Kommissar Morry - Der Tod war schneller
Mann ist ein Nachbar von Clark Dixon. Er ist verheiratet und von Beruf Eisenbahner. Er wohnt im Erdgeschoß einer Mietskaserne."
„Ich bleibe wieder außen auf der Straße", brummte Lucas Turbin. „Solltest du mich brauchen, dann gibst du mir ein Lichtsignal. All right?"
„All right!"
Sie trennten sich. Jebb Mackolin pirschte sich an die Haustür der Mietskaserne heran. Sie war verschlossen. Er mußte einen Sperrhaken zu Hilfe nehmen.
Schon eine Minute später knackte das Schloß. Die Tür öffnete sich. Vor Jebb Mackolin tat sich ein muffiger Flur auf. Die Wohnung des Eisenbahners lag zur Linken. „Elliot Henley", stand über der Glocke. Es gab noch vier andere Wohnungen im Erdgeschoß. Fröstelnd äugte Jebb Mackolin auf die vielen Türen. Das könnte brenzlig werden, dachte er beklommen. Wenn dieser Bahnfritze um Hilfe ruft, habe ich vier Parteien auf dem Hals. Hoffentlich geht die Sache nicht schief. Er machte sich geräuschlos über die Tür her. Leise führte er den Sperrhaken ins Schloß. Befriedigt stellte er fest, daß er es mit einem einfachen Schnappschloß zu tun hatte. Mit einem leisen Klicken sprang die Tür auf. Der Weg war frei. Auch diesmal schaltete Jebb Mackolin frech seine Lampe ein. Er drückte sanft die Tür hinter sich ins Schloß und geisterte verstohlen durch den Korridor. Aus einem Raum zur Linken hörte er lautes Schnarchen. Sofort wandte er sich dieser Tür zu. Leise drückte er die Klinke nieder. Die Tür ging auf, langsam, Zoll um Zoll. Jebb Mackolin richtete den grellen Lichtkegel der Lampe direkt auf das altmodische Doppelbett. Zwei alte Leutchen lagen darin, die friedlich und mit ruhigern Gewissen dem Morgen entgegenschliefen. Sie waren nicht erwacht. Noch immer klang das Schnarchen des Mannes laut und gleichmäßig durch den Raum.
Jebb Mackolin griff hinter sich, zog die Tür auf und warf sie dann krachend ins Schloß.
Das Schnarchen brach ruckartig ab. Ein struppiger Kopf fuhr aus den Kissen hoch. Zwei erschreckte Augen starrten in das grelle Licht. Ein erstickter Schreckensruf erklang. Auch Mrs. Henley war von dem Lärm wach geworden. Verstört richtete sie sich auf. Ein entsetzter Schrei brach von ihren Lippen. Schaudernd blickte sie auf den dunklen Schatten, der hinter der hellen Lampe sichtbar wurde.
„Wer ist da?" fragte Elliot Henley heiser. „Was wollen Sie hier? Bei uns gibt es nichts zu holen. Ich bin ein kleiner Arbeiter bei der Stadtbahn . . ."
„Ich will nur den grüngelben Zettel haben", zischte Jebb Mackolin scharf. „Los, rücken Sie ihn heraus. Ich zähle bis drei . . ."
„Um Gottes willen, Elliot", stammelte die ältliche Frau entgeistert. „Was für einen Zettel meint er denn? Gib ihm den Wisch. Dann geht er vielleicht wieder weg."
Elliot Henley stierte verständnislos in das blendende Licht.
„Ich weiß nicht, was Sie meinen", stammelte er verängstigt. „Was soll das für ein Zettel sein?"
„Ein grüngelber Zettel, auf dem vier schwarze Zahlen stehen."
„Davon weiß ich nichts", murmelte Elliot Henley mit blassen Lippen. „Sie müssen mir glauben, Sir! Ich habe ein solches Papier nie in den Händen gehabt." Jebb Mackolin zauderte sekundenlang. Auch dieser Gang war also umsonst gewesen. Es hatte keinen Sinn, sich noch länger in diesem Raum aufzuhalten. Er mußte weg. Je eher, desto besser. Er streckte schon die Hand nach der Türklinke aus, da schlug plötzlich die Flurglocke an. Laut und gellend. Das schrille Geräusch ging Jebb Mackolin durch Mark und Bein. Was hatte dieses verdammte Läuten zu bedeuten? War denn Lucas Turbin nicht auf seinem Posten? Oder hatte er selbst dieses Alarmsignal gegeben? Sollte es eine Warnung sein? Noch ehe Jebb Mackolin eine Antwort auf seine vielen Fragen fand, fiel draußen ein Schuß. Hart und blechern brach sich das Echo im Zimmer. Ein röchelndes Stöhnen war zu hören. Ein paar hastige Schritte. Ein dumpfes Poltern, als sei jemand auf das Pflaster gestürzt. Dann wieder Stille. „Gott steh uns bei", murmelte Mrs. Henley schaudernd. „Was ist das für eine entsetzliche Nacht!"
*
Dabei hatte es eigentlich gar nicht so ausgesehen, als sollte sich etwas Besonderes ereignen. Lucas Turbin war ein paarmal vor dem Haus auf und ab gegangen und hatte sich dann dicht neben dem Eingang an die Mauerwand gelehnt. Gewohnheitsmäßig zündete er sich eine Zigarette an. Zwei, drei Minuten stand er völlig regungslos auf seinem Posten, dann hob er den Kopf und äugte zu den Fenstern im Erdgeschoß empor. Er
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