Kommissar Morry - Der Tod war schneller
zuviel über den Ehemann der Ermordeten? Hat Clark Dixon vielleicht doch etwas zu verbergen?"
Kommissar Morry spielte mit einem Bleistift. Eine geraume Weile dachte er über das Gehörte nach.
„Haben Sie schon am Pavement in Clapham herumgehorcht, wie Clark Dixon mit seiner Frau zusammenlebte? Gab es zwischen ihnen Unstimmigkeiten? Hatte Mary Dixon vielleicht einen heimlichen Liebhaber?"
„Ausgeschlossen, Sir!" sprudelte Inspektor Flavius hervor. „Diese Frau hätte ihren Mann nie betrogen. Sie genoß den besten Ruf. Ich habe bis jetzt kein schlechtes Wort über sie gehört."
„Und er? Hatte er vielleicht eine Freundin?"
„Keine Ahnung, Sir!"
„Es wäre aber sehr wichtig, das zu wissen. Ich würde Ihnen raten, Inspektor, Clark Dixon in Zukunft auf den Fersen zu bleiben. Er hat zur Zeit Urlaub. Forschen Sie nach, mit wem er sich trifft. Wenn es eine Frau ist, sind Sie vermutlich ein großes Stück weitergekommen. Wenn es Männer sind, so notieren Sie sich deren Namen und Adressen."
„Ich danke Ihnen, Sir", sagte Inspektor Flavius mit leisem Räuspern. „Ich werde mich genau an Ihren Rat halten. Bisher allerdings sehe ich wenig Hoffnung, den Fall allein lösen zu können. Es gibt noch keinerlei Anhaltspunkte. Ich tappe völlig im Dunkeln."
„Ich bin jederzeit für Sie zu sprechen", murmelte Morry lächelnd. „Wenn Sie irgendeinen Kummer haben, so wenden Sie sich bitte an mich. Ich werde sehen, was ich dann für Sie tun kann."
Inspektor Flavius verließ das große Dienstzimmer etwas optimistischer, als er gekommen war. Dennoch hatte er große Bedenken, ob er jemals Licht in das geheimnisvolle Dunkel dieser beiden Verbrechen bringen würde.
8
Es war Samstagabend. In der engen Kücbe, die Jebb Mackolin mit Frau und Kindern bewohnte, roch es süß und brenzlig nach einem frischgebackenen Pflaumenkuchen.
„Warum ißt du nicht?" fragte Kate mürrisch. „Los, nimm dir ein Stück. Frisch schmeckt er am besten."
„No, danke", brummte Jebb Mackolin. „Ich kann sonst nachher kein Bier trinken. Eßt das Zeug selbst. Ich gehe in meine Stammkneipe."
Er war gerade dabei, seine Überjacke anzuziehen, da läutete es an der Tür. Kate wollte hinaushuschen, aber er kam ihr zuvor. Er schob sie derb zur Seite.
„Laß mich machen", knurrte er. „Wird ein Freund von mir sein."
Es war Clark Dixon, der draußen auf dem dämmerigen Treppenabsatz stand. „Störe ich?" fragte er schüchtern.
„No", brummte Jebb Mackolin wortkarg. „Wollte sowieso eben Weggehen. Kommen Sie mit!"
Sie gingen die Treppe hinunter und traten auf die Straße hinaus. Eine laue Sommernacht empfing sie. Der Himmel war blau und klar. Vom Clapham Common klang das Gezwitscher verliebter Pärchen herüber.
„Kommen Sie mit in die Kneipe?" fragte Jebb Mackolin.
„No", stotterte Clark Dixon, „das ist mir zu gefährlich. Ich bin verfolgt worden, als ich hierher ging. Ich hatte große Mühe, den Mann abzuschütteln. Irgend jemand schleicht in der letzten Zeit ständig hinter mir her."
Er machte eine kurze Pause und sah Jebb Mackolin lauernd an. Er fieberte vor Ungeduld.
„Wie war es bei Cedrick Globe?" fragte er atemlos. „Hat er die Tasche? Bekannte er Farbe?"
„No, er sagte kein Wort."
„Warum nicht? Haben Sie ihn denn nicht ins Verhör genommen?"
„Es hätte keinen Sinn gehabt. Der Mann war tot."
„Tot?"
„Ja, ermordet. Er hatte ein Loch in der linken Schläfe. Rührte von einem Schuß her. Anschließend hatte ich noch das Vergnügen, dem Mörder zu begegnen. Leider habe ich ihn nicht erkannt."
Clark Dixon fiel aus allen Wolken. Er wurde aschfahl im Gesicht. Seine Zähne schlugen wie im Fieber aufeinander. Aber schließlich siegte die Habgier über seine
Angst. „Haben Sie die Wohnung durchsucht?" fragte er hastig.
„War nicht nötig", brummte Jebb Mackolin einsilbig. „Der Mann hatte keinen Penny in der Tasche, als er starb. War ein ganz armes Luder. Möchte nur wissen, warum man ihn ermordet hat. Der Mann sah nicht so aus, als hätte er jemandem etwas getan."
„Werden Sie die Suche fortsetzen?" fragte Clark Dixon unsicher.
„Warum nicht? Ich hoffe, daß wir heute nicht wieder einen Toten finden werden. In diesem Fall würde ich das Geschäft aufgeben."
Zwei Stunden später machten sich Lucas Turbin und Jebb Mackolin wieder auf den Weg. Auch diesmal schlugen sie die Richtung zum Pavement in Clapham ein. Jebb Mackolin zerrte den abgegriffenen Zettel aus der Tasche. „Elliot Henley", las er. „Auch dieser
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