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Kommissar Morry - Der Henker kam zu spaet

Kommissar Morry - Der Henker kam zu spaet

Titel: Kommissar Morry - Der Henker kam zu spaet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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durcheinander.
    Er spürte, daß sein Bewußtsein in eine Ohnmacht hinüberdämmern wollte. Das Blut rauschte dröhnend in seinen Schläfen. Zwei, drei Sekunden noch, dann würde er ohnmächtig vor seinem Henker liegen. Er riß weit die Augen auf und stierte mit flackernden Blicken in das Dämmerlicht. Er sah einen fahlen Fleck, der in Wirklichkeit ein menschliches Gesicht war. Eine höhnisch verzerrte Fratze, die in fiebernder Ungeduld darauf wartete, daß er sich nicht mehr regte. Allan Raymond nahm seine letzten Kräfte zusammen. Er hob mühsam den Arm, krampfte die Hand um die Lampe, die er noch immer bei sich trug. Gleichzeitig holte er zum Wurf aus. Er zielte mitten in das hämische Schurkengesicht seines Gegners. Das Wunder geschah. Er traf. Die Lampe schlug klirrend in das verzerrte Gesicht. Für den Bruchteil einer Sekunde lockerte sich die Schlinge. Und diese winzige Chance genügte Allan Raymond. Er konnte sich von der tödlichen Seidenschnur befreien..
    Hastig taumelte er auf. Wie eine Katze kletterte er auf das Sims empor. Ein kühner Sprung — dann lag die Gefahr hinter ihm. Er landete wohlbehalten im Hof. Aber noch immer gönnte er sich keine Pause. Er verhielt keine Sekunde. In hastigem Lauf stürmte er auf den Madras Viaduct zu. Erst als er in seinem Wagen saß, fühlte er sich endgültig in Sicherheit. Mit der Linken umfaßte er das Steuer, mit der Rechten strich er stöhnend über den zerschundenen Hals. Er konnte kaum schlucken vor Schmerzen. Jeder Atemzug bereitete ihm höllische Qualen. Es bestand also kein Zweifel darüber, daß er auf schnellstem Wege hätte nach Hause fahren sollen. Aber Allan Raymond dachte gar nicht daran. Er fuhr die kurze Strecke zur Venus Bar hinüber, legte kunstgerecht einen Seidenschal um den Hals und trat nachher in die berüchtigte Spelunke ein. Seine Blicke suchten Miriam Davis. Und er staunte nicht schlecht, als sie ihm lächelnd entgegenkam.
    „Sie?“ fragte er verblüfft. „Haben Sie sich etwa Flügel wachsen lassen? Wie kommen Sie denn hierher? Ich dachte, Sie seien . . .“
    Miriam Davis blickte ihn erstaunt von oben bis unten an. „Was wünschen Sie zu trinken?“ fragte sie mit matter Stimme. „Einen Whisky“, sagte Allan Raymond. Er blickte ihr kopfschüttelnd nach, wie sie schlank und anmutig zur Theke ging.
    Als sie zurückkehrte, schaute er prüfend in ihr blasses Gesicht.
    „Ich soll Ihnen Grüße bestellen“, meinte er spöttisch. „Grüße von Antony Fingal. Er bedauerte es sehr, daß Sie so überstürzt aufbrechen mußten.“
    Miriam Davis starrte ihn entgeistert an. Ihre Lippen schlossen sich zu einem schmalen Strich. Ihre Hände zitterten so stark, daß die schmalen Silberringe auf der Tischplatte klirrten. „Woher wissen Sie denn, daß ich bei Antony Fingal war?“ fragte sie stockend. „Waren Sie etwa auch im Klub? Gehören auch Sie zu diesen Leuten, die ich mehr hasse als . . .“
    Auf diese Frage wußte Allan Raymond keine Antwort mehr. Er verlor alle Zusammenhänge. Nur eines war ihm klar: daß es hier mehr Rätsel gab, als er je lösen konnte.

    12

    Guy Hamper war im allgemeinen ein verschlossener und wortkarger Mann. Aber wenn er getrunken hatte, dann konnte er einfach die Klappe nicht halten. An diesem Mittwochabend führte er sich in Lizzy's Hafenschenke auf wie ein Verrückter. Er prahlte mit seinen Heldentaten und ließ bündelweise seine Geldscheine auf den Tisch flattern. „He, was sagt ihr nun?“ grölte er aus vollem Halse. „Was haltet ihr von eurem Freund, eh? Hat er nicht mehr Moos in der Tasche als der Präsident der königlichen Banken?“
    Seine vier Freunde reckten staunend die Hälse. Sie ließen heimlich ein paar Scheine verschwinden und bestellten bei der bleichen Lizzy zwei neue Flaschen.
    „Woher hast du das viele Silber?“ fragte Burt Holländer habgierig. „Dachte bisher immer, wir wollen jedes Ding gemeinsam drehen . . .?“
    Der stiernackige Guy Hamper nahm einen mächtigen Zug aus seinem Krug.
    „Hört mir zu, Freunde“, raunte er wichtig. „Ich bin zu diesem Geschäft gekommen wie die Jungfrau zum Kind. War reiner Zufall. Traf eines Abends einen Mann, der mir seine Brieftasche anbot. Hatte nicht viel dafür zu leisten. Mußte lediglich hinter einem kleinen Mädchen herlaufen. Schätze, das junge Ding hatte Angst vor mir. Es sprang von einer Brücke in den Row Creek hinunter. Mein Freund und ich . . .“
    Burt Holländer pfiff leise durch die Zähne. Ich würde an deiner Stelle lieber die Klappe

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