische Kasten schlug die Richtung nach Plumstead ein. Seine Rücklichter glühten wie feurige Kohlen durch die Nebelbrühe.
    „Was tut sie in Plumstead?“ fragte Philip Cantrell in verzehrender Eifersucht. „Dort draußen gibt es doch keine Nachtlokale. Anscheinend will sie bei dem widerlichen Kerl übernachten. Etwas Ähnliches hab ich von allem Anfang an vermutet. Sie wird sich wieder ein paar dreckige Scheine verdienen wollen.“
    Allan Raymond zuckte schweigsam mit den Achseln. Mechanisch fuhr er hinter der Taxe her. Die Häuserreihen lockerten sich allmählich auf. Die Heideflächen von Plumstead kamen in Sicht. Zu beiden Seiten der Straße zogen sich rote Backsteinhäuser hin. Die meisten lagen schon dunkel. Hier wohnten Arbeiter, die in aller frühe ihr Tagewerk beginnen mußten und deshalb schon kurz nach dem Abendessen in die Federn krochen.
    „Sie halten“, zischelte Philip Cantrell aufgeregt. „Bleib stehen!“
    Allan Raymond trat augenblicklich auf die Bremse. Er sah, daß zwei schattenhafte Gestalten aus der Taxe stiegen, den Fahrer entlohnten und dann auf ein einsam stehendes Gebäude zur Linken zugingen. Eine Minute später flammte ein Licht im Erdgeschoß des dunklen Hauses auf. Sonst war nichts Besonderes zu sehen. Die Taxe hatte sich inzwischen

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