Kommissar Morry - Der Henker kam zu spaet
Zeichen für uns. Er ist bei weitem gefährlicher als Mervan. Wenn er etwas in die Hände nimmt, macht er meistens fette Beute. Ich könnte Ihnen Dutzende von Freunden aufzählen, die dieser Kerl schon in den Käfig brachte.“ Miriam Davis lehnte sich matt an den Türrahmen.
,Ich hätte in Trontham bleiben sollen', dachte sie schwermütig. ,Diese vier Wochen hätte ich sicher auch noch überstanden. Dann wäre ich ordnungsgemäß entlassen worden. Ich hätte nicht vor jedem Polizisten zu zittern brauchen. Aber so stürze ich von einer Aufregung in die andere.
„Wollen Sie hinaus zu ihm?“ fragte Antony Fingal höhnisch. „Ich garantiere Ihnen, daß er Sie auf der Stelle verhaftet. Billiger könnten Sie es gar nicht haben.“
„Nein“, stammelte Miriam Davis angstvoll. „Nein, bitte nicht. Lassen Sie mich hierbleiben, bis er weg ist. Bitte, tun Sie mir auch einmal einen Gefallen.“
Antony Fingal kümmerte sich nicht weiter um sie. Er wandte sich Luke Macholl zu.
„Ich kann dir einen großen Erfolg melden“, murmelte er gedämpft. „Du wirst heute einen Mann vom Sicherheitsdienst als Gast bekommen. Der werte Herr heißt Rex Belmore und hat das wichtige Amt, heute und morgen Nacht die Posten in den Flugzeugwerken Haviland zu kontrollieren. Wir haben ihm ein kleines Märchen erzählt. Wir redeten ihm ein, daß er hier einen alten Freund treffen würde. Wundere dich also nicht, wenn er hier stundenlang auf jemand wartet. Er wird vergeblich seinen Hals recken.“
„Was habe ich damit zu tun?“ fragte Luke Macholl unruhig. Er griff sich mit der Rechten an den Hals, als würge ihn eine unsichtbare Schlinge. Sein Gesicht stand plötzlich voll heller Schweißperlen.
„Du hast nichts damit zu tun“, brummte Antony Fingal spöttisch. „Ich brauche lediglich Miriam Davis für das Geschäft. Du mußt sie bis ein Uhr morgens zu meiner Verfügung halten. Dann kann sie wieder weiter bedienen.“
Miriam Davis wich bis in die hinterste Ecke des Zimmers zurück, als sie die stechenden Blicke des Totenschädels über ihre Gestalt tasten sah. Furchtsam preßte sie die Hände auf ihr Herz. Aus ihrem Gesicht wich die letzte Farbe.
„Was soll ich tun?“ fragte sie mit zitternder Stimme.
„Nur keine Angst“, lächelte Antony Fingal dünn. „Sie haben sich nur zu diesem Mr. Belmore zu setzen und ihn gut zu unterhalten. Sie werden es so arrangieren, daß er betrunken wird. Wenn es so weit ist, dann ziehen Sie ihm seine Brieftasche aus dem Anzug. Das ist alles. Ein Kinderspiel, wie?“
„Nein“, stotterte Miriam Davis in tiefstem Abscheu. „Das werde ich nicht tun. Niemals werde ich mich für eine derartige Gemeinheit hergeben.“
Antony Fingal wußte genau, wie man unerfahrene Mädchen erpreßte. Er ging zur Tür und öffnete sie einen Spalt breit.
„Kommen Sie“, sagte er hämisch. „Ich werde Sie dem Kommissar vorstellen. Er ist seit langem hinter der Freundin Dora Gibbons her.“
Die Worte taten ihre Wirkung. Nur nicht nach Trontham zurück, dachte Miriam Davis schaudernd. Lieber alles andere. Ich muß mich ihren Wünschen fügen. Ich darf sie nicht gegen mich aufbringen.
„Ich werde es tun“, sagte sie leise. „Ich habe keine andere Wahl.“
„Na also“, lächelte Antony Fingal zynisch und schloß die Tür. „Ich wußte es doch, Miß Davis! Wir reden nachher weiter über die Sache.“
*
Schon eine halbe Stunde später traf Rex Belmore in der Bar ein. Er war ein großer, stattlicher Mann mit stahlblauen Augen und schmalen Lippen. Wachsam spähte er über die Tischreihen. Forschend blickte er den Gästen in die Gesichter.
„Suchen Sie jemand, Sir?“ fragte Miriam Davis zaghaft.
„Jawohl“, schnarrte Rex Balmore rasch. „Ich werde von einem Freund erwartet. Hat schon jemand nach mir gefragt ?“ Er nannte seinen Namen und blickte sie wohlgefällig von oben bis unten an. Miriam Davis schauerte fröstelnd zusammen. Das ist er also, dachte sie entsetzt. Mein Gott, was soll ich tun?
„Na, nun nehmen Sie erst einmal Platz“, hörte sie sich selbst wie aus weiter Ferne sagen. „Ihr Freund wird schon noch kommen. Was wünschen Sie zu trinken?“
Rex Belmore ließ sich an dem einzigen freien Tischchen nieder und bestellte sich Wein mit Sodawasser.
„Ich muß hell bleiben“, murmelte er mit wichtiger Miene. „Habe heute nacht noch einen anstrengenden Dienst zu verrichten.“
Miriam Davis ging ans Büfett, um die bestellten Getränke anzufordern.
„Setzen Sie sich zu ihm“,
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