Kommissar Morry - Die Woelfe
Bramas verlangte wieder dreitausend Pfund. Er bekam sie gewissenhaft in seine Tasche gezählt. Die echten kanadischen Dollars verstaute Fred Hilltopp unter seinem Sitz. „Ihr macht es euch verdammt billig“, knurrte Judd Bramas erbost. „Ihr döst hier schläfrig vor euch hin, während ich das ganze Risiko allein trage. Das nächste Mal werden wir die Rollen tauschen.“
Fred Hilltopp und Lewis Farrant grinsten ihm vergnügt nach, als er in dem roten Ziegelbau verschwand. „Er kann ruhig auch einmal etwas tun. Bis jetzt haben wir immer die Kastanien aus dem Feuer geholt“, sagte Lewis Farrant. „Wenn er in diesem Tempo weitermacht, haben wir in drei Stunden das ganze Paket . . .“
Er verstummte. Fred Hilltopp krallte erregt die Hand in seine Schulter. „Sieh mal!“, raunte er entgeistert. „Die Cops . . .“
Jetzt sah auch Lewis Farrant das Malheur. Zwei uniformierte Konstabler kamen geradewegs auf ihren Wagen zu. Sie grinsten spöttisch. Einer von ihnen öffnete den Schlag. Er beugte sich herein. Jeden Moment mußte er das große Paket mit den gefälschten Banknoten entdecken.
„Was ist?“, fragte Fred Hilltopp heiser. Eisige Kälteschauer jagten über seine Haut. Bröckelnd kamen die Worte von seinen Lippen. Sein Atem ging rasselnd und stoßweise.
„Was ist?“, fragte er noch einmal. „Was wollen Sie von uns?“
„Sie parken hier an falscher Stelle“, sagte der Konstabler pflichteifrig. „Macht vier Schilling, meine Herren!“
Er reichte eine Quittung über die gebührenpflichtige Verwarnung in den Wagen.
Fred Hilltopp riß ihm den Zettel hastig aus der Hand. Er bezahlte, ohne mit der Wimper zu zucken. Aufatmend stellte er fest, daß sich die beiden Konstabler langsam entfernten. Lewis Farrant stieß pfeifend die Luft durch die Zähne.
„Menschenskind“, ächzte er. „So etwas möchte ich nicht noch einmal erleben. Da wird selbst der stärkste Mann weich wie Butter.“
Sie schwitzten immer noch aus allen Poren, als Judd Bramas zu ihnen zurückkehrte. Diesmal war sein Gesicht nicht so düster wie vorher.
„Es ging alles in Ordnung“, murmelte er nur. „Die Leute sind nicht mißtrauisch. Die Scheine sind fabelhaft gemacht. Keiner findet etwas daran auszusetzen.“
Es war so, wie er sagte. In allen Banken, die sie nachher noch besuchten, wurden die Blüten anstandslos eingetauscht. Es gab keinen Zwischenfall mehr. Bis zum späten Nachmittag war das Paket leer. Dafür aber stauten sich unter Fred Hilltopp die kanadischen Dollars in rauen Mengen. Ein paar Mal lockte ihn die Versuchung, sich heimlich die Taschen zu füllen. Aber dann ließ er es sein. Ich bekomme ja sowieso genug, tröstete er sich. Was liegt an ein paar Scheinen mehr oder weniger. Die Boys sollen den gleichen Anteil haben wie ich. Judd Bramas steuerte den Wagen zurück nach Lambeth und hielt in der Nähe der Gas Works an.
„Steigt aus, Leute“, sagte er kurz. „Ich fahre jetzt sofort nach Hause. Das viele Geld muß schleunigst in Sicherheit gebracht werden.“
„Und wir?“, fragte Fred Hilltopp mit gierig gerecktem Hals. „Wo bleiben wir, Sir? Wollen Sie etwa mit der Beute heimlich verduften?“
„Unsinn!“, zischte Judd Bramas scharf. „Ich habe jetzt keine Zeit, den ganzen Mammon zu zählen und zu sortieren. Kommen Sie heute abend in mein Haus. Sie wissen ja, wo ich wohne. Verlassen Sie sich darauf, daß wir genau abrechnen werden. Zwei Drittel für uns, ein Drittel für Sie.“
Mit dieser Versicherung gab sich Fred Hilltopp schließlich zufrieden. Auch Lewis Farrant hatte nichts dagegen einzuwenden. Sie kletterten aus dem Wagen, grinsten dämlich vor sich hin und stolperten dann in raschem Tempo auf Busters Hafenasyl zu. Abends nach Einbruch der Dämmerung machte sich Fred Hilltopp für seinen wichtigen Gang fertig. Er hatte eine mächtige Segeltuchtasche bei sich. Sie hätte ausgereicht, den ganzen Kronschatz der Königin darin zu verstauen. Mit triumphierender Miene machte er sich auf den Weg.
„Komm bald zurück, Fred!“, brüllten ihm die Lords nach. „Wir warten hier auf dich! Werden inzwischen ein paar Flaschen Sekt ins Eiswasser stellen.“
Fred Hilltopp leistete sich in Anbetracht seines verantwortungsvollen Amtes eine Taxe. Der Mietwagen brachte ihn sicher und wohlbehalten nach Brompton, wo Judd Bramas am Alexandra Gate eine kleine, altertümliche Villa besaß.
„Soll ich warten?“, fragte der Chauffeur.
„No, nicht nötig, guter Mann“, sagte Fred Hilltopp großspurig. „Es kann
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