Kommissar Morry - Der Tod war schneller
Der Mann ist eine absolute Niete, Sir. Das sieht man auf den ersten Blick. Er wird sich hier die Taschen vollstopfen und dann still und heimlich verschwinden."
Ashley Bienheim lächelte. „Sie sehen alle Dinge viel zu schwarz, Mister Banim. Dieser neue Herr wird ja nur solange bleiben, bis die Unschuld Clark Dixons erwiesen ist. Vielleicht brauchen Sie sich also nur drei oder vier Tage mit ihm herumärgern."
„Ich weiß nicht", murmelte Lucius Banim bedrückt. „Ich habe jedenfalls das Gefühl, als würden wir mit diesem Mister Korda eine schreckliche Katastrophe erleben. Denken Sie an meine Worte, Sir."
Er machte auf dem Absatz kehrt und stürmte aus dem Zimmer. Sein Gesicht war dunkel vor Unruhe und Besorgnis. Rasch ging er an dem Schreibtisch Albert Kordas vorüber. Er konnte sich nicht überwinden, auch nur ein einziges Wort mit diesem leichtsinnigen Menschen zu wechseln.
11
In der engen Küche Jebb Mackolins gab es an diesem Abend einen Riesenkrach. Wieder einmal war das leidige Geld schuld an dem großen Spektakel. Es war kein Penny mehr im Hause. Kate wußte nicht, wovon sie das Abendessen bestreiten und die brüllenden Kinder beköstigen sollte. Sie hatte sich bereits damit abgefunden, daß alle mit hungrigen Mägen in die Betten kriechen würden.
„Verdammt, was bist du für ein dämlicher Wicht", schrie sie Jebb Mackolin an. „Da versprichst du uns dauernd goldene Berge und kannst noch nicht einmal ein Stück Brot kaufen. Hätte ich diese Pleite vorausgeahnt, so wäre ich nie mit dir in dieses finstere Loch gezogen."
Ihr Redestrom wäre vermutlich nicht so rasch versiegt, wenn es nicht plötzlich an der Tür geläutet hätte. Sofort stand Jebb Mackolin auf und schob seine bullige Gestalt in den Korridor hinaus.
„Wird ein Freund von mir sein", brummte er über die Schulter zurück. „Vielleicht kann ich ihn anpumpen. Bleib solange in der Küche."
Er öffnete die Tür und prallte noch in der gleichen Sekunde verstört zurück. Vor ihm stand ein junger, freundlicher Herr, dessen Bild Jebb Mackolin längst aus den Zeitungen kannte.
„Kommissar Morry", murmelte der Besucher in sanftem Ton. „Darf ich bitte eintreten?"
Jebb Mackolin machte wortlos die Tür zu der ärmlichen Wohnstube auf. Er brachte einfach kein Wort hervor. Seine Zunge klebte wie festgeleimt am Gaumen. Höchste Gefahr, dachte sein träges Herz. Der Yard hat nicht umsonst seinen berühmtesten Detektiv aufgeboten. Die nächsten Minuten dürften verdammt brenzlig werden.
Er behielt recht mit seiner Vorahnung. Der Kommissar war aus anderem Holz geschnitzt als Inspektor Flavius. Lächelnd und harmlos begann er zu plaudern. Aber jedes einzelne Wort bedeutete eine hinterhältige Falle.
„Wie war das mit dem Überfall auf Clark Dixon?" fragte er gleichgültig. „Sie standen mit Lucas Turbin in einem Torbogen der Clayton Street, nicht wahr? Und als der Bankbote diese Stelle passierte, fielen Sie über ihn her und entrissen ihm die Geldtasche. Das war ein einfaches und lohnendes Geschäft für Sie. Damit sollten Sie eigentlich zufrieden sein. Haben Sie es nötig, nach diesem reichen Fischzug noch in fremde Wohnungen einzubrechen?"
Stille. Der Kommissar hatte plötzlich zu reden aufgehört. Ein beklemmendes Schweigen breitete sich im Raum aus. Jebb Mackolin stierte mit leeren Blicken in eine abgelegene Ecke. Der Schweiß brach ihm aus allen Poren. Seine Hände kamen in unstete Bewegung.
„Was soll denn das, Sir?" stotterte er mit weit aufgerissenen Augen. „Wie kommen Sie auf die Idee, daß ich einen Bankboten überfallen hätte? Ich rühre keine krummen Dinge mehr an, Kommissar. Das wissen Sie doch. Das halbe Jahr Knast hat mir voll= kommen gereicht."
„Anscheinend doch nicht", versetzte Morry gemütllich. „Dieser gelbgrüne Zettel scheint Sie nachts nicht mehr schlafen zu lassen. Sie machen verdammt scharfe Jagd auf diesen Wisch."
„Ich?"
„Ja, Sie!"
Jebb Mackolin wollte in ein polterndes Gelächter ausbrechen. Aber es wurde nur ein mühsames Keuchen daraus. Noch immer quollen seine Augen weit aus den Höhlen.
„Wo soll ich denn eingebrochen haben, Sir?" fragte er lauernd.
„Bei dem Eisenbahner Elliot Henley am Pavement in Clapham. Während Sie in die Wohnung eindrangen, blieb Ihr Freund draußen vor der Haustür stehen. So war es doch, nicht wahr?"
„Nein, Sir", würgte Jebb Mackolin heiser hervor. „Sie irren sich, Kommissar. Ich kenne diese Adresse überhaupt nicht. Ich habe auch keine Ahnung, was Sie mit
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