Kommissar Morry - Die Stimme des Terrors
müssen."
„Ich habe Angst!" sagte das Mädchen.
Stuart beugte sich vor und nahm ihre Hände behutsam zwischen die seinen. „Ich kann das gut verstehen. In der letzten Zeit ist einfach zuviel auf dich eingestürmt. Aber du wirst deine Angst rasch vergessen, wenn du bei mir bist!"
Jeanette lächelte tapfer und nickte. „Ja, schon... aber wir müssen doch auf die konservativen Kreise der Stadt Rücksicht nehmen! Es würde Anlaß zu Klatschereien geben, wenn wir wenige Wochen nach Mamas Tod heirateten."
„Anstandshalber können wir noch zwei Wochen warten, aber keinen Tag länger..."
„Ich pflichte Stuart bei. Die Leute reden so und so", meinte Roger. „Heiratet schnellstmöglich! Es ist die beste Lösung. Dann kann ich auch das Haus verkaufen..."
„Fängst du schon wieder an?" fragte Jeanette vorwurfsvoll.
„Was erwartest du denn? Soll ich mit der Dienerschaft allein in dem großen, düsteren Kasten hausen? Sei mir nicht böse... aber dazu verspüre ich keine Lust!"
„Ich kann deinen Bruder gut verstehen."
Jeanette seufzte. „Also meinetwegen... nach unserer Hochzeit kannst du das Haus veräußern!"
Cedric blieb stehen. Er sah den Mann, der ihn verfolgte, im Spiegelbild des Schaufensters. Langsam wandte er sich um. Sein Verfolger war ebenfalls stehengeblieben und schaute an der Gebäudefassade in die Höhe. Cedric ging auf ihn zu.
„Wer sind Sie?" fragte er.
„Das wissen Sie doch ganz genau!"
„Ich beobachte Sie bereits seit einer halben Stunde. Warum folgen Sie mir?"
Inspektor Rockwell lächelte dünn. „Das können Sie sich doch gewiß denken... oder?"
„Beantworten Sie meine Frage!" herrschte ihn Cedric Fortcrank an. „Wer sind Sie?"
„Da, überzeugen Sie sich selbst... wenn Sie unbedingt auf eine Fortführung der Komödie bestehen!" Er reichte ihm seinen Ausweis, den der junge Mann nur kurz betrachtete und dann zurückgab. Rockwell schob den Ausweis in die Tasche. „Wir kennen uns doch ganz gut, nicht wahr?"
„Ich weiß nicht, wovon Sie sprechen..."
„Aber, aber!" spottete der Inspektor. „Sollten Sie wirklich so vergeßlich sein? Vorgestern Abend haben Sie mich in meiner Wohnung mit einer Pistole überfallen..."
„Das ist das Verrückteste, was ich jemals gehört habe!" erwiderte Fortcrank.
„Alles verrät Sie", meinte Rockwell. „Die Stimme, die Augenfarbe, das Haar, die Figur. Eine Gesichtsmaske ist eine feine Sache, aber sie ist leider nicht in der Lage, alle körperlichen Merkmale zu verdecken."
Die beiden Männer standen inmitten des Fußgängerstroms einer belebten Geschäftsstraße. Hin und wieder wurden sie von vorüberhastenden Passanten angestoßen, die ihnen entweder gleichgültige oder auch ärgerliche Blicke zuwarfen.
„Wir haben uns für eine Unterhaltung nicht gerade den günstigsten Platz ausgesucht", meinte der „Inspektor. „Hätten Sie etwas dagegen, sich mit mir an einem anderen Ort auszusprechen?"
„Soll das heißen, daß ich verhaftet bin?"
„O nein. Ich möchte allerdings nicht völlig ausschließen, daß dieser Fall noch eintreten kann. Sie haben mich mit Ihren Fäusten angegriffen, und das ist eine Sache, die kein Mann so schnell vergißt."
Fortcrank schwieg. Der Inspektor sagte: „Sollten Sie bereit sein, meine Fragen .. . und ich habe davon ein ganzes Bündel. . . bereitwillig und wahrheitsgemäß zu beantworten, werden Sie in mir einen entgegenkommenden Verhandlungspartner finden."
„Einen Häuserblock weiter ist ein Cafe", brummte Fortcrank. „Wenn es Ihnen recht ist, können wir uns dort unterhalten."
„Eine großartige Idee. Ich bin schon ganz müde von der Pflastertreterei. Eine Tasse Kaffee wird mir guttun."
Wenige Minuten später saßen sie in dem wenig belebten Cafe an einem Fensterplatz. Nachdem sie ihre Bestellung beim Ober aufgegeben hatten, zündete sich Fortcrank eine Zigarette an. Rockwell mußte grinsen, als er das goldene „Buton" Feuerzeug in der Hand des jungen Mannes bemerkte.
„Geben Sie endlich zu, in meine Wohnung eingedrungen zu sein?"
„Nein. Ich werde mich hüten, etwas Derartiges einzugestehen!"
„Leugnen hat doch gar keinen Zweck. Sie sind überführt. Oder haben Sie ein Alibi?"
Fortcrank klaubte sich ein Tabakkrümel von der Lippe und betrachtete es so tiefsinnig, als wäre es ein Zahn, den er gerade verloren hatte. Dann schaute er plötzlich den Inspektor an und sagte: „Also gut... ich bin es gewesen!"
„So ist's schon besser", meinte Rockwell zufrieden. „Sie waren es auch, der gestern
Weitere Kostenlose Bücher