Kommissar Morry - Der Tod war schneller
allein in seiner Wohnung. Wir werden nicht viele Schwierigkeiten mit ihm haben."
Lucas Turbin war mit allem einverstanden. Er trottete schweigsam neben Jebb Mackolin hin. Sie stärkten sich in einem Automatenbüfett mit ein paar Schnäpsen und trafen kurz nach elf Uhr am Pavement in Clapham ein. Schon von weitem sahen sie das Feinkostgeschäft im Licht der Laternen liegen. Es besaß zwei große Schaufenster, die während der Nacht mit Gittern gesichert waren. Eine schmale Einfahrt führte zur Haustür. Die Fenster der Wohnung lagen sämtlich dunkel.
„Der Mann ist stark verschuldet", raunte Jebb Mackolin heiser. „Das habe ich bereits ausgeknobelt. Die gelbe Tasche mit den achtzigtausend Pfund hätte ihn retten können. Vielleicht hat er sie tatsächlich geklaut."
„Ich bleibe außen", flüsterte Lucas Turbin und zündete sich eine Zigarette an. „Hast du die Sperrhaken dabei?"
Jebb Mackolin nickte und machte sich auf den Weg. Er öffnete leise das Gittertor, das die Einfahrt zur Straße hin abschloß. Er ging auf leisen Sohlen weiter. Sekunden später verschmolz seine bullige Gestalt mit der dunklen Haustür. Er kramte seine Sperrhaken hervor und machte sich geräuschlos am Schloß zu schaffen. Als er eine Weile herumhantiert hatte, merkte er plötzlich, daß die Tür offen war. Er hätte sich die Mühe sparen können. Er hatte kaum die Klinke niedergedrückt, da sprang die Türe auf. Rasch huschte Jebb Mackolin in den Hausflur hinein. Die Wohnung Cedrick Globes befand sich im Erdgeschoß. Es gab nur diese eine Wohnung, die hinter dem Laden gelegen war. Eine Tür mit zahlreichen Glasscherben dämmerte matt aus dem Halbdunkel. Jebb Mackolin schlich langsam näher. Er witterte vorsichtig nach allen Seiten. Es rührte sich nichts. Oben blieb alles still. Der dünne Lichtstrahl seiner Lampe huschte für den Bruchteil einer Sekunde über die Tür. Er stellte fest, daß eine der kleinen Glasscheiben zerbrochen war. Einige Splitter hatten sich bereits gelöst. Wenn er auch die anderen noch entfernte, konnte er bequem mit der Hand hindurchgreifen. Er nahm die Glasscherben heraus und legte sie lautlos auf den Fußabstreifer. Dann griff er mit der Hand nach innen. Er schob den Riegel zurück. Die Tür schwang nach innen. Es gab keinerlei Geräusche. Jebb Mackolin schaltete frech seine Lampe ein. Er öffnete die erste Tür zur Linken. Sie führte in die Küche. Hastig schloß er sie wieder. Bereits bei der nächsten Tür hatte er Glück. Er kam in das Schlafzimmer. Der Schein seiner Lampe huschte über das breite Einzelbett. Cedrick Globe lag mit kahlem Glatzkopf in den Kissen. Er regte sich nicht. Er war nicht erwacht. Drei, vier Sekunden lang stand Jebb Mackolin ratlos da. Dann warf er krachend die Tür ins Schloß. Der Schlag donnerte wie ein Kanonenschuß. Aber Cedrick Globe erwachte dennoch nicht. Er blieb ruhig liegen.
„Der Mann hat Nerven", brummelte Jebb Mackolin und schlich näher an das Bett heran. Er rüttelte den Schlafenden an der Schulter. Erschreckt sah er, daß der Kopf schlaff zur Seite fiel. In diesem Moment entdeckte er auch die Schußwunde an der Schläfe. Die linke Gesichtshälfte war dick mit Blut verkrustet. Die Haut fühlte sich kalt und leblos an. Die Augen waren nicht ganz geschlossen. Es sah aus, als starrten ihn die Pupillen unter den halbgesenkten Lidern lauernd und feindselig an.
Das Schweigen im Raum war unerträglich.
„Was tun Sie hier?"
Jebb Mackolin horchte entsetzt der harten Stimme nach. Er fuhr ruckartig herum und spähte mit flackernden Blicken durch das Zimmer. Er konnte niemand entdecken.
„Machen Sie das Licht aus!"
Jebb Mackolin gehorchte. Er löschte die Lampe und steckte sie in seine Jackentasche. Starr und regungslos blieb er neben dem Toten stehen. Seine Nerven vibrierten wie überspannte Saiten. Sein Herz schlug dumpf wie eine Trommel.
„Was tun Sie hier?" fragte die unheimliche Stirnme wieder.
Jebb Mackolin konnte niemand erkennen, so sehr er auch seine Augen anstrengte. Fieberhaft zermarterte er sein Gehirn nach einer Ausrede. Er fühlte instinktiv, daß es der Mörder war, der sich irgendwo im Dunkel verbarg. Jeden Augenblick konnte wieder ein Schuß fallen. Es war nicht schwer zu erraten, wer das nächste Opfer sein würde.
„Ich habe noch Geld von Mister Globe zu bekommen", stieß er nach einer Weile heiser hervor. „Ich habe ihn oft schriftlich gemahnt. Ohne jeden Erfolg. Nun bin ich selbst gekommen, um mein Geld einzutreiben. Leider zu spät, wie
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